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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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schon im Jugendarrest?«
    »Ja.«
    »Dann weißt du ja, wie es geht. Folge den Regeln. Tu, was man dir sagt, dann wird es einfacher für dich.« Er nickte dem anderen Wachmann zu. »Sie können die Fesseln abnehmen.«
    Jamies Hände und Knöchel wurden befreit, und er stellte erleichtert die Beine auseinander. An seinen Handgelenken waren rote Abdrücke, die auch durch Reiben nicht verschwanden. In den nächsten zwanzig Minuten wurden seine Daten in den Computer eingegeben… oder vielmehr die Daten von Jeremy Rabb, dem Jungen, den er spielte. Er hatte seine letzte Nacht in Freiheit mit Alicia verbracht und stundenlang seinen neuen Lebenslauf gepaukt.
    »Geh unter die Dusche, und zieh dich aus«, befahl Wachmann Feather. »Ich will deine gesamte Kleidung, einschließlich der Shorts. Hast du irgendwelche Piercings?«
    Jamie schüttelte den Kopf.
    »Gut. Ich werde dir deine neuen Sachen bringen.«
    Jamie ging in die Duschkabine und zog den Vorhang zu. Aber anscheinend gab es hier keine Privatsphäre. In der Seitenwand der Dusche war ein Fenster zu einem Lagerraum, und während Jamie unter der Brause stand, merkte er, dass Joe Feather ihn beobachtete. Im Jugendarrest hatte er sich öfter für Durchsuchungen ausziehen müssen, aber es war ihm trotzdem peinlich, und er drehte sich weg.
    »Rabb…« Der Wachmann hörte sich plötzlich fast freundlich an. »Dusche abstellen.«
    Jamie gehorchte. Er stand nur da, während ihm die Tropfen über den Rücken und die Schultern liefen.
    »Woher hast du diese Tätowierung?«
    »Die habe ich schon immer. Ich habe sie kurz nach meiner Geburt bekommen.«
    »Hast du einen Bruder?«
    Jamie erstarrte. War seine Tarnung schon aufgeflogen? »Ich habe keinen Bruder«, sagte er.
    »Bist du sicher?«
    »Ja, Sir.«
    Joe Feather schob ein Bündel Gefängniskleidung durch einen Schlitz unter dem Fenster. »Zieh das an«, sagte er. »Dann bringe ich dich rein.«
     
    Jamie war Gefangener Nummer sechsundneunzig. Silent Creek bot Platz für hundert Jungen, beaufsichtigt von zehn Wachleuten, die sich selbst Aufseher nannten. Es gab vier Zellenblöcke – Nord, Süd, Ost und West –, und das Leben war so geregelt, dass die Insassen der verschiedenen Blöcke sorgsam voneinander getrennt waren. So wurde verhindert, dass sich die Mitglieder rivalisierender Banden begegneten oder miteinander sprachen. Jeder Block aß zu einer anderen Zeit – jede Mahlzeit fand also vier Mal statt –, und die vier Gruppen waren auch zu verschiedenen Zeiten in der Sporthalle des Gefängnisses. Die Insassen waren zwischen dreizehn und achtzehn Jahre alt. Es gab Regeln für alles. Beim Gehen mussten die Jungen die Hände hinter dem Rücken verschränken. Während sie sich bewegten, war das Sprechen verboten, und sie durften nirgendwo hingehen, nicht einmal auf die Toilette, ohne dass ein Erwachsener dabei war. Sie wurden ständig beobachtet, entweder von den Aufsehern oder von Überwachungskameras. Sie wurden nach jeder Mahlzeit abgetastet, und wenn auch nur eine einzige Plastikgabel fehlte, mussten sich alle ausziehen und wurden durchsucht. Jeden Vormittag fanden sechs Stunden Schule statt, dann hatten sie zwei Stunden Freizeit (in der Sporthalle, weil es draußen zu heiß war), und danach durften sie zwei Stunden fernsehen. Nur Sport war erlaubt, niemals Filme oder Nachrichten. Die Gefangenenkleidung bestand aus blauen Trainingshosen, grauen T-Shirts und Turnschuhen. Alle Farben waren mit Bedacht gewählt. Nichts war schwarz oder leuchtend rot. Das waren GangFarben, die vielleicht schon ausgereicht hätten, um einen Kampf auszulösen.
    Das Leben im Gefängnis war nicht brutal, sondern nur langweilig. Für die, die lesen konnten, gab es zwar eine Bücherei, aber davon abgesehen war ein Tag wie jeder andere, die Stunden, abgemessen mit tödlicher Genauigkeit, schienen sich endlos in der Wüstenhitze zu dehnen. Für die, die sich nicht benahmen, gab es Einzelhaft oder den Verlust von Privilegien, und wenn die Aufseher schlechte Laune hatten, reichte dazu schon ein offenes Schuhband.
    Es gab auch einen Krankentrakt. Jungen, die gewalttätig oder widerspenstig waren, mussten zum Arzt. Dort bekamen sie Medikamente, und wenn sie zurückkamen, waren sie ruhig und ihr Blick leer. Auf die eine oder andere Weise bekam das Gefängnis jeden unter Kontrolle. Das akzeptierten die Jungen. Sie hassten Silent Creek nicht einmal. Sie litten einfach darunter wie unter einer lang anhaltenden Krankheit, mit der sie sich angesteckt hatten,

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