Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers
darüber und sah sich um. »Was war das für einer? Stellt sich uns vor und erklärt uns zu seinem persönlichen Freiwild, ohne zu wissen, wer wir sind?«
»Scheint ein ganz Eifriger zu sein«, stimmte Finn zu. »Aber dass er uns derart gut wittern kann, macht mir ziemlich Angst. Hoffentlich bekommen wir mit dem nichts mehr zu tun.«
»Wichtiger erscheint mir eine andere Information, die wir erhalten haben«, sagte Milt. »Sieht aus, als gebe es doch Rebellen, die sich Iolair nennen. Die sollten wir finden.«
»Versteht jemand die Bedeutung des Namens?«, wollte Andreas wissen. Es gab zwar eine universelle Verständigung, aber nicht alle Eigenbezeichnungen und Namen wurden übersetzt.
»Adler«, antwortete Cwym.
»Dann halten sie hoffentlich, was ihr Name verspricht«, bemerkte Jack spöttisch. »Ich sehe das jetzt erst mal als zwei weitere Facetten an, die wir in das unfertige Puzzle einsortieren müssen. Mal sehen, was wir daraus machen können - später. Jetzt sollten wir weitergehen, bevor wir den nächsten Soldaten begegnen.«
Laura hatte schon auf Norberts Einwand gewartet, der nun prompt kam. »Ich bin immer noch der Ansicht, sie hätten uns weiterhelfen können. Immerhin sind wir in Alberichs Auftrag unterwegs und ...«
»Kannst du das beweisen?«, sprach Finn dazwischen. »Hast du einen Passierschein, von Alberich persönlich ausgestellt?«
Norberts Brauen zogen sich zusammen, und er stapfte mit zwischen den Schultern eingezogenem Kopf los.
Gegen Nachmittag wurden sie alle müde und lustlos - mit Ausnahme der leichtfüßigen Elfen, deren Füße zwar den Boden berührten, die aber offenbar der Erdanziehungskraft nicht so unterworfen waren wie die Menschen. Das ehemalige Reich des Priesterkönigs befand sich zwar »nebenan«, aber immer noch auf dem Planeten Erde, daran gab es keinen Zweifel. Als Mensch schleppte man immer noch dasselbe Gewicht mit sich herum.
Bathú grinste. »Wir sind eben privilegiert.«
Da entdeckte Finn, der ein Stück voraus war, etwas Großes im Gelände, bei der regelmäßigen Struktur möglicherweise ein Bauwerk. Auf die Entfernung konnte der Ire es nicht genau erkennen, auch für Cwyms oder Bathús Elfenaugen war es zu weit weg. Dennoch gerieten alle in Aufregung und beschleunigten, Sorge und Hoffnung liefen um die Wette. War es tatsächlich ein Anwesen, wo sie Hilfe erwarten konnten? Oder rannten sie nur einem weiteren Feind in die Arme?
Beschwingt schritten sie aus und hofften, dass sie nicht wieder einem Trugbild aufsaßen, das in unerreichbarer Ferne lag. Vor allem Finn war seit seinem Erlebnis in der Steppe, als er und Norberts Gruppe die übrigen Gefährten durch einen magischen Bann nicht mehr hatten einholen können, stets misstrauisch und vermutete überall Fallen. Nicht zu Unrecht, wie die Elfen ihm versicherten. Das Gefüge des Landes stand auf dem Kopf, die magischen Strömungen waren unberechenbar geworden - und vieles, was positiv gewesen war, hatte sich zum Negativen verkehrt.
»Das geschah bereits zu Sinenomens Herrschaft«, erklärte Cwym unterwegs. »Ihr habt es ja von Najid gehört, und ich wiederhole es gern nochmals zur Verdeutlichung, damit ihr wisst, dass ihr nie in der Wachsamkeit nachlassen dürft. Nach dem Einzug der Zeit und dem Versiegen der Quelle der Unsterblichkeit starb Priesterkönig Johannes innerhalb weniger Tage. Sein ehemaliger Vertrauter, der Urvampir Sinenomen, übernahm das Reich und pervertierte es zu einem Albtraum. Nach der Heilung kehrte Lan-an-Schie an den Ort ihrer Schöpfung zurück und begann mit dem Aufbau des Landes. Sicherlich konnten Königin Anne und ihr Ehemann in der Zwischenzeit einige Schäden beseitigen, aber nicht alle, so verwüstet, wie das Reich war. Und durch ihr Verschwinden ist das fragile Gefüge erneut aus dem Gleichgewicht geraten, und so versinkt diese einst so vollkommene Vision nun immer mehr im Abgrund.«
»Ähm«, meldete sich Laura dazwischen zu Wort. »Dieser Sinenomen ... Najid hat zwar von seinem Tod gesprochen, aber ... ist der möglicherweise im letzten Moment durch faulen Zauber entkommen und doch noch hier irgendwo? Der jagt mir schon seit der ersten Erwähnung einen Schauer nach dem anderen den Rücken hinunter.«
Mehr sogar als Alberich, wie sie sich eingestehen musste. Der Schattenlord war, auch wenn sie ihm nun persönlich begegnet war, nach wie vor nicht so recht greifbar in seinen Motiven. Aber ein Urvampir, der dieses glückliche Land ins Chaos gestürzt hatte ... das war
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