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Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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schneide auch gleich Löcher für die Nase rein.« Mit geschickten Bewegungen strich Jerome den Silikonbrei über der Haut glatt, dehnte ihn, drückte ihn an die Ohren heran und nahm schließlich eine kleine Schere zur Hand, mit der er zwei kleine Atemlöcher sowie einen dünnen Schlitz für den Mund einschnitt. Dann nahm er ihm den Halm aus dem Mund.
    »Du musst jetzt den Mund auf- und zumachen und die Backen aufpusten und alle möglichen Grimassen ziehen, bevor die Masse hart ist.« Martin folgte Jeromes Anweisungen und tatsächlich spürte er, wie nach zwei weiteren Minuten die Bewegungen nicht mehr spannten und sich in der nach der Aushärtung hautfarbenen Masse mühelos vollziehen ließen. Obwohl er nun Luft durch die Schlitze holen konnte, befiel ihn eine gewisse Beklemmung. Ein Fall, den er vor sieben Jahren bearbeiten musste: Bilder von Ermordeten, die mit über den Kopf gestülpten Plastiktüten erstickt waren, flackerten vor seinem inneren Auge auf.
    Jerome griff vorsichtig zwischen Silikonmasse und Gesicht und zog sie Martin vom Kopf.
    Martin atmete schnell und hastig.
    »Den Rest schaffe ich allein. Ich lege die Maske über einen Styroporkopf und schminke ihn nebenan. In circa zwanzig Minuten ist alles fertig. Wenn du willst, kannst du dich inzwischen waschen gehen. Ich habe auch neue Klamotten für dich.«
    Martin erhob sich aus seiner unbequemen Position und streckte den Rücken. »Ich brauche Seife, du sagtest, du hättest Duschgel.«
    »Ja, stimmt. Warte hier.« Jerome verschwand, war nach einer halben Minute wieder zurück und gab Martin eine Flasche Adidas ›Hair and Body‹.
    Über den Arm hatte er eine Hose Größe 52 und ein weißes Hemd gelegt. »Hier«, sagte er. »Müsste dir eigentlich passen.« Martin betrachtete die Kleidungsstücke und war froh, das durchgeschwitzte Hemd endlich loswerden zu können. Er ging zwei Etagen tiefer, fand den Waschraum neben den Toiletten und zog sich bis auf die Unterhose aus. Er wusch sich in dem Becken, so gut es ging. Es stand ihm nur kaltes Wasser zur Verfügung, das ihn aber wenigstens erfrischte. Den Kopf schäumte er zweimal ein und rubbelte ihn mit einem Handtuch trocken, das Jerome ihm ebenfalls mitgegeben hatte. Mit den Fingern legte er die Haare zurecht, strich sie zuerst nach hinten, dann nach rechts und probierte im Spiegel verschiedene Varianten. Er entschied, sie zunächst nach hinten zu legen, und rieb den Rest des Körpers trocken. Ein letztes Mal führte er die flache Hand über die glatte Gesichtshaut und erkannte sich schon jetzt kaum wieder. Und ja, erneut musste er zugeben, dass es sich gelohnt hatte. Ein neuer Mensch war aus ihm geworden, obwohl ihm der größte Teil der Verwandlung noch bevorstand.
    Als er fertig war, machte er sich auf den Weg in die oberste Etage und fand einen fremden Mann in Jeromes Behausung vor. Er hatte zwar dieselbe Größe wie Jerome, dieselbe Statur, etwas dicker vielleicht, aber ansonsten sah er vollständig anders aus. Martin erschrak und doch wusste er, wen er vor sich hatte. Er erkannte ihn stets an den Augen, dem undurchdringlichen Blick, den zugegebenermaßen finsteren Pupillen, die in ihrer Schwärze dem Betrachter keinen Weg hinein in sein Inneres gewährten.
    Vor Martin stand ein stattlicher Geschäftsmann, angetan mit einem dunkelblauen Anzug von BOSS, passenden Schuhen zu schwarzen Socken. Das Jackett lässig über dem weißen, gebügelten Hemd geöffnet. Das Gesicht leicht gebräunt, ein südländischer Typ schimmerte durch. Die Haut jung, faltenfrei, beinahe makellos. Feine Sommersprossen verteilten sich über dem Nasenrücken, sie gaben ihm eine Weichheit, die Jeromes Gesicht nicht hatte. Ein Typ, dem man vertraute, angenehm sympathisch, für Frauen attraktiv und gewiss begehrenswert. Martin staunte über die Maßen. Jerome hatte es geschafft, sich in ein Kunstwerk zu verwandeln. Er selbst stellte das Kunstwerk dar.
    Jerome erwartete Martin mit einem siegessicheren Grinsen.
    »So, jetzt bist du dran. Deine Maske ist auch fertig. Du wirst dich nicht wiedererkennen. Nein, noch besser, du wirst sie nie wieder abnehmen wollen.«
    »Verstehe, du meinst, weil ich noch nie so gut ausgesehen habe.«
    »Wart’s ab.« Jerome wies Martin den Platz an, auf dem er ihm zuvor die Haare geschnitten hatte. Alle Spuren waren beseitigt, der Boden war gefegt und die Utensilien der Silikonherstellung weggeschafft. Jerome alias Claude Renier verschwand in seinem Bad und rief von dort zu Martin herüber.
    »Mach die

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