Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers
gefüllten Filigrankorallen.«
»Also nicht dasselbe Prinzip wie bei den fliegenden Teppichen, was?«, sagte Milt.
»Nein, das ist etwas ganz anderes«, erwiderte Bohnenstange ungerührt. »Da handelt es sich um Fasern einer bestimmten Seidenraupenart, die ...«
»Du meine Güte, du bist ja noch fantasieloser als ich«, stellte Norbert fest. »Wie wär's, wenn du uns einfach die Illusion eines Märchens lässt?«
»Norbert, du redest Unsinn.« Cwym runzelte die Stirn. »Hoffentlich sind das nicht die ersten Anzeichen einer Aufßösungserscheinung.«
»Dir werde ich gleich eine Erscheinung zeigen, wenn ich dir auf den Fuß trete«, knurrte der Schweizer. »Viele bunte Sterne ...«
»Aber es ist ... Magie«, warf Bathú versöhnlich ein. »Eine ganz besondere Art von Energie, die nicht euren physikalischen Gesetzen unterworfen ist und besondere chemische Zusammensetzungen ermöglicht.«
»Das, was ich unter meinen Füßen gespürt habe?«, fragte Laura.
»Es ist überall.« Glatzkopf wies um sich, dann auf sich. »Auch in uns. Und ja, diese Adern sind Teile des gesamten Organismus. In eurer Welt nennt ihr sie auch Ley-Linien.«
»Oh«, machte Laura und zog eine erstaunte Miene.
»Dann sollten wir das doch nutzen können«, sagte Milt plötzlich.
»Leider nicht. Wir brauchten einen Katalysator.« Bathú wies auf Laura. »Sie hat schon gute Ansätze, wie wir bei dem Durchgang hierher festgestellt haben, aber das reicht nicht aus.«
»Ganz abgesehen davon, dass Alberich alles kontrolliert«, fügte Cwym nüchtern hinzu. »Das würde er bemerken, und dann sind wir geliefert.«
»Das hast du aber schön gesagt«, bemerkte Finn. »Was ich übrigens fragen wollte, ohne euch unhöflich zu unterbrechen - wer sind eigentlich all die Leute, die uns folgen?«
14
Das Wesen
in der Luft
S andra und Luca waren zum Stummsein verurteilt. Der Goldpuder ließ sich nicht abwischen, egal was sie anstellten. Aswig machte sich über sie lustig, weil sie es immer wieder versuchten.
»Vergesst es, das hat noch keiner geschafft! Und jetzt werdet ihr sehr fleißig arbeiten, oder euch wird noch was ganz anderes passieren!«
Von da an schikanierte der Schiffsjunge sie noch mehr. Das behutsame Vertrauensverhältnis, das sie aufgebaut zu haben glaubten, war entweder eine Illusion gewesen oder dahin.
Sie konnten nicht reden. Sie konnten sich nicht wehren. Sie konnten nur weinen, und ab und zu taten sie es, obwohl sie sich nicht als Heulsusen geben wollten.
Immerhin durften sie ihre Unterkunft behalten, die weiterhin nicht abgesperrt wurde. Die Mannschaft kümmerte sich nicht um die beiden Geiseln, und die Sklaven ließen sie ebenfalls links liegen. Es war, als würden sie gar nicht existieren - außer für Aswig, Piet und den Steuermann.
Aber sie verrichteten brav ihre Arbeit, denn so kamen sie wenigstens die meiste Zeit an Deck und konnten miterleben, wie das Schiff einen bestimmten Kurs hielt. Es wurden keine Raubzüge mehr unternommen, der Tag blieb klar, und die beiden jungen Menschen hatten wenigstens eine kleine Aussicht auf Freiheit. Sie beneideten die Vögel, die das Schiff mit fordernden Rufen umkreisten, bis einer von ihnen mit einem Armbrustpfeil abgeschossen und dann gebraten wurde.
Die Geschwister lernten, sich mit Handzeichen zu verständigen, und sie trösteten sich gegenseitig. Es gab keine Streitigkeiten und Eifersüchteleien mehr, weil sie sie nicht in Worte fassen konnten. Und weil sie in dieser Lage zusammenhalten mussten.
Was Aswig betraf, so waren sie sich einig: Der würde sein Fett abkriegen.
Sie warteten auf eine günstige Gelegenheit, belauerten den Schiffsjungen den ganzen Tag, dem das natürlich nicht entging. Die ganze Zeit unter Beobachtung zu stehen zermürbte ihn. Er versuchte es mit noch mehr Arbeit zu vergelten, doch das half nicht viel. Die beiden straften ihn mit stummen, bösen Blicken, und er konnte sich nicht mit ihnen auseinandersetzen. Das frustrierte ihn ebenfalls.
Schließlich hielt er es nicht mehr aus, schlich sich in die Kombüse und stahl eine verzuckerte Frucht. Und genau darauf hatten die Geschwister gewartet. Sie warteten in seinem Versteck, das sie längst ausfindig gemacht hatten, auf ihn und nahmen ihm die gestohlene Leckerei weg. Aswig zeterte, aber nicht zu laut; es machte ihn fast wahnsinnig, dass er die beiden nicht anschwärzen konnte, weil er sich dann selbst ebenso an den Pranger stellen musste.
Sandra und Luca nahmen das Diebesgut und verzehrten es mit Genuss.
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