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Schattenlord 7 - Das blaue Mal

Titel: Schattenlord 7 - Das blaue Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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verärgerte Handbewegung. »Aber wozu erzähle ich dir das alles?«
    »Warum wolltest du mich töten, Lirla?«
    Die Blondine lächelte. »Wenn ich dich hätte umbringen wollen, hätte ich das längst getan. Das war bloß ein kleines Spielchen. Eine Entschädigung für viele Demütigungen, die ich über mich ergehen lassen muss.« Lirla straffte ihren Körper. Sie hatte sich nun wieder vollends unter Kontrolle. Nichts deutete mehr darauf hin, dass sie noch vor wenigen Minuten vor einem Priester gekuscht hatte.
    Vier Dienerinnen schwangen sich über die Brüstung und nahmen neben Zoe Aufstellung, unter ihnen Aramie, die sie das erste Mal außerhalb des Palastes in Augenschein nehmen konnte. Ihre Leibdienerin war im Tageslicht noch schmäler und zerbrechlicher, als sie geglaubt hätte - und sie trug Spuren weiterer Schläge im Gesicht.
    Lirla ließ ihr strahlend weißes Gebiss aufblitzen, als sie Zoes entsetzte Blicke bemerkte. So als wollte sie sagen: »Ja, ich war’s! Und du kannst mich dafür nicht zur Rechenschaft ziehen.«
    Teufel kam herbeigeflattert. Er hielt eine Maus in seinem kräftigen Schnabel. Mit einem zufriedenen Gurren ließ er sich auf Zoes Schulter nieder und schlang seine Beute im Stück hinunter. Spuren dunkelroten Bluts blieben in seinem Gesichtsflaum hängen. Sie gaben ihm den Anschein, ebenfalls zu grinsen.

    »Wie war noch mal dein Name?«, fragte Maletorrex. Er tunkte seine Finger in eine Schale, zog sie wieder hervor und schleckte die sämige Flüssigkeit ab, die daran hängen geblieben war.
    »Zoe, Hoher Priester.«
    »Habe ich mich etwa verhört?« Der Dicke stöhnte und ächzte, als er seinen Leib von der Liege wälzte und auf die Beine kam.
    Sie fühlte einen Stich im Hinterkopf. Etwas bohrte sich schmerzhaft in ihr Gehirn, wühlte darin herum, goss flüssiges Feuer über ihren Gedanken aus. Zoe stieß einen Schrei aus, fiel auf die Knie, presste die Hände gegen die Augen. Sie war blind, von einem Moment zum nächsten!
    Der Schmerz hielt an, wollte nicht mehr aufhören. Zoe war in Dunkelheit gefangen, verlor jeglichen Bezug zur Realität, verlor jegliches Zeitgefühl. Sie trieb dahin, schreiend, wehrlos, in einem Ozean aus Feuer. Sie vergaß sich. Sie wusste nicht mehr, ob sie einen Körper besaß, ob sie eine Idee war oder bloß nur noch der Hauch eines Gedankens. Sie verschwand, löste sich auf ...
    Abrupt kehrte sie in die Realität zurück. Gierig sog sie Luft ein und entspannte die Bauchmuskeln. Es wollte ihr kaum gelingen, die völlig verkrampften Gliedmaßen unter Kontrolle zu bekommen.
    »Steh auf, Gesandte!«, hörte sie Maletorrex’ gelangweilt klingende Stimme. »Rasch! Sonst vergesse ich meine Gutmütigkeit und führe dich in die tieferen Abgründe meines Feuerreichs. In Bereiche, wo der wahre Schmerz beginnt. Möchtest du das etwa?«
    »Nein, Hoher Priester.« Wackelig kam Zoe hoch und schaffte es, taumelnd stehen zu bleiben. Sie konnte Maletorrex kaum erkennen; das immer wieder zerfließende Bild des Dicken zeigte ihn vor riesigen Futtertrögen, deren Inneres er kritisch begutachtete. Er schnüffelte an Schüsseln, die mit flüssiger Schokolade, Schlagrahm und einer pastösen Masse gefüllt waren, die aus Karamell oder Nougat bestehen mochte. Hinter ihm erkannte sie Baran, den Zeremonienmeister, der sie ebenfalls schon einer derartigen Tortur unterzogen hatte.
    »Also, dann nochmals die Frage: Wie heißt du, Gesandte?«
    »Ich trage keinen Namen«, antwortete Zoe stockend. So, wie es Lirla ihr aufgetragen hatte. »Ich bin die Herrscherin Dar Anuins. Ich herrsche und ich diene. Ich bin der Wille des Volkes. Ich bin ein Symbol. Ich bin die Verkörperung alles Guten und Schönen. Man mag mich Regentin nennen und die Gesandte mit dem Blauen Mal; doch ein wirklicher Name ist mir fremd.«
    »Du glaubst an diese Worte?«
    »J... ja.«
    »Du klingst nicht sonderlich überzeugt.«
    »Jedes Wort, das ich sage, entspricht der Wahrheit, Hoher Priester.«
    »Wer ist Zoe?«
    »Ich kenne diesen Namen nicht.«
    »Was hältst du von Gerüchten, die besagen, dass die Gesandte unheilbar erkrankt sei?«
    »Sie stimmen nicht! Sieh mich doch an ...«
    »Bösartige Zweifler behaupten, dass du, die Herrscherin, bloß eine Marionette der Priesterschaft seist.«
    »Lüge! Jedermann, der eine derartige Behauptung aufstellt, ist aufgefordert, zu einer Audienz zu kommen und mich persönlich in Augenschein zu nehmen.«
    »Was hältst du von den Priestern?«
    »Sie stehen mir beratend zur Seite und

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