Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
verborgen in ihrem Inneren, eine Ahnung an einer anderen Saite. Nicht in Dur, sondern in Moll. Düster, ungerecht und gemein. Catherine legte das Telefon außer Hörweite, als vermochte sie dadurch die lästigen Stimmen zum Teufel jagen zu können.
Am frühen Abend begann sie, den Tisch für zwei Personen zu decken. Bald schon würde ein kleiner Kindersitz vor dem Tisch stehen. Sie würde mit einem Löffelchen Babybrei in ein hungriges Mäulchen schaufeln. Sie stöhnte freudig in Erwartung des Kommenden und streichelte sanft ihren Bauch. Die Quiche duftete im Ofen und der Wein für Martin war kalt gestellt. Sie enthielt sich des Alkohols fast vollständig, nichts riskierend und die Sicherheit suchend. Doch gab es überhaupt so etwas wie planbare Sicherheit auf der Welt? Unsicher wie Aktienkurse, war auf das Leben einfach kein Verlass.
Kapitel 10
März 2010, Hamburg
Acht elegant gekleidete Männer saßen in der Hotelbibliothek vor einem offenen Kamin und rauchten teure Zigarren oder Zigarillos. Vor oder neben ihnen standen schwere Schwenker auf Glastischen, in denen der Brandy im Schein des Feuers schimmerte und zäh wie Öl an den Wänden der Gläser herablief. Bladeck saß in einem mit Nieten besetzten grünen Ledersessel, neben ihm Reinhard Schöller sowie der innere Kreis des Komitees und ein Gast, den man zu diesem internen Meeting geladen hatte. Das Licht war gedämpft und Schwaden feinen Tabaks stiegen friedlich zur Decke. Die Ledersohlen der Schuhe ruhten auf von Kinderhänden gefertigten Perserteppichen.
Bladeck stellte das Glas ab und rechtfertigte sich innerhalb einer ernsten Unterredung. »Meine Herren, es gibt keinen Grund für Ihre Besorgnis. Ich kann Ihnen versichern, dass wir die Lage unter Kontrolle haben. Der Journalist ist tot und seine Freundin ebenso. Wir haben das Handy, mit der sie die Unterlagen gescannt hatte, gefunden und die Daten darauf restlos vernichtet.« Bladeck bediente sich in gleichem Ton einer Lüge. »Es sind keinerlei Daten nach außen transferiert worden. Alles ist definitiv unter Kontrolle.«
Reinhard Schöller öffnete sein Sakko und legte ein Bein über das andere. Er nickte und wirkte doch unsicher. »Da kann ich Ernst nur zustimmen. Ich kenne den Typen von früher. Er war einer von der klebrigen, zähen Sorte. Ich bin froh, dass wir ihn endlich geschnappt haben. Selten habe ich einen derart ausdauernden und impertinenten Schnüffler gekannt.« Schöller legte beide Beine wieder nebeneinander und beugte sich zu den Mitgliedern des Komitees vor. »Ich bin froh, dass er tot ist. Er hätte uns ernsthaft Schaden zufügen können.«
In der Runde der Anwesenden gab es einen Mann, den alle nur als ›den Financier‹ kannten. Der Inhaber der zweitgrößten Bank auf diesem Globus, jemand, der viel zu verlieren hatte.
»Woher wollen Sie denn wissen, ob diese Kamera die einzige war, die die junge Dame bei sich gehabt hatte? Haben Sie sich die Fotos mal genauer angesehen?« Der Financier blickte fragend in die Runde. »Fotos, auf denen persönliche Gegenstände vieler Teilnehmer zu sehen waren, persönliche Notizen, sogar detaillierte Aufnahmen von Medikamenten et cetera. Alles Details, mit denen viele von uns erpressbar wären. Ihre deutsche BILD Zeitung würde sich zweifellos über drogenkonsumierende Politiker freuen. Also. Woher wissen Sie, dass diese Fotos die einzigen waren? Haben Sie schon das Hotel nach Wanzen und Kameras abgesucht?«
Schöller rieb sich verlegen die Hände. Sie begannen feucht zu werden. »Das können wir nicht, solange die Teilnehmer anwesend sind. Ich kenne diesen Bastard. Es ist unwahrscheinlich, dass er zu so etwas fähig war. Er war ein einfacher Journalist, der es irgendwie geschafft hatte, sich hier einzuschleichen.«
Der anwesende designierte Bundeskanzler hatte sich bisher zurückgehalten, doch die im Raum wie von unsichtbaren Geistern nur geflüsterte Frage war bisher unerwähnt geblieben.
»Was ist, wenn er Gespräche über den neuen Bio-Chip belauschen konnte? Seit zwei Jahren bereiten wir die Aktion im Geheimen vor. Nun sind die Medien startklar und die Technologie ist ausgereift. Alle denken, dieser Chip ist nützlich und unentbehrlich, enthalte nur die notwendigsten Daten und diene vor allem dem Schutz jedes Einzelnen. Nie ist jemals ein Wort gefallen wie Überwachung oder Missbrauch. Niemand ahnt auch nur entfernt, zu was dieser Chip in der Lage ist.«
Der Bundeskanzler in spe legte die Hände aneinander. Er sprach mit Ernst.
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