Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
aufgetragenem süßlichem Rasierwasser. Bevor sie den Rückzug antreten konnte, riss sie jemand ganz ins Zimmer hinein, drehte ihr den linken Arm auf den Rücken und hielt ihr eine kalte Klinge an die Kehle.
»Keinen Ton!«, zischte er. »Oder du bist tot.«
Der Eindringling stank aus der Nähe noch intensiver und der Brechreiz wurde so aufdringlich, dass sie sich übergeben hätte, hätte der Fremde den Griff auf den Arm nicht noch verstärkt. Er stand dicht hinter ihr, beugte seinen Kopf vor, das Rasierwasser roch penetrant und billig.
Er wollte ihr wehtun, das spürte sie. Jemand, der es ernst meinte und nicht aus Habsucht in ihrer Wohnung war. Instinktiv wusste sie, warum beziehungsweise wegen wem er hier war.
»Was, denkst du, werde ich mit dir machen?«, hauchte er ihr mit einem lüsternen Ton ins Ohr. Er hatte einen südeuropäischen Akzent, die Worte waren von kehligem Kratzen begleitet, die Stimme schwankend.
Catherine wimmerte und beugte sich vor. Der Arm schmerzte stark, dem kräftigen Griff konnte sie nicht entkommen. Der Mann, der sich hinter ihr an ihren Hintern drückte, war groß. Sie sah ihn nicht, aber sie konnte die Körpermaße erahnen.
»Ich weiß es nicht. Bitte lassen Sie mich los. Ich bin schwanger.«
Der Fremde lachte. Als hätte ihn das an irgendwas gehindert. Im Gegenteil, dies machte ihn umso mehr an.
»Was denkst du, Süße, werde ich dich gehen lassen oder wirst du sterben?«
Catherine versuchte, den Kopf zu drehen, ihrem Widersacher in die Augen zu sehen, wollte erkennen, ob dort das Feuer des Hasses und der Lust am Töten in seinen Augen loderte oder ob es ein Blender war, ein Schwätzer, der es liebte, Frauen Angst einzujagen. Dies war ihm zwar bereits gelungen, doch ein Funken Mut keimte in ihr auf, eine letzte Hoffnung, das Aufbegehren einer werdenden Mutter gegen jemanden, der auch ihrem Kind schaden wollte.
»Hören Sie, ich weiß nicht, was Sie von mir wollen. Mein Mann wird jeden Moment hier sein, er ist Polizist.«
Wieder lachte der Fremde. Er genoss diesen niedlichen Versuch einer Frau, dem Unausweichlichen zu entkommen. Ein Kerl hätte gleich kapiert, dass es zu Ende geht, hätte vielleicht unter Aufbietung aller Kräfte gekämpft, selbst wenn man ihm dabei die Kehle durchgeschnitten hätte. Doch Frauen wollten immer zuerst diskutieren, drohten damit, dass ihr Mann bald nach Hause käme.
»Das wird er sicher nicht, mein Schatz. Wir haben alles unter Kontrolle, nur dich nicht und deinen Scheißbullen, der überall rumschnüffelt und seine Nase in Dinge steckt, die nicht gut für ihn sind. Nachdem ich mit dir fertig bin, wird er die Finger von uns lassen, da kannst du sicher sein. In der Hölle oder sonstwo kannst du ihm erzählen, dass er es selber verbockt hat.«
Da erkannte Catherine, dass sie nicht damit rechnen konnte, von irgendjemandem außer sich selbst Hilfe zu erhalten. Sicher, sie hatte eine scharfe Klinge an ihrem Hals und der Kerl schien das Messer tatsächlich benutzen zu wollen, um sein ihm aufgetragenes Werk zu vollenden, doch es gab immer einen Ausweg im Leben, das hatte sie von ihrem Vater gelernt. Niemals ist es aussichtslos, hämmerte es in ihrer Erinnerung. Sie neigte ihren Kopf ein wenig und drückte dabei die Klinge dichter unter ihren Kehlkopf, doch sie musste wissen, wo sein Fuß stand. Dann sah sie ihn: Ein schwarzer, blankpolierter großer Schuh. Sie wollte nichts unversucht lassen. Dies schuldete sie ihrem Kind. Von dem Fremden unbemerkt, hob sie ihren linken Fuß. Sie trug Schuhe mit hohen Absätzen, keine High Heels zum Einkaufen, doch eben Schuhe mit Absätzen, da sie eine kleine Person war. Sie hob das Bein etwas an und rammte mit voller Wucht den Absatz auf die Zehen seines linken Fußes. Sie spürte den feinen Schnitt an ihrer Kehle, den sie sich mit ihrer Aktion selbst zugezogen hatte, doch sie bekam noch Luft. Auch floss kein Blut den Hals hinunter oder spritzte pulssynchron heraus. Stattdessen lockerte sich der Griff des Fremden und sie nutzte die Chance, sich aus der Fessel herauszudrehen.
Dann sah sie für einen Bruchteil von Sekunden in sein Gesicht. Sie musste zu ihm hochsehen, obwohl er sich vor Schmerzen leicht krümmte. Alles ging sehr schnell, aber sie erkannte ein Gesicht voller Bosheit, die Seele hinter den Augen von Dämonen bewohnt. Schwarze, hasserfüllte Augen in einem Gesicht mit dunklem Teint. Ein Südeuropäer vermutlich, schwarzes Haar. Alles an ihm war schwarz bis tief in sein Herz hinein.
Sie öffnete die
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