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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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ziemlich wichtiges sogar. Warum sollte ich also nicht auf sie hören. Mir fiel auf, dass sie ziemlich müde aussah.
    „Und bei dir? Läuft alles gut an der Akademie?“
    „Es ist ziemlich anstrengend. Ich lerne gerade alles über die negative Seite der Elemente: Wasser, das alles austrocknet, Feuer, dass alles löscht, Luft und Vakuum …“
    „… Erde, die ins Bodenlose stürzt, und Äther, der den Geist löscht“, vollendete ich ihren Satz. „Ich weiß, was du meinst. Es muss schwierig sein, Begabungen für alle Elemente zu besitzen. Mir hat es völlig gereicht, mich allein mit der Schattenseite von Äther zu beschäftigen.“
    „Und Tom?“, fragte sie vorsichtig. Ich erzählte ihr, wie der Kneipenabend verlaufen war und dass sich meine Erfolge bei ihm wohl ziemlich in Grenzen hielten.
    „Dass du da überhaupt alleine hingegangen bist. Allein in eine gut besuchte Kneipe am Samstagabend, um einen Typen zu treffen! Also, das hätte ich mich niemals getraut.“
    „Was? Du schlägst mir so was vor. Aber selbst …?“
    „Niemals, nee!“, zog Kira mich auf und grinste mich herausfordernd an. „Aber das konnte ich dir doch nicht vorher sagen. Sonst hättest du es nicht gemacht!“
    „Na, warte!“ Ich schnappte mir ein paar Servietten und ging auf sie los. Sie sprang auf und wir tollten ein paar Runden um den Tisch.
    „Ich bin stolz auf dich!“, rief sie immer wieder, bis wir lachend am Boden lagen und sie alle meine Servietten einfach rückstandslos verbrennen ließ.
    „Gegen dich mit deinen ganzen Talenten hab ich ja eh keine Chance“, schmollte ich.
    Sie setzte sich auf. „Ach, Elemente beherrschen ist längst nicht alles. Dir zum Beispiel vertrauen die Leute – auf den ersten Blick! Binnen Minuten haben Viktor und Grete dir ihren größten Kummer anvertraut. Und warte nur ab, auch Tom wird sich dir öffnen. Da bin ich mir ganz sicher.“
    Kiras Worte taten so gut. Sofort fühlte ich mich wieder zuversichtlicher. Dann fiel mir ein, dass ich ja ein Geschenk für sie mitgebracht hatte. Ich zog das mit bunten und komplexen Mandalas gestaltete, dicke Tagebuch hervor, das ich in einer kleinen Papeterie in der Nähe des Kollwitzplatzes für sie ausgesucht hatte, und reichte es ihr.
    Ihre Augen begannen zu leuchten. „Den Laden kenne ich. Das hast du aus meinem Lieblingsladen in der Rykestraße, stimmt’s?“ Ich nickte und Kira strich andächtig über das Buch mit den leeren Seiten aus der Realwelt, als wäre es ein wertvolles Stück Heimat.
     

Kapitel 15
     
    Am frühen Nachmittag des nächsten Tages – es war jetzt Sonntag in der magischen Welt – stand ich ratlos vor meinem übervollen Kleiderschrank. Er schien nichts Brauchbares zu beinhalten. Ich wollte nicht wieder so schwere Sachen anziehen, wenn ich nach Berlin flog. Und nachdem ich Kim gegenübergestanden hatte auch nicht noch mal schwarz. In Schwarz fühlte man sich vielleicht sicherer, wenn man sich in eine fremde Situation begab, aber es passte nicht zu mir.
    Ich packte ein paar Bücher und einige Wintersachen in meinen großen weißen Einkaufsrucksack, um sie in meinem Dachbodenzimmer zu deponieren. Dann wählte ich zum Anziehen was Sommerliches aus. Heute hatte ich nicht vor, irgendjemanden leibhaftig zu treffen.
    Ein langärmeliges weißes Shirt, eine beige Strickjacke und einen himmelblauen Rock. Dazu dunkelgraue Strümpfe und meine Lieblingsschuhe aus dünnem, hellbraunem Leder, die bis zu den Knöcheln geschnürt waren und links und rechts kleine Lederblümchen hatten. Die Haare ließ ich heute offen. Dann stellte mich vor den Spiegel. Ich sah ganz anders aus als bei meiner ersten Begegnung mit Tom. Würde er mich so in einem Traum wiedererkennen? Wahrscheinlich erinnerte er sich weder an meinen Kneipenbesuch noch an den Traum, aus dem er plötzlich gerissen worden war.
     
    Kurze Zeit später fand ich mich in einem grauen Berliner Montagvormittag wieder. Es war halb zehn. Als Erstes sah ich nach Tom, aber sein Bett war leer. Sicher musste er am Wochenanfang die Einkäufe für die Kneipe erledigen.
    Auch Gretes Bett war schon gemacht. Sie schien in die Schule gegangen zu sein.
    Auf dem Dachboden nahm ich Gestalt an, stellte meinen Rucksack auf das Bett und entdeckte dabei eine kleine, mit Tannenbäumchen bemalte Büchse aus Blech auf der Decke, die selbstgebackene Butterplätzchen enthielt. Sie mussten von Grete sein. Ich war gerührt, dass sie an mich gedacht hatte, auch wenn ich die Plätzchen nicht essen würde.
    Zuerst

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