Schattenlord 7 - Das blaue Mal
Frauen und schaffte es tatsächlich, sich aus ihren Griffen zu befreien, wenn auch nur kurz.
»Sie ist unglaublich stark«, sagte eine.
»Sie ist von den Göttern besessen«, flüsterte eine andere und trat einen Schritt zurück.
Extevirra verfiel augenblicklich in einen Klageton. Sie rief Namen irgendwelcher Götter und flehte sie an, von der Gesandten abzulassen ...
Die Sgàile fühlte sich nun an, als würde sie sich in ihrem Inneren - in Zoes Gesicht! - strecken und verbiegen. Sie reagierte auf das sich nähernde Wesen, auf eine Weise, die Zoe nicht begriff. War sie in Gefahr, oder war dies nur ein Zeichen dafür, dass ihr eine besondere Begegnung bevorstand?
Sie tat so, als würde es ihr allmählich besser gehen. Sie hustete und würgte ein wenig Schleim hoch, um dann den Oberkörper anzuheben, die Blicke auf die Bereiche jenseits des Geländers gerichtet, darauf hoffend, dass die Laufkröte jetzt erscheinen würde.
»Leylic sei Dank!«, sagte Extevirra und erhob sich aus ihrer Position demütiger Hingabe an ihre Götter. »Es geht dir wieder besser!«
»Einigermaßen.« Zoe hustete nochmals. »Die Maske schmerzt noch ein wenig. Es wäre vielleicht besser gewesen, du hättest nach Lirla oder nach einer Ärztin gerufen, statt zu beten.«
»Dein Schicksal liegt in der Hand der Ewigen und nicht in der der Elfen, die sich um die weltlichen Belange in Dar Anuin kümmern«, meinte Extevirra abweisend, nun wieder ganz sie selbst. »Was hätten die Syndicatin und eine dieser Knochenbrecherinnen schon ausrichten können?«
Zoe verzichtete darauf, der Gläubigen zu widersprechen. Sie würde niemals zu ihr durchdringen, zu verkorkst waren ihre Ansichten, und zu sehr war sie in ihrem religiösen Wahn verfangen.
»Komm jetzt!«, verlangte Extevirra. »Wir haben viel Arbeit zu erledigen.«
»Ich brauche ein wenig Zeit. Bin noch schwach ...« Zoe seufzte möglichst überzeugend und trötete dann möglichst laut in ihr Taschentuch.
»Dir geht es besser. Leylic hat dir frisches Leben geschenkt. Du musst es ihm danken, indem du so rasch wie möglich dein Tagewerk fortsetzt und Opfer bringst, denn er ist der Gott des Fleißes und der huldvollen Gnade ...«
Zoe hörte nicht weiter zu. Sie sah eine Bewegung. Die einer Pfote oder einer Tatze, ganz schmal und eng gegen den Fels gedrückt, wie sie umhertastete und nach Halt suchte.
Die Laufkröte, sie hatte es geschafft! Sie war ganz nahe, nur noch vier Meter von ihr entfernt, jenseits der Abgrenzung.
Das Tier schob seinen Körper hoch, der wuchtiger war, als Zoe geglaubt hätte, unbemerkt von den Wächterinnen. Es versteifte für eine Sekunde seinen Leib, als würde es die Umgebung mit all seinen Sinnen sondieren. Es entschied sich dann, näher zu kommen. Mit derart raschen Schritten, dass Zoe die Bewegungen kaum wahrnehmen konnte.
Es riss das breite Maul weit auf und gab einen schrillen Laut von sich, der die Wächterinnen in Angst und Panik versetzte. Sie zuckten zusammen, sahen sich um, entdeckten die Laufkröte, die nicht einmal ein Viertel ihrer Körpergröße besaß - und sie dennoch zu Tode erschreckte.
»Ein Grog!«, rief eine von ihnen und packte ihr Kurzschwert. »Ich dachte, diese Viecher wären längst ausgerottet!«
»Bringt die Gesandte in Sicherheit!«, rief Extevirra mit sich überschlagender Stimme. »Erlaubt bloß nicht, dass ihr der Grog zu nahe kommt. Ihr bürgt mir mit eurem Leben für ihre Sicherheit!«
Es hätte dieser Worte nicht bedurft. Die drei Amazonen-Frauen hatten sich längst vor Zoe geschoben und bildeten eine Front gegen das so unscheinbar wirkende Tier.
An den Beinen ihrer Beschützerinnen vorbei beobachtete sie, wie der Grog den Kopf in Richtung seiner Gegnerinnen drehte und dabei in Lauerstellung blieb. Die Elfenfrauen hatten gehörigen Respekt vor ihm. Sie drängten zurück, während Extevirra an ihr zog und zerrte, hin zur Treppe, die ins Innere des Palastes führte.
Zoe verspürte keine Angst, ganz im Gegenteil: Sie fühlte, dass das Auftauchen des Grogs eine besondere Bedeutung besaß. Hatte nicht Laycham den Namen dieser Tierart erwähnt?
Die Sgàile erzeugte einen ganz besonderen Sog. Sie wollte, dass Zoe sich des Griffs Extevirras erwehrte und sich in Richtung des Tiers bewegte. Um es zu berühren und seinen schuppenbedeckten Körper zu streicheln.
Sie stand auf, schüttelte die Lehrerin ab und drängte an den drei Wächterinnen vorbei. Sofort trat der Grog einen Schritt auf sie zu und blieb unmittelbar vor ihr sitzen.
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