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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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blätterte sie mit der rechten Hand um.
    Nun war ihre Aufmerksamkeit jedoch ganz auf mich gerichtet. Ihr Blick war direkt, unverwandt und von einem Selbstvertrauen erfüllt, das aus einer schmerzhaften Erfahrung stammte. Auch das hatte ich schon einmal gesehen, in Augen, die genau dieselbe Farbe hatte.
    »Ich hab den Eindruck, du magst Hunde, Bertha, stimmt’s?«
    »Ja, aber meinen Namen mag ich nicht.« Falls sie durch einen Gehirnschaden einmal sprachbehindert gewesen war, so hatte sie das völlig überwunden.
    »Du magst den Namen Bertha nicht? Der ist doch hübsch!«
    »Das ist ein Name für ’ne Kuh«, erklärte sie.

    »Tja, das stimmt allerdings. Ich hab tatsächlich schon von Kühen gehört, die Bertha heißen.«
    »Und es klingt nicht hübsch.«
    »Na ja. Wie würdest du denn lieber heißen?«
    »Sommer«, sagte sie.
    »Du willst deinen Namen in Sommer ändern?«
    »Klar. Den Sommer mag doch jeder.«
    »Das stimmt.«
    »Im Sommer ist das Leben leicht. Dann würde doch jemand, der Sommer heißt, es immer leicht haben, oder?«
    »Na gut, fangen wir noch mal an«, sagte ich. »Es freut mich sehr, dich kennenzulernen, Sommer Bodenblatt.«
    »Den zweiten T-t-teil will ich auch ändern.«
    »Und was wäre dir lieber als Bodenblatt ?«
    »So gut wie alles. Ich hab mich noch nicht entschieden. Es muss ein Name sein, mit dem man gut mit Hunden arbeiten kann.«
    »Willst du denn Tierärztin werden, wenn du groß bist?«
    Bertha nickte. »Geht aber leider nicht.« Sie zeigte auf ihren Kopf und sagte mit schrecklicher Direktheit: »Damals im Auto hab ich ein bisschen Grips verloren.«
    »Du kommst mir aber ziemlich klug vor«, sagte ich lahm.
    »Nee. Dumm bin ich nicht, bloß nicht klug genug für eine Tierärztin. Aber wenn ich hart genug an meinem Arm und meinem Bein arbeite und die b-b-besser werden, dann kann ich bei ’ner Tierärztin arbeiten und ihr helfen. Die Hunde baden. Ihnen das Fell trimmen und so. Ich könnte viel mit Hunden machen.«
    »Weil du sie magst, ja?«
    »Und wie!«
    Wenn sie über dieses Thema sprach, dann glänzten ihre Augen und sahen dadurch weniger verwundet aus als vorher.
    »Ich hatte mal einen Hund«, sagte sie. »Der war ganz toll.«

    Intuitiv wusste ich, dass Fragen über ihren Hund uns an Orte führen würden, die ich nicht ertragen konnte.
    »Sind Sie hier, weil Sie mit mir über Hunde reden wollen, Mr. Thomas?«
    »Nein, Sommer. Ich bin gekommen, weil ich dich um einen Gefallen bitten will.«
    »Was für einen Gefallen?«
    »Weißt du, es ist komisch, aber daran erinnere ich mich gerade nicht mehr. Kannst du einen Moment warten?«
    »Klar. Ich hab ja ein Hundebuch.«
    Ich stand auf. »Schwester Angela, können wir uns kurz unterhalten? «
    Die Mutter Oberin und ich gingen in die andere Ecke, und Romanovich gesellte sich zu uns, wohl wissend, dass wir ihn nicht daran hindern konnten.
    Fast flüsternd fragte ich: »Ma’am … was ist diesem Mädchen zugestoßen … was hat es ertragen müssen?«
    »Über die Vergangenheit der Kinder sprechen wir nicht mit jedem«, sagte sie und warf dem Russen einen bedeutungsvollen Blick zu.
    »Ich habe zwar meine Fehler«, säuselte Romanovich, »aber ein Klatschmaul bin ich nicht.«
    »Genauso wenig wie ein Bibliothekar«, sagte Schwester Angela.
    »Ma’am, es besteht die Chance, dass dieses Mädchen mir helfen kann zu erfahren, was auf uns zukommt. Das könnte uns alle retten. Aber ich … habe Angst.«
    »Wovor, Oddie?«
    »Vor dem, was dieses Mädchen womöglich durchgemacht hat.«
    Schwester Angela grübelte einen Augenblick nach. »Ihre Eltern und Großeltern haben zusammen in einem Haus gelebt. Eines Nachts ist ihr Cousin gekommen. Er war neunzehn. Ein Problemfall, und außerdem unter Drogen.«

    Ich wusste, dass sie nicht naiv war, aber dennoch wollte ich sie nicht dabei beobachten, wie sie das sagte, was sie jetzt gewiss sagen würde. Deshalb schloss ich die Augen.
    »Ihr Cousin hat alle erschossen, die Großeltern und die Eltern. Und dann hat er einige Zeit damit verbracht, das Mädchen zu missbrauchen. Es war sieben Jahre alt.«
    Die waren schon was Besonderes, diese Nonnen. Ganz in Weiß gingen sie hinab in den Schmutz der Welt, um herauszuholen, was wertvoll war, und es wieder zum Strahlen zu bringen, so gut sie konnten. Mit klarem Blick gingen sie immer wieder dort hinab und hatten stets Hoffnung, und wenn sie je einmal Angst hatten, so zeigten sie es nicht.
    »Als die Wirkung der Drogen nachließ«, fuhr Schwester Angela fort,

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