Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattenlord 7 - Das blaue Mal

Titel: Schattenlord 7 - Das blaue Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
Blicken, was Zoe anfänglich nicht richtig einordnen konnte. Bis sie begriff: Der Mann empfand Respekt - oder gar Angst!
    War es das Blaue Mal auf ihrer Stirn, oder lebte er etwa so abgeschirmt von allen weltlichen Dingen, dass er Furcht vor ihrer Weiblichkeit hatte?
    Der Schlitten stieß gegen die Verankerung der Trosse. Vorsichtig stieg Zoe ab. Sie hielt sich am Geländer fest, das weitaus vertrauenswürdiger erschien als sein Gegenstück am Balkon des Palastes.
    »Willkommen, Gesandte«, sagte der Priester und verbeugte sich tief. »Ich bitte dich, die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Ich werde die Syndicatin dafür zur Rechenschaft ziehen.«
    »Das ist eine Angelegenheit zwischen ihr und mir. Ich kümmere mich selbst darum.«
    »Wie du meinst.« Der hagere Mann wirkte überrascht. Angenehm überrascht. »Wenn ich dich nun bitten darf ...?«
    »Ich warte, bis meine Dienerinnen übergewechselt haben.« Zoe riskierte bewusst den Widerspruch. Sie musste wissen, wie weit sie gehen konnte. Der dicke Priester, Maletorrex, hatte ihr gehörigen Respekt eingeflößt. Dieses Männchen aber gab sich unterwürfig, auch wenn es zweifelsfrei über einige Macht verfügte.
    »Aber man wartet auf dich!«, stieß der Mann mit allen Anzeichen von Verzweiflung aus. »Maletorrex möchte dich so rasch wie möglich sehen.«
    »Auch er wird verstehen, dass ihm die Gesandte nicht in einem derart ramponierten Zustand gegenübertreten wird. Sieh mich doch an! Ich benötige einen Raum, in dem ich mich zurechtmachen lassen kann.«
    Der Priester vermied nach wie vor den Augenkontakt. »Die Kartause ist nicht darauf ausgerichtet, weiblichen Besuch zu empfangen. Ich werde sehen, was ich tun kann, Gesandte.«
    Mehrere Schlitten näherten sich dem Balkon der Kartause mit gehöriger Geschwindigkeit, Lirla vorneweg. Die Syndicatin wirkte beunruhigt. Offenbar hatte sie etwas dagegen, dass Zoe sich mit dem Priester unterhielt.
    »Dann mach dich endlich auf den Weg!« Sie verscheuchte den Mann mit einer beiläufig wirkenden Handbewegung. Die dürre Gestalt verschwand durch das schmale Tor, nur wenige Sekunden, bevor Lirla Zoe erreichte und sich elegant von ihrem Gefährt herunterschwang.
    »Was hattest du mit dem Mann zu bereden?«, fragte die Syndicatin misstrauisch. Mit keinem Wort ging sie auf die Geschehnisse von eben ein.
    Zoe wusste nicht so recht, wie sie sich verhalten sollte. Die hierarchischen Strukturen in Dar Anuin waren ihr nach wie vor ein Rätsel. Lirla unternahm alles, um sie ihre Macht spüren zu lassen, während sie selbst vor einem einfachen Priester spurte, der wiederum höchsten Respekt vor der Regentin empfand.
    »Ich muss mich zurechtmachen. Der Kleine wird mir Platz und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen.«
    »Hast du ihn darum gebeten oder ihm einen Befehl erteilt?«
    »Spielt das denn eine Rolle?«
    »Du musst dir darüber im Klaren sein, dass einfache Männer mit dem Glauben an ein höheres Wesen aufgewachsen sind. Sie sehen dich als Gesandte, auch wenn sie ganz genau wissen, dass du bloß eine in einer ganzen Reihe von Betrügerinnen bist. Sie buckeln vor der Rolle, die du spielst. Vor dem Amt.«
    »Was sollte mich das interessieren?«
    »Ich habe dich längst durchschaut, Menschenfrau! All deine Gedanken sind auf eine Flucht ausgerichtet. Du suchst nach Verbündeten. Nach Schwachstellen, die du für deine Zwecke nutzen könntest. Du setzt deinen Charme ein, um einen Simpel wie diesen da für dich zu vereinnahmen, weil du glaubst, dass er dir behilflich sein könnte.«
    »Was für ein hanebüchener Unsinn!« Zoe drehte sich ein wenig zur Seite, sodass Lirla nicht sah, wie ihr Gesicht rot anlief. Die Syndicatin besaß ein bedauernswert gutes Gespür. Oder konnte sie etwa ihre Gedanken lesen?
    »Der Priester ist ein Nichts. Ein Staubkörnchen im Vergleich zur Macht und zur Intelligenz des Hohen Priesters. Solltest du versuchen, den Kleinen zu bezirzen und ihn dazu zu bewegen, dass er dir hilft, werdet ihr beide unter erbärmlichen Umständen sterben.«
    »Obwohl du seine Macht für bedeutungslos hältst, gehorchst du seinen Befehlen und bist seinen Zaubern ausgeliefert?«
    »Ich bin bloß die Syndicatin. Der verlängerte Arm der Priesterschaft in Dar Anuin«, gab Lirla mit ungewohnter Offenheit zu. »Eine Figur, die tanzt und springt, wenn die Priester an den Strippen ziehen. Ich fülle im Palast ein ungeheuer mächtiges Amt aus - und bin dennoch dem niedersten Priester gegenüber verpflichtet.« Sie tat eine

Weitere Kostenlose Bücher