Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
ruckartig vielleicht für die Betrachter mit der Kamera. So senkte er den Blick erneut. Zu gern hätte er unverhohlen aufgeschaut, direkt in Martins Gesicht hinein.
»Darf ich mich setzen?«, fragte der Gärtner und begleitete seine Worte für die Gehörlosen in der Umgebung mit einer entsprechenden Gestik.
Auch Werner deutete auf den Platz neben sich. Der Gärtner lehnte den Rechen an die Bank, holte seinen Rucksack hervor und kramte eine Tüte mit einem Brötchen heraus. Er riss die Tüte auf und nahm das Brötchen an den Mund. Hineinbeißend und kauend sprach er Werner an.
»Auch mal?« Martin hielt Werner demonstrativ das Brötchen hin. Eine gute Gelegenheit, sich in die Augen sehen zu können, und für Werner eine Chance, Martins Verwandlung zu begreifen.
Werner lehnte ab. Gestik und Worte passten nicht zueinander.
»Ich glaub es nicht. Geiles Outfit. Wie hast du das denn hingekriegt?«
Martin puhlte sich mit einem Finger einen Krümel aus dem Mund. Er verdeckte die Hälfte seines Gesichtes.
»’ne Maske von Jerome. Der Overall auch.«
»Okay, womit wir beim Thema wären. Die beiden Typen da drüben werden sich nur für kurze Zeit nicht wundern, warum ich mit dir quatsche. Sieh nicht hin, auf zwei Uhr, einer der beiden hat ’ne Canon dabei. Also, Punkt eins: Jerome. Offiziell gibt es im Computer nicht viel über diesen Typen. Nur das, was alle schon wissen. Frank Reichstein, geboren am 16. Juni 1983 in Hamburg. War wirklich Journalist, sogar ziemlich gut. Ist allen Promis auf den Geist gegangen, weil er ständig Intrigen gewittert hat und veröffentlichen wollte. War sogar ein halbes Jahr beim Stern, dann haben sie ihn rausgeschmissen. Alles in allem nichts Weltbewegendes, bis sie ihn von der Brücke gekippt und beerdigt haben. So weit, so gut. Ich war dann abends nach Dienstschluss noch mal unten im Archiv.«
»Die guten alten Akten«, nuschelte Martin zwischen Brötchen und Salatblatt, das am Mundwinkel hervorlugte.
»Genau. Und da wurde ich fündig, mein Lieber. Verschiedene Jobs als Visagist, Komparse beim Theater, hat sogar mal kleine Rollen übernommen. Hat aber nie wirklich Fuß fassen können. Danach einen Haufen Gelegenheitsjobs, sogar mal für ein halbes Jahr Programmierer bei einer Sicherheitsfirma, hat als Koch ’ne Lehre angefangen, hat zweimal gesessen wegen tätlichen Angriffs, Trunkenheit am Steuer, Besitzes einer geringen Menge Kokains und jetzt kommt das Beste: missglückter Suizidversuch in einer Sicherheitsverwahrung.«
Der Gärtner fuchtelte umständlich an seiner Hose herum. »Du meinst, er war in einer Geschlossenen?«
Werner nickte kaum merklich. »Akten und PC-Einträge stimmen nicht überein. Die Daten im PC sind getürkt. Vielleicht sogar von ihm selbst oder einem, der Jerome unter allen Umständen von der Bildfläche verschwunden sehen will.«
Martin stupste den Rechen mit dem Fuß an und ließ ihn umfallen. Er brauchte unbedeutende Handlungen, um die Zeit totzuschlagen. Er setzte sich wieder und holte eine Trinkflasche hervor.
»Weiter«, forderte der Gärtner Werner mit breitem Grinsen auf und deutete mit einer ausladenden Bewegung auf irgendetwas im Park.
»Ich war noch mal bei Klaus in der Bude. War ganz schön knapp, beinahe wär ich Schöller in die Arme gelaufen.«
»Und?«
»Ich habe seinen Schlüssel mitgenommen und siehe da, in dem Schlüssel vom Porsche war eine Mikro-SD versteckt. Ich habe stundenlang überlegt, wo ich an seiner Stelle was verstecken würde. Klaus war so stolz auf seinen Porsche, die Ersatzbefriedigung schlechthin. Damit konnte er wenigstens auftrumpfen.«
»Was war drauf?«
»’ne ganze Menge. Eine Liste mit Namen. Ex-oder noch aktive Teilnehmer von Bilderbergertreffen. Dieselben wie auf dem Karibikfoto. Es ist, wie wir vermutet hatten. Er hat sie anonym erpresst. Lohmeyer war leider auch dabei. Da wusste Klaus ja noch nicht, dass Lohmeyer aussteigen wollte.«
»Wie viel hat er ihm abgeknöpft?«
»Er wollte ’ne viertel Million.«
»Meine Güte. Woher hatte Lohmeyer so viel Geld?«
»Hatte er nicht. Er hat nicht gezahlt. Lohmeyer ist einfach nicht darauf eingegangen. Er wollte ja sowieso auspacken. Klaus hatte nichts gegen ihn in der Hand.«
»Und die anderen?«
»Haben brav gezahlt. Zusammen dreieinhalb Millionen.«
»Hast du einen Verdacht, wer Klaus gekillt hat?«
»Nicht wirklich. Ein Motiv hätten viele gehabt. Wenn rausgekommen wäre, was die für Dreck am Stecken gehabt haben, wäre die Politikerkarriere im Eimer
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