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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Namen gegeben: Jeremy Rabb, Fall Nummer J83157. Irgendwie hatten sie ihn in das Justizsystem von Nevada gebracht, und soweit Jamie wusste, war die Richterin die einzige Person im Raum, die von all dem keine Ahnung hatte.
    Natürlich war alles nur Theater, aber die Plastikfesseln, die seine Handgelenke zusammenschnürten, und die Ketten an seinen Füßen waren grausam echt. Man hatte ihm seine Bewegungsfreiheit genommen, eines der grundlegenden Rechte jedes Menschen. Dass sie ihm seine Identität genommen und ihn in ein System gesteckt hatten, das mit ihm machen konnte, was es wollte, erfüllte ihn mit Entsetzen. Doch noch schlimmer war das, was Senator Trelawny vor ein paar Tagen am Telefon zu Alicia gesagt hatte.
    »Alicia, ich kann ihn reinbringen, aber über eines müssen Sie sich im Klaren sein: Ich kann ihn nicht wieder rausholen, nicht, wenn er erst mal in Silent Creek sitzt. Das würden zu viele Leute mitbekommen. Was wir hier tun, ist nötig, und ich kann es vor meinem eigenen Gewissen verantworten, aber ganz legal ist es nicht. Verstehen Sie, was ich meine? Sobald Jamie im System ist, kann ich nichts mehr für ihn tun.«
    Alicia hatte Jamie die Situation erklärt, und er hatte verstanden. Der Senator riskierte bereits jetzt einiges für ihn, aber einen Skandal konnte er sich nicht leisten. Das beunruhigte Jamie nicht sehr. Er hatte seine Kraft und konnte aus dem Gefängnis marschieren, wann immer es ihm passte. Außerdem dachte er nur an Scott. Seinen Bruder zu finden, war das Wichtigste für ihn, und einen anderen Weg gab es nicht. Erst jetzt, wo er seine Hände nicht bewegen und nur mit winzigen Schrittchen dahinschlurfen konnte, kamen ihm Bedenken. Er würde verurteilt und vom System verschluckt werden. Und wenn das geschehen war, würde er auf sich allein gestellt sein.
    In den letzten vierundzwanzig Stunden hatte man ihm die Haare kurzgeschnitten und ihm eine Brille mit einem dicken schwarzen Plastikgestell verpasst, damit niemand im Gefängnis die Ähnlichkeit mit Scott bemerken würde. Jamie war erstaunt gewesen, wie sehr sich sein Aussehen dadurch verändert hatte. Beim Blick in den Spiegel hatte er sich selbst kaum erkannt.
    »… verurteile ich den Angeklagten zu zwölf Monaten in einer Jugendstrafanstalt…« Die Richterin redete. Jamie hatte den ersten Teil nicht mitbekommen, aber sie sah sowieso nur den Bewährungshelfer an. »Ich habe mir seine Akte angesehen und denke, dass Summit View angemessen ist.«
    Jamie hatte schon von Summit View gehört. Es war ein Jugendgefängnis am Rand von Las Vegas. Der Bewährungshelfer schüttelte den Kopf. »Mit allem Respekt, Euer Ehren, ich würde Silent Creek empfehlen.«
    Die Richterin war überrascht. »Es ist ziemlich hart da draußen«, bemerkte sie. »Der Junge ist erst vierzehn und ein Ersttäter.«
    »Ja, Euer Ehren. Aber er hat Crack an Schulkinder verkauft, die erst zwölf Jahre alt sind. Einige von ihnen sind jetzt in Entzugskliniken und mussten von der Schule genommen werden. Rabb zeigt keine Reue. Er scheint sogar noch stolz auf seine Tat zu sein.«
    Rabb. Jamie musste sich daran erinnern, dass sie von ihm sprachen.
    Die Richterin überlegte kurz und nickte dann. »Also gut. Das wird eine harte Lektion werden, aber vielleicht ist es genau das, was er braucht.« Vor ihr lag eine Akte. Sie klappte sie zu. »Zwölf Monate in Silent Creek.«
    Der Sicherheitsbeamte trat vor, und Jamie wurde durch den Seitenausgang hinausgeführt. Er konnte nur Mini-Schrittchen machen. Das Letzte, was er sah, war Alicia. Ihre Augen waren voller Sorge.
     
    Sie transportierten ihn in einem Kleinbus, immer noch gefesselt und mit einer Wasserflasche zwischen den Knien. Die würde er brauchen. Es würde sehr heiß werden, sobald die Sonne aufging, und sie würden die ganze Nacht durchfahren. Außer Jamie war niemand im Bus, nur der Fahrer, ein alter Mann mit wettergegerbtem Gesicht, und ein Wachmann, der kurz Jamies Fesseln überprüft hatte und ihn danach ignorierte.
    Sie waren abends um sieben abgefahren. Jamie hatte beobachtet, wie es dunkel wurde, und war dann eingenickt. Er saß unbequem aufrecht und spürte noch im Schlaf das Rütteln des Kleinbusses.
    Als er die Augen wieder aufschlug, blendete ihn das Licht. Sie waren von der Autobahn abgefahren und folgten nun einer staubigen Schotterstraße. Jamie sah nur Sand und Gestrüpp. Am Horizont war eine Bergkette, die im Sonnenlicht rot zu glühen schien.
    Dann fuhr der Kleinbus in eine Senke. Sie hatten eine Art Tal

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