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Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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einen gehörigen Schubs in die Tiefe zu geben. Sie waren seine Endzeitapostel, die Propheten des Unausweichlichen, das sie selbst herbeiführten. Sein Leben hatte er ihnen gewidmet, recherchiert und in allem und jedem herumgestochert, bis man ihn damals fand und kaltgestellt hatte.

Kapitel 22
    Juni 2011, Hamburg

    Jeromes Kopf war ihm auf die Brust gesunken. Seine Augen geöffnet, schien er an etwas weit Entferntes zu denken, völlig darin versunken. Er schaukelte leicht vor und zurück und seine Lippen bewegten sich lautlos. Martin betrachtete ihn von der Seite, verdrehte die Augen und stieß ihm den Ellenbogen an die Schulter. Jerome erschrak, schloss den Mund, drehte den Kopf nach links und nach rechts, als würde er nach tiefem Schlaf neue Orientierung suchen. Dann war er wieder voll da.
    »Ach ja, hab ich ganz vergessen. Sie erhalten ja heute Ihre erste Lehrstunde in Sachen Politik. Genauer gesagt: Unterwanderung der Demokratie durch eine übergeordnete, unsichtbare und weitgehend unbekannte Instanz namens ›Bilderberger‹.« Jerome lehnte sich zurück, gab sich entspannt und kaute an dem Ende eines Bleistiftes. Dem Stift war anzusehen, dass er nicht das erste Mal missbraucht wurde. Wurde nicht auf ihm herumgebissen, wurde er mit hoher Frequenz zwischen den Fingern gezwirbelt. Jerome hatte Mühe, sich zu konzentrieren.
    »Also, was wissen Sie schon über die Bilderberger?«
    Martin saß ebenfalls, doch eher in angespannter Position, beugte sich leicht vor, stützte die Hände auf die Knie und dachte nach. Eher eine Sitzhaltung wie kurz vor einem Sprung oder einem Angriff. Aus einem unerfindlichen Grund fühlte er sich unwohl.
    In diesem Augenblick hörte Martin feines Kratzen, ein Miauen, wie das Schreien eines Kindes.
    »Oh, Besuch«, freute sich Jerome und sprang auf. Er ging zur Tür und öffnete sie. »Hallo, Fran«, hörte Martin ihn an der Tür reden. »Na, auch mal da? Wo hast du dich denn rumgetrieben?«
    Jerome kam in den ungemütlichen Raum zurück und trug eine Katze auf dem Arm. Sie schmiegte sich an seine Schulter und schloss schnurrend die Augen.
    »Darf ich vorstellen? Fran, das ist der Kommissar, von dem ich dir erzählt habe.« Jerome wandte sich an Martin. »Herr Kommissar, das ist Fran.«
    »Fran«, wiederholte Martin fragend. Er hatte sichtlich nicht damit gerechnet, dass sich Jerome ein Haustier hielt.
    »Abkürzung von Francis. Schöner Name, nicht?«
    Jerome ließ die Katze vom Arm springen. Sie hatte ein schwarzes Fell mit weißen Flecken. Um die Nase herum legte sich ein weißer Streifen und gab ihr ein schelmisches Aussehen. Sie verschwand in einem der hinteren Räume.
    »Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte Jerome und rieb sich die Hände an der Jeans trocken.
    »Was ich über die Bilderberger weiß, haben Sie mich gefragt.« Martin zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich deutlich weniger als Sie.« Martin malte Gänsefüßchen in die Luft. »’n Verschwörungsclub, mächtige Leute, die nach Aussagen meines Kollegen Weltpolitik spielen.«
    Jerome presste die eh schon schmalen Lippen aufeinander. »Mir scheint, Sie nehmen dieses Thema nicht sonderlich ernst. Kann das sein?«
    »Hören Sie, Jerome, oder wie immer Sie heißen. Ich kann und will nicht glauben, dass es eine Gruppe von Männern gibt …«
    »Und Frauen«, unterbrach ihn Jerome mit monotoner Stimme und hob lehrerhaft den Zeigefinger senkrecht in die Luft.
    Martin stutzte kurz und fuhr fort. »Meinetwegen auch Frauen. Also dass es Männer und Frauen gibt, die unsere Demokratie unterwandern. Die uns verarschen, auf gut Deutsch, oder? Die jeden Wähler im Glauben lassen, er bewirke etwas mit seiner Stimme, während diese Typen hinter den Kulissen eh machen, was sie wollen, unabhängig davon, was der Bürger mit seiner Wahl bezweckt.«
    Jerome grinste, schlug ein Bein über das andere und applaudierte. Er wirkte herablassend und überlegen, wähnte sich wie ein Talkmaster in einer Show.
    »Wow, das war toll. Ich hätte es nicht besser formulieren können, denn genau so ist es.« Er schüttelte den Kopf. »Ob Sie daran glauben oder nicht, ist völlig unerheblich.« Jerome machte eine theatralische Geste. »Fakt ist und bleibt, dass diese Typen, wie Sie sie nennen, seit den Fünfzigern aktiv sind und tatsächlich Geschichte schreiben. Ob zu unserem Vorteil oder zu deren? Das sei mal dahingestellt.«
    Martin blickte in eine dunkle Ecke des großen, unbehaglichen Raumes. Jetzt erst merkte er, wie still es dort war. Nur

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