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Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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Augen zu.«
    Martin schloss die Augen und wartete. Es war bereits neun Uhr und der Flieger würde in zwei Stunden nach Prag aufbrechen, mit zwei Passagieren, die nicht sie selbst waren, die sich verwandelt hatten in zwei gänzlich andere, wobei der eine schon immer mehrere Personen war.

    *

    Jerome hielt die Maske in der Hand und stellte sich vor Martin, der noch immer die Augen geschlossen hielt. Mit geübtem Griff stülpte er ihm das Silikongesicht über Kinn, Mund und Nase und straffte es an den Rändern. Es schmiegte sich an seiner glattrasierten Haut an, als gehöre es zu ihm. Mit wenigen Handgriffen gab Jerome Martin ein neues Aussehen. Das eines Norbert Wagner, von dem Martin nicht wusste, wer er einmal war, ob es ihn noch gab oder ob er schon tot war.
    Martin blinzelte mit den Augen, doch Jerome ließ ihn noch nicht gewähren.
    »Warte noch einen kleinen Moment. Wir sind sofort fertig.« Jerome kämmte Martins kurzes Haar gemäß dem Foto auf dem Personalausweis und setzte ihm schließlich eine elegante Brille von Jaguar ohne Stärken auf. Dann trat er beiseite und hielt Martin einen Spiegel hin.
    »Voila!«, sagte Jerome und strahlte über das ganze Gesicht.
    Martin nahm den Spiegel in die Hand und zuckte leicht zusammen. Die Hand mit dem Spiegel wich zurück. Natürlich hatte er sich auf ein neues Äußeres eingestellt, doch dass ihn nun ein komplett anderer Mensch dort anschaute … Eine Reaktion darauf konnte man nicht vorbereiten. Er blickte in das Gesicht eines gut zehn Jahre jüngeren Mannes, eines verdammt gut aussehenden Mannes mit schelmischen Grübchen neben den Mundwinkeln. Die Haut war ebenmäßig, wies keine Unreinheiten auf. Das Antlitz seines Gegenübers im Spiegel strotzte vor Energie und Selbstsicherheit.
    Martin ließ den Spiegel in den Schoß sinken und schüttelte den Kopf. Er konnte nicht fassen, was Jerome in so kurzer Zeit zustande gebracht hatte. Dieses Gesicht war einfach perfekt, wirkte überhaupt nicht künstlich. Martin fühlte sich wie ein Schauspieler an der Seite von Tom Cruise in ›Mission Impossible 4‹. Unwillkürlich schossen ihm ungeahnte Möglichkeiten in den Sinn. Alle Türen standen ihm offen. Er konnte sich frei bewegen, wie ein Fremder. Wie ein Allerweltsmensch, ein unbescholtener Bürger, ein harmloser Geschäftsmann, jemand, dem nichts zur Last gelegt wurde. Ein unbekannter Bekannter. Nicht mehr der langhaarige Zottelbär, sondern ein blendend strahlender Kerl mit Charisma und Stärke in seinem Antlitz.
    Martin erhob sich und straffte den Rücken. Er trug die graue Hose, die Jerome ihm gegeben hatte, ein weißes Hemd, eine dunkelgelbe Krawatte und braune Schuhe Größe 43, die wie für ihn gemacht schienen.
    Jerome reichte ihm feierlich das graue Jackett. Martin strich sacht mit den Fingern darüber. Es fühlte sich gut an. Weicher, dünner Stoff.
    Martin schlüpfte hinein und knöpfte einen Knopf zu. Stolz, mit einem siegessicheren Grinsen, taxierte er seine neue Erscheinung. Was er bei Klaus Schöller und Werner Hartleib so oft belächelt hatte, gefiel ihm an sich ungemein.
    »Wow, das ist unglaublich.« Martin pfiff anerkennend.
    »Das ist vor allem Glück. Wir beide haben dieselbe Schuhgröße, der Anzug und das Hemd stammen vom Flohmarkt. Alles zusammen fünfzig Euro für einen Armani, nicht schlecht, oder? Wenn ich ihn anziehe, muss ich einen künstlichen Bauch unter dem Hemd tragen, aber bei dir …«
    Martin verstand den Seitenhieb.
    »Es … ist … fantastisch. Wie hast du das nur in einer halben Stunde hinbekommen?« Martin berührte vorsichtig die künstliche Haut. »Darf man …?«
    »Ja, ist alles fest. Du solltest trotzdem nicht zu viel daran herumrubbeln. Du bist zusätzlich geschminkt, damit es echt aussieht.«
    »Und dieser Typ, wie heißt er noch, Norbert Walter …?«
    »Wagner. Norbert Wagner. Mensch, präg dir das ein! Der Typ hat längst einen neuen Ausweis. Für heute gibt es euch zweimal, aber das findet niemand heraus, jedenfalls nicht so schnell.«
    »Was ist mit Fingerabdrücken et cetera?«
    »Hast du schon mal erlebt, dass du am Flughafen deine Fingerabdrücke abgeben musstest? Niemals. Es wird nur gecheckt, wie du auf den Typen am Schalter wirkst. Deine Tasche sollte nichts Auffälliges beinhalten und du solltest bei der Sicherheitsüberprüfung nicht pampig werden, das ist alles.«
    »Wie alt bin ich? ›Norbert Wagner‹«, wiederholte Martin leise. Erneut hielt er den Spiegel in der Hand und betrachtete sein Äußeres von

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