Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers
»Ich bin und bleibe ein Security-Mann, und ich werde gerade hier meiner Pflicht nachkommen.«
Laura beobachtete seine Miene und dachte bei sich, ob er möglicherweise auch etwas wiedergutmachen wollte. Bisher hatte er nicht darüber gesprochen, warum er seine Arbeit als Leibwächter verloren hatte, doch es schien ihn immer noch zu beschäftigen.
»Mir soll's recht sein!«, erklärte Norbert. »Jack kennt sich in diesen Dingen aus, also lasst ihn machen. Wir würden eine Bärenfalle doch nicht mal erkennen, wenn wir reintreten.«
Laura schmunzelte in sich hinein. Es war nicht schwer nachzuvollziehen, dass Norbert diese Behandlung gefiel, als wäre er eine bedeutende öffentliche Persönlichkeit. Wie ein Politiker, Schauspieler oder Ölscheich. Hoffentlich verlor er sich nicht eines Tages in der Illusion dieses Reiches ...
Die anderen stimmten zu, einschließlich Andreas und Finn. Der junge Nordire war vermutlich kaum weniger professionell als Jack, denn er war weit gereist, oft in Krisengebieten, und in einem von Anschlägen geschüttelten Land aufgewachsen. Dass er sich nicht nur auf sich selbst verließ, unterstrich seine Professionalität.
Wer sich wie gewohnt zurückhielt, war Felix. Ihn interessierte nur das Schicksal seiner Kinder, alles andere schien ihm völlig egal zu sein. Seit Stunden schon hatte er kaum ein Wort gesprochen und hielt den Blick nach innen gerichtet. Nicht einmal die Aussicht auf eine leckere Mahlzeit und gründliche Körperreinigung konnte ihn aus dem Schneckenhaus locken.
Laura stieß einen leisen Schrei der Verzückung aus, als sie endlich ihr Zimmer betreten durfte. Jack war zufrieden. »Ein Nebenraum, der als Bad dient, ansonsten keine Verbindungstüren, und die Wände klingen nicht hohl.«
Das war Laura völlig egal. Sie hatte nur Augen für ein großes Gemach mit einem einladenden Himmelbett, für mit Blumen verzierte Seidentapeten, eine mit Samt bezogene Sitzgruppe, ein großes Fenster zum Park, ein Schreibpult mit Hocker und einen großen Schrank. Wie im Barock, kitschig, aber märchenhaft. Was Laura sonst mit Eintrittsgeld für wenige Minuten besichtigte, durfte sie nun für Stunden nutzen.
Wäre Zoe nur dabei gewesen! Sie hätte sich wahrscheinlich fürchterlich über den »unmodernen Stil« mokiert, sich aber gleichzeitig mit strahlendem Lächeln ausgebreitet und ihre Zofe sofort mit einer Vielzahl an Wünschen schikaniert.
Das Badezimmer erwies sich als geräumig und gut ausgestattet, mit einem Waschtisch, einer Wanne und einer Nische mit Abtritt. Alles in warmem, fein geschnitztem Holz gehalten, Wanne und Waschschüssel in Porzellan, und es gab sogar einen kleinen Kamin. Die Zofe war bereits dabei, die Wanne mit dampfend warmem Wasser zu befüllen, und der Duft verschiedener Öle erfüllte die Luft.
»Raus hier, alle!«, verlangte Laura. Eilig schob sie Milt vor sich her auf den Gang. »Ich bin jetzt nicht mehr zu sprechen! Wir sehen uns heute Abend zum Bankett.«
»Aber ...«, protestierte Milt, doch sie knallte die Tür vor seiner Nase zu.
Laura wurde nach Strich und Faden verwöhnt. Die Zofe war vollständig für sie da und erfüllte alle Wünsche. Die junge Frau genoss diese Stunden, in denen sie sich zum ersten Mal seit dem verhängnisvollen Absturz frei und leicht fühlte, ohne ständige Sorge vor Gefahr. Natürlich vergaß sie darüber weder Zoe noch die Kinder oder die Geiseln in Alberichs Schloss. Aber es war wichtig, dass sie wieder zu Kräften kam, dass sie sich vor allem einmal entspannte, bevor ihre Nerven ganz zerrüttet waren.
Die Zofe behandelte ihren verwundeten Arm, der sich zum Glück nicht weiter entzündet hatte. Sie betrachtete die kleine Verletzung mit einer seltsamen Miene, und Laura erschrak, als sie einen Tiegel öffnete, der blaue Farbe enthielt, und zu einem Pinsel griff. Schlagartig stand ihr Zoes Blaues Mal vor Augen, aber auch die Körperbemalung des Leprakranken vor dem Dorf der Zombies.
»Auf keinen Fall!«, wehrte sie ab. »Keine Bemalung, erst recht nicht mit blauer Farbe!«
Die Zofe wich über die Heftigkeit erschrocken zurück. »Aber es dient der schnelleren Heilung«, beteuerte sie. »Es ist nicht nur Farbe, sondern zudem eine Heiltinktur enthalten, und rituelle Symbole schützen vor weiteren Verletzungen und beschleunigen den Heilungsprozess ...«
Laura schüttelte heftig den Kopf. »Es verheilt auch so. Bleib mir vom Leib damit!«
»Ja, Herrin«, sagte die Zofe eingeschüchtert. Im Blick, den sie Laura zuwarf, lagen
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