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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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du mir noch nie erzählt.“
    „Ich bin auch schon sehr lange nicht mehr dort gewesen, eigentlich war ich nur in der Anfangszeit öfter da. Dann habe ich ihn irgendwie nicht mehr gebraucht …“
    „Aber jetzt schon … wegen des ganzen Stresses mit mir …“
    „Aber nein!“, beschwichtigte ich sie und bereute es im gleichen Moment. Denn dadurch brachte ich mich in Erklärungsnot. „Also, schon … auch … alles kam eben zusammen.“
    Ich stand ruckartig auf, während Kira den letzten Rest Ei aß und dann ihre Kaffeetasse leer trank. Ich wollte das Geschirr zusammenräumen, aber Kira hielt meine Hand fest, sodass ich zusammenzuckte.
    „Irgendwas ist mit dir, Neve. Du musst es mir sagen. Hat es mit diesem Tom zu tun?“
    „Mit Tom?“ Mist, meine Stimme war viel zu hoch gerutscht.
    Kira ließ mich los. „Okay, es ist wegen Tom.“
    „Was? Quatsch, ich war nur so fertig. Auch wegen …“ Ich stockte, ich wollte auf keinen Fall noch mal von meiner Vergangenheit anfangen. Ich wollte erklären, dass es sich mit „meinem schwierigen Fall da draußen“ erledigt hatte, ich mich nicht mehr um ihn kümmerte.
    Aber stattdessen hörte ich mich sagen: „Er heißt eigentlich Tomaso. Das schreibt er auf seine Notenblätter. Aber wenn er in der Kneipe arbeitet, will er, dass ihn alle Tom nennen, weil er seinen Namen angeblich nicht mag.“
    Was redete ich? Ich fing noch mal an: „Aber das ist jetzt eigentlich egal, weil ich …“
    Kira unterbrach mich. „Er arbeitet in einer Kneipe? Ich dachte, er ist Komponist?!“
    Ich wand mich. Ich wollte doch gar nicht über Tomaso reden, ich wollte nur erklären, dass ich nichts mehr mit ihm zu tun hätte.
    „Ja, nein … also, er kann wundervoll Klavier spielen und er komponiert auch, er hat einen Flügel zu Hause, allerdings eingemauert, als wenn niemand davon wissen soll. Ohne mein magisches Gehör hätte ich ihn niemals entdeckt. Wow, er ist außerordentlich begabt! Wirklich. Wie er mit der Musik mitgeht, wenn er spielt. Du müsstest es hören. Ich könnte ihm stundenlang zusehen dabei. Ich glaube, in der Kneipe arbeitet er nur, um Geld zu verdienen.“
    Mir fiel auf, dass Kira ihren Kopf auf die Hand gestützt hatte und mich die ganze Zeit angrinste.
    „Was grinst du denn so debil?“, fragte ich etwas ruppig, obwohl das sonst gar nicht meine Art war.
    „Ich sag ja, du bist verliebt, Neve …“, sagte sie.
    Ich verzog ärgerlich das Gesicht. „Was soll das denn jetzt!“
    Mit einem Klirren landete das Besteck in der Pfanne, in die ich auch Tasse und Teller getan hatte. Ich transportierte alles zur Spüle.
    „Verliebt … verliebt … eindeutig …“, fing sie einen selten dämlichen Singsang an. „Du müsstest dich von ihm reden hören und deine Augen dabei, wie sie leuchten, da kannst du mir nicht weismachen, dass es nur um irgendeine Musik geht.“
    Mir rutschte die Pfanne aus den Händen und sie landete laut scheppernd im Spülbecken. „Hör doch mal auf mit dem Mist! Nur, weil du dich in jeden gleich verknallst, der dir über den Weg läuft, denkt du jetzt, es wäre bei mir genauso.“
    Das war ein bisschen fies, was war nur in mich gefahren?
    Aber Kira ging gar nicht darauf ein. Sie hörte auf zu grinsen, setzte sich gerade hin und wiederholte noch einmal ganz ruhig und ernst. „Neve, du hast dich verliebt.“
    Ich antwortete genauso ernst und ruhig: „Meinetwegen, denk, was du willst. Ich wollte eigentlich nur sagen: Der Fall ist inzwischen abgeschlossen. Ich habe bereits getan, was ich konnte. Er kommt jetzt ohne mich klar. Ich werde ihn gar nicht wiedersehen.“
    Kira ließ meinen Blick nicht los und ich hielt ihm stand, damit sie merkte, dass ich es ernst meinte. Zumindest hatte ich mir das so gedacht. Nach nicht mal drei Sekunden war mein Widerstand gebrochen. Ich sah nicht mehr Kira, sondern wieder das Bild, wie Tom mich in die Arme nimmt und herumwirbelt. Ich senkte die Augen, sackte auf dem Stuhl neben der Spüle in mich zusammen und schlug die Hände vors Gesicht.
    Kira stand auf, kam zu mir und legte ihre Arme um mich. Ich spürte erneut diesen Druck hinter den Augen und ruckte mit dem Kopf unwillkürlich zurück, als könnte ich ihm so ausweichen.
    „Na ja, vielleicht nicht gleich verliebt, aber nicht nur die Musik, sondern auch der Musiker bedeutet dir was“, sagte sie ganz vorsichtig.
    Ich rührte mich nicht. Tief in meinem Innern wusste ich schon eine Weile, dass das stimmte. Ich wollte es nur nicht wahrhaben. Aber es half ja nichts.

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