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Schattenlord 7 - Das blaue Mal

Titel: Schattenlord 7 - Das blaue Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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geringer ...
    Seltsam. Warum trauerte sie nicht? Warum fühlte sie hingegen so etwas wie Erleichterung darüber, niemals mehr wieder über den Catwalk stiefeln zu müssen? Lag es an der Maske, dass sie so empfand - oder war sie selbst es, die ein derart abruptes Ende ihrer Karriere guthieß?
    All die Reisen in die exotischsten Ecken der Erde, Shootings an Sandstränden. Fremde Eindrücke, Kulturen und Länder - dieses Leben blieb ihr von nun verschlossen.
    Mach dir nichts vor, Zoe: All die vermeintlich tollen Abenteuerreisen, um die dich jedermann beneidete, waren bloß eine endlose Aneinanderreihung an Aufenthalten in langweiligen, sterilen Hotels. Du wurdest stundenlang auf Shootings oder Auftritte vorbereitet, um dich dann doppelt so lang am Set in Pose zu setzen und den Anweisungen eines komplexbehafteten Fotografen zu folgen, der Spaß daran fand, dich in die unmöglichsten Posen zu zwingen. Weil du ihm in der Nacht davor einen Korb gegeben hattest.
    Zoe rutschte in einen Dämmerschlaf, ohne es zu bemerken. Sie dachte an ihr früheres Leben und verglich es mit jenem, das sie hier führte. Mit den unglaublichen atemberaubenden, traurigen, spannenden Dingen, die sie seit ihrer Ankunft in Innistìr erlebt hatte.
    Es ist schön hier, stellte sie für sich fest. Sie dachte an Laura, was sie wohl dazu sagen würde, wenn Zoe ihr solche Gedanken offenbarte. Laura, die sie nun schon so lange vermissen musste. Die meiste Zeit über verdrängte sie jeden Gedanken an ihre Freundin, es tat weh, und sie machte sich Sorgen. Wie mochte es ihr ergehen? Würden sie sich je Wiedersehen? Damit schlief sie ein.

    Sie hatte einen widerlichen Geschmack im Mund, als sie nach wenigen Stunden wieder erwachte - und war auf sich selbst wütend. Wie hatte sie jemals daran denken können, dass es ihr hier gefiel? Sie war im goldenen Käfig des Palastes gefangen und stand im Bann einer magisch geladenen Maske!
    Zoe glitt leise aus dem Bett. Sie schlüpfte in bequeme Schuhe, zog einen Schlafrock über, steckte einen kleinen Beutel mit Sachen ein, die ihr auf ihrer Suche womöglich helfen würden, und verließ das Zimmer. Eine bewaffnete Frau stand vor der Tür Wache. Sie hielt sich an einer Art Hellebarde fest und starrte bemüht geradeaus, wie immer. Man duldete mittlerweile, dass die Gesandte während der Nachtstunden umherirrte, und man schickte ihr längst keine Wächter mehr hinterher.
    Zoe bewegte sich steif und ungelenk. So, dass die Wächterin meinen musste, dass sie zur Gänze unter dem Bann der Maske stand. Vielleicht war es auch so: Sie fühlte eine Art Drang, in Richtung des Wohnbereichs der Dienerinnen zu gehen.
    Eine Windbö! Zoe zuckte zusammen. Umso mehr, als gleich darauf etwas ihre rechte Schulter berührte.
    Teufel. Er hatte sich durch die halb geschlossene Tür gezwängt und war ihr gefolgt. Zoe unterdrückte den Impuls, das Tier abzustreifen. Sie hatte gehofft, ihm entkommen zu können.
    Zoe folgte ihrer inneren Stimme, hin zu jenem Palastbereich, in dem die Elfendienerinnen hausten. Die getarnte Tür öffnete sich mit einem Händedruck, der schmale Gang hin zum Schlafsaal der Frauen war leer. Einige Kerzen entlang des Weges erzeugten ein leidlich gutes Licht. Was tat sie nur hier?
    Aus dem großen Raum drangen leise Töne. Eine Kakofonie an Tönen. Leise, regelmäßige Atemzüge, lautes Schnarchen, ab und zu ein Stöhnen oder Wimmern. Zwei der Frauen redeten leise miteinander.
    Noch konnte Zoe sie nicht sehen; noch wusste sie nicht, was sie hier erwartete. Mit leisen Schritten folgte sie dem Kerzenschimmer und gelangte an das Ende des Ganges; hin zum wackeligen Tisch, hinter dem ein ebenso windschiefer Kasten stand.
    Ihr Gesicht brannte, besser gesagt: ihre rechte Wange. Nur zu gern hätte Zoe sich gekratzt oder zumindest jene Stelle betrachtet, an der sie den Schmerz spürte. Doch die Maske saß nach wie vor unverrückbar fest.
    Wollte sie ihr etwa einen Richtungshinweis geben, sollte Zoe nach rechts gehen? Aber da war nichts! Bloß die beiden alten, kaum mehr zu gebrauchenden Möbelstücke ... Halt!
    Neben dem Schrank waren zwei Löcher ins Mauerwerk eingelassen, beide rund und regelmäßig geformt; sie konnten unmöglich natürlichen Ursprungs sein. Zoe zögerte keine Sekunde. Sie steckte beide Zeigefinger in die Öffnungen, spürte einen leichten Widerstand - und sprang erschrocken zurück, als ein Teil der Wand plötzlich und völlig lautlos nach innen glitt. Eine Öffnung tat sich vor ihr auf, zur Hälfte im Boden

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