Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
gewesen. Klaus hatte einen Haufen Fotos, pikante Fotos unter anderem von Leuten, die ich täglich als Saubermänner im Fernsehen sehe. Profifotos, wenn du mich fragst.«
»Das heißt, er hat einen Komplizen gehabt.«
»Mit Sicherheit. Alleine hätte er das niemals auf die Reihe gekriegt.« Werner lehnte sich zurück und blickte in den makellosen blauen Himmel. »Ich darf ja nicht ermitteln«, bedauerte Werner. »Keine Befragung, keine Obduktion, nichts, du weißt schon.«
»Ja, ich weiß, nur Chlor in Lunge und Magen.«
»Nicht besonders viel.«
»Okay, was war noch drauf?«
»Eine Sache noch. Es gibt Dokumente, wo es um einen Überwachungschip geht. Du weißt schon, dieses Ding, mit dem sie dich auf zehn Zentimeter genau orten und bespitzeln können.«
Martin wurde hellhörig und richtete sich auf. Er nahm sich den Rechen, hielt ihn aufrecht vor seinen Kopf und verdeckte einen Teil seines Gesichtes. Werner fuhr fort:
»Die Bilderberger wollen ihn scheinbar um jeden Preis unters Volk bringen.«
»Um Menschen im Notfall umbringen zu können«, ergänzte Martin eilig.
Werner drehte abrupt den Kopf zu Martin. »Quatsch. Wieso das denn? Blödsinn, davon weiß ich nichts.«
»Aber ich«, zischte der Gärtner hinter vorgehaltener Hand. Allmählich würden die Beobachter sich wundern, was die beiden so lange auszutauschen hätten. Ein Bulle und ein fremder Gärtner. Was hatten die sich schon groß zu erzählen? Offensichtlich genug, wie es schien. Einer der Beobachter stieß den anderen an der Schulter an. Die Schnüffler erhoben sich von ihren Posten und machten langsame Schritte auf Werner und Martin zu. Denn noch hatten sie die Anweisung, sich nicht entdecken zu lassen, es sei denn, es stünde ein Zugriff bevor.
»In den Dokus, die ich meine, geht es um Kohle. Du machst dir kein Bild, um wie viel.«
»Millionen?«, sagte Martin gelangweilt. Es ging immer um Geld, wie ihm schien.
»Milliarden. Wenn jeder Erdenbürger diesen Chip bekommen soll, bringt das einer ganz bestimmten Firma einen Batzen Geld. ›Threetec Economy‹. Schon mal von denen gehört?«
Martin schüttelte den Kopf. Auf der Suche nach Aktien für sein Depot war dieser Tipp nie aufgetaucht.
»Zehn Euro pro Kopf für diesen Chip, das sind sechzig Milliarden Euro Umsatz. Nicht schlecht. Und nun rate mal, welche Personen die meisten Beteiligungen in den Händen halten?«
»Bilderberger, ist doch klar.«
»Noch sind die Kurse im Keller, aber von dem Tag an, an dem die Sache publik gemacht wird, gehen die Kurse hoch und die Jungs sahnen ab.«
»Und jeder, der frühzeitig einsteigt«, fügte Martin hinzu.
»Kein Mensch kennt diese Firma. Ist in Deutschland im S-Dax gelistet.« Werner sah unauffällig auf. »Wir müssen Schluss machen. Meine Babysitter kommen. Sie haben Verdacht geschöpft. Wir müssen ein anderes Mal weiterreden. Kann ich dich erreichen?« Der Gärtner erhob sich, streckte seinen Rücken und griff mit einer Hand nach hinten, als beklage er den bedauernswerten Zustand seiner Bandscheiben.
»Ich wechsle täglich die Nummern. Ich ruf dich an.«
Werner nickte. »Wo hast du eigentlich den Rechen her?«
Martin lachte. »’nem Kollegen geklaut, der aufs Klo musste.«
Werner grinste und hob die Hand zum Abschied, so als würde er sich für die kurzweilige Plauderei bedanken. Werner verließ den Ort ihres konspirativen Gespräches in Richtung des Parkplatzes, während der Gärtner mit gebeugtem Rücken und auf seinen Rechen gestützt einige Sekunden einfach nur stehen blieb und in den Himmel schaute. Die linke Hand stützte die Wirbel im unteren Bereich. Der Verdacht auf akute Rückenschmerzen brannte sich den Beobachtern in den Sinn. Sie zogen sich zurück. Falscher Alarm.
*
Noch immer spürte Martin ein Gefühl der Beklemmung, als er an dem Haus seiner ehemaligen Wohnung in Eimsbüttel ankam. Den grünen Overall hatte er auf einer öffentlichen Toilette abgestreift, in den Rucksack gestopft und diesen auf den Rücken geworfen. Statt eines schwarzen BMWs stand nun ein alter inarisgrüner VW-Passat an derselben Stelle. Typisch der Kerl hinter dem Steuer, der unscheinbar wirken wollte, es aber in den Augen eines Profis nicht schaffte. Die Zeitung, über deren Rand er schielte, der korrekte Haarschnitt, die Lesebrille so tief auf der Nase sitzend, dass es lächerlich wirkte. Wieder ein junger Kollege, der diesen Job zum zweiten oder dritten Mal verrichtete. Nicht den Job einer Observierung an sich, sondern die eines Kollegen,
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