Schattenmacht
Kindes interessieren könnte, das in einer Spielzeugfabrik in Indonesien gearbeitet und sich an einer der Maschinen tödlich verletzt hat. Der Junge hat zehn Stunden am Tag für zwanzig Cent die Stunde geschuftet und war einfach erschöpft. Ich nenne so etwas Mord. Der Junge hat Teile für ein Computerspiel zusammengesetzt, und die Firma, die ihn angestellt hat, gehört Nightrise. Ob die der Familie eine Entschädigung gezahlt haben? Natürlich nicht. Und dieses Spiel bekommt man in jedem Einkaufszentrum in ganz Amerika…«
»Sie sagten, dass Sie nichts unternehmen können«, unterbrach ihn Jamie.
»Das stimmt.« Trelawny runzelte die Stirn. »Der derzeitige Vizepräsident und sein Personalchef waren beide bei Nightrise, bevor sie in die Politik gingen. Wenn sie das Weiße Haus verlassen, werden sie nach der nächsten Wahl wieder dabei sein, wer auch immer sie gewinnt. Nightrise gehören rund dreihundert Firmen auf der ganzen Welt, von denen viele für unsere Regierung arbeiten. Eine stellt Bomben her. Die werden abgeworfen, und dann bekommt eine andere den Auftrag, die zerbombten Städte wieder aufzubauen. Verstehst du, was ich meine? Geschäft und Politik gehen Hand in Hand.
Und was noch schlimmer ist, Nightrise unterstützt den Wahlkampf von Charles Baker. Die Gesellschaft ist sein Hauptsponsor. Sie hat Millionen Dollar in seinen Wahlkampf gepumpt. Natürlich musste Nightrise dabei vorsichtig sein, denn es gibt Gesetze zur Regelung von Spenden an Politiker. Aber es gibt Dutzende von unabhängigen Organisationen und kleinen Gruppen, die gegen mich arbeiten, und obwohl zwischen ihnen auf den ersten Blick kein Zusammenhang besteht, sind wir ziemlich sicher, dass sie alle von Nightrise finanziert werden. Aber dafür habe ich keine Beweise, Jamie. Sie waren zu vorsichtig. Und wenn ich irgendwelche Anschuldigungen vorbringe, wird es so aussehen, als wäre ich ein schlechter Verlierer… oder zumindest werde ich dastehen, als hätte ich Angst zu verlieren, und damit ist niemandem geholfen.«
»Und was können Sie tun?«
»Ich muss warten und auf einen Sieg hoffen. Wenn ich der nächste Präsident dieses Landes werde – und die Chancen stehen nicht schlecht –, wird es meine erste Aufgabe sein, gegen die Korruption in der Geschäftswelt zu kämpfen, und ich werde mit Nightrise anfangen.«
»So lange können wir nicht warten«, sagte Jamie. »Sie quälen Scott.«
»Woher weißt du das?«
»Ich weiß es eben.«
»Einen Moment«, unterbrach Alicia die beiden. Sie holte ein Blatt Papier aus ihrer Handtasche. »Jamie hat herausgefunden, dass Scott möglicherweise an einem Ort ist, der Silent Creek heißt. Ich habe im Internet recherchiert. Silent Creek ist ein Jugendgefängnis in der Mojave-Wüste. Es ist das einzige private Gefängnis in Nevada. Und es gehört Nightrise. «
»Scott ist dort«, sagte Jamie.
»Das glauben wir zumindest. Und wir gehen davon aus, dass auch Daniel dort ist.« Alicia seufzte. »Das macht Sinn. Wenn man einen Haufen Kinder verschwinden lassen will, was eignet sich dazu besser als ein Gefängnis in der Wüste? Können Sie da hinein, Senator? Oder können Sie zumindest eine Razzia durch die Polizei veranlassen?«
»Ich könnte es versuchen.« Trelawny dachte kurz nach, dann schüttelte er den Kopf. »Aber leicht wäre das nicht. Zum einen habe ich keinen Beweis, dass dort etwas faul ist. Ich habe noch nicht einmal von Silent Creek gehört – und wenn es in Nevada ist, liegt es außerhalb meines Amtsbereichs. Und zum anderen würde es die Gefängnisleitung mitbekommen, wenn ich eine Untersuchung einleiten ließe. Falls die beiden Jungen dort sind, bliebe genügend Zeit, sie woanders hinzubringen. Oder Schlimmeres…«
Alicia nickte. Mit dieser Antwort hatte sie gerechnet. »Wahrscheinlich haben Sie recht«, sagte sie. »Aber wir haben noch eine andere Idee.«
» Ich könnte reingehen«, schlug Jamie vor.
»Ins Gefängnis… wie denn?«
»Sie kennen doch sicher die richtigen Leute«, sagte Alicia. »Jamie könnte einer der Insassen werden. Unter falschem Namen. Ein Richter könnte ihn mit einem Haufen anderer Straftäter dort hinschicken. Und wenn er erst in Silent Creek einsitzt, kann er herausfinden, ob Scott und Daniel dort sind, und mir eine Nachricht zukommen lassen. Vielleicht gelingt es ihm sogar, sie zu befreien.«
»Wie sollte er das anstellen?«
»Es gibt Dinge, die ich tun kann«, sagte Jamie ausweichend. »Dinge, von denen Sie nichts wissen.«
»Ich weiß, dass Sie
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