Schattenlord 7 - Das blaue Mal
weiteren Raum.
Das Kerzenlicht erlosch. Zoe landete auf weichem Teppichboden, und dann war da nur noch Erleichterung. Das von der Sgàile verursachte Brennen ließ abrupt nach.
Ein ganz leichter Lichtschimmer, der von irgendwoher kam, ließ sie erkennen, dass der Boden mit Teppichen ausgelegt war. Rings um sie befanden sich Möbelstücke, die allesamt mit Tüchern bedeckt waren, wie um sie vor Feuchtigkeit und Staub zu schützen.
Zoe blieb keine Zeit zum Nachdenken. Etwas berührte sie an Füßen und Beinen. Tierchen. Krabbeltierchen. Sie sprang auf und schüttelte sich angewidert. Es waren jene riesigen Schaben, die Zoe bereits sattsam bekannt waren. Sie pflückte einige Tierchen von ihrer Haut und schleuderte sie beiseite, hin zum Eingang, dessen dünnes Tuch nun wieder ganz war.
»Kannst du dir das erklären?«, fragte sie Teufel leise, der trotz des Sturzes auf ihrer Schulter hocken geblieben war und seiner Zufriedenheit durch weitere Zärtlichkeiten Ausdruck gab. »Wenn du mich schon hierher gebracht hast, würde ich es toll finden, wenn du mir sagtest, wo sich dieses hierher befindet.«
»Schuhu«, antwortete die Eule und schnappte spielerisch nach einer Haarsträhne.
»Natürlich. Schuhu. Ich verstehe. Was denn sonst?«
Zoe tastete vorsichtig über den Rand der Maske. Die Sgàile fühlte sich seltsam fremd an. Habe ich mich denn binnen weniger Tage schon so sehr an sie gewöhnt, dass es mir unangenehm ist, die Verbindung mit ihr nicht mehr im gewohnten Ausmaß zu spüren?
Es war eine erschreckende Vorstellung. Eine, die Zoe verwirrte und sie ihre Umgebung noch aufmerksamer in Augenschein nehmen ließ.
Ein Geräusch! Ein ... Räuspern?
Zoe fühlte sich mit einem Mal beobachtet, auch Teufel gab sich unruhig. Irgendjemand befand sich im Raum!
Ruhig bleiben!, mahnte sie sich. Die Dunkelheit ist dein Freund. Wenn du dich vorsichtig und leise bewegst, kannst du deinem Gegner womöglich ausweichen.
Es musste jemand sein, der ihr feindlich gesinnt war, ganz gewiss! Andernfalls hätte sich der Unbekannte längst zu erkennen gegeben.
Zoe atmete so leise wie möglich. Sie bückte sich und tastete sich langsam und auf allen vieren vorwärts. Die Sicht reichte etwa zwei Meter weit. Sie kroch an einem abgedeckten Möbelstück vorbei, das eine Chaiselongue sein mochte. Sie ertastete einen Gegenstand, eine dicke Stoffrolle, die sich reichlich schlecht als Waffe eignete, und legte ihn wieder beiseite.
Ein Tisch. Massiv, wohl durch eine Marmorplatte abgedeckt. Unter dem Abdecktuch lagen Teller und Besteck. Sie griff nach einer langen Gabel mit zwei Zinken, die vielleicht einmal gemeinsam mit einem Messer zum Tranchieren von Fleisch genutzt worden war. Mir wäre um einiges wohler, hielte ich das dazu passende Messer auch noch in der Hand, um mich verteidigen zu können. Aber es ist nicht da ...
Die Gabel schlug gegen anderes Besteck. Ein leises und dennoch in der Stille kaum überhörbares Klirren ertönte. Zoe verfluchte sich für ihre Ungeschicklichkeit.
Jemand lachte. Rechts von ihr.
Instinktiv setzte Zoe ihre Waffe ein. Sie stach ins Leere - und konnte am verärgerten Brummen ihres Widersachers erkennen, dass er von ihrer flinken Reaktion überrascht worden war.
Sie rollte sich seitlich unter den Tisch, kroch weiter zu einer Stehlampe, riss sie zu Boden, und noch bevor der schwere, gläserne Schirm den Boden berührte und in tausend Scherben zersprang, war Zoe weiter in den Raum vorgedrungen. Teufel hatte sich bislang an ihrer Schulter festgekrallt. Nun wurde ihm alles zu viel. Er flatterte davon, mit glänzenden Augen, die das Restlicht im Raum reflektierten.
In Bewegung bleiben! Haken schlagen. Das Unvermutete tun, den anderen verunsichern.
Wie hatte sie nur der Eule und damit ihrer Intuition vertrauen können? Die Maske hatte sie spüren lassen, welcher Durchgang der richtige war, aber nein, sie hatte wie so oft ihrem Instinkt nachgegeben. Um wieder mal ins Fettnäpfchen zu treten. In ein womöglich tödliches Fettnäpfchen.
Sie stieß gegen ein Stehpult. Riss es um. Hastete weiter. Immer tiefer in den Raum hinein, dessen riesige Ausmaße sie völlig falsch eingeschätzt hatte.
Ein Kamin. Er war mindestens drei Meter breit und fast ebenso hoch. Zoe spürte einen Luftsog, der so stark war, dass ihre Haare wild durcheinanderwirbelten und in ihr Gesicht peitschten. Neben der Feuerstelle fand sich ein Messingständer mit dem notwendigen Putzwerkzeug. Darunter ein Schürhaken, mindestens einen Meter lang,
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