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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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kommt von dem immerwährenden Licht, das Gott ist.«
    »Das ist jedenfalls eine Bedeutung davon«, sagte Romanovich. »Es kann allerdings auch heißen, dass das Sichtbare aus dem Unsichtbaren geboren werden kann, dass Materie aus Energie entstehen kann, dass Denken eine Art Energie darstellt und dass es sich in dem Objekt vergegenständlichen kann, das gedacht wird.«
    »Na, Sir, das ist aber eine sehr umfangreiche Interpretation für gerade mal drei Wörter.«
    »Zugegeben«, murmelte Romanovich.
    Ich drückte die rechte Hand flach an den Plasmabildschirm, der in den breiten Stahlrahmen eingelassen war.
    Die pneumatische Tür öffnete sich mit dem absichtlich eingebauten Zischen, das Bruder John daran erinnern sollte, dass in allen Unternehmungen des Menschen eine Schlange lauerte, selbst wenn sie mit noch so guten Absichten begonnen wurden. Angesichts dessen, wohin seine Forschungen ihn offenbar geführt hatten, hätte es zusätzlich zu diesem Zischen noch ein paar andere Warnsignale geben sollen – zum Beispiel lautes Glockenläuten, Blinklichter und eine unheilvolle Tonbandstimme, die sagte: Manches soll der Mensch nie in Erfahrung bringen.
    Wir traten in das glatte, porzellanähnliche Fahrzeug, aus dessen Wänden buttergelbes Licht strömte. Hinter uns schloss sich zischend die Tür, das Licht erlosch, und Dunkelheit umhüllte uns.
    »Ich habe zwar nicht das Gefühl, dass wir uns bewegen«, sagte ich, »aber ich bin ziemlich sicher, dass wir in einem Aufzug stehen, der uns einige Stockwerte tiefer bringt.«
    »Ja«, sagte Romanovich, »und außerdem vermute ich, dass wir von einem gewaltigen, mit schwerem Wasser gefüllten Reservoir umgeben sind.«
    »Tatsächlich? Darauf wäre ich nie gekommen!«
    »Das wundert mich nicht.«
    »Was ist schweres Wasser, Sir, einmal abgesehen davon, dass es offensichtlich schwerer als gewöhnliches Wasser sein dürfte?«
    »Schweres Wasser ist Wasser, dessen normale Wasserstoffatome durch das Isotop Deuterium ersetzt worden sind.«
    »Ach ja, natürlich. Hatte ich ganz vergessen. Die meisten Leute besorgen es sich im Einzelhandel, aber ich hole mir lieber den Tausendliterkanister im Großmarkt.«
    Zischend ging vor uns eine Tür auf, und wir traten in den in rotes Licht getauchten Vorraum.
    »Sir, wozu dient schweres Wasser?«
    »In erster Linie wird es als Moderator in Kernreaktoren eingesetzt, aber hier hat es wohl andere Zwecke. Unter anderem dürfte es als zusätzliche Abschirmung gegen kosmische Strahlung dienen, die Experimente im subatomaren Bereich beeinträchtigen könnte.«
    Wir ignorierten die namenlosen Edelstahltüren links und rechts und gingen geradeaus auf die Tür zu, in der die Worte PER OMNIA SAECULA SAECULORUM eingelassen waren.
    »Für alle Ewigkeit«, sagte Romanovich stirnrunzelnd. »Das gefällt mir gar nicht.«
    Aus irgendwelchen Gründen meldete sich wieder meine übertrieben optimistische Ader. »Aber das ist doch einfach ein Lob Gottes«, sagte ich. »Schließlich heißt es: Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit, Amen.«

    »Zweifellos war das Heinemans bewusste Absicht, als er diesen Spruch gewählt hat. Es ist jedoch zu vermuten, dass er damit unbewusst Stolz auf seine eigenen Leistungen ausgedrückt und angedeutet hat, seine hier vollbrachten Werke würden für alle Ewigkeit weiterbestehen, über das Ende der Zeit hinaus, wo nach der Schrift nur noch das Königreich Gottes Bestand hat.«
    »An diese Interpretation habe ich nicht gedacht, Sir.«
    »Das wundert mich nicht, Mr. Thomas. Diese Worte könnten auf einen Stolz hindeuten, der mehr ist als bloße Überheblichkeit – die Selbstverherrlichung von jemand, der kein Wort des Lobes oder der Zustimmung von anderen mehr braucht.«
    »Aber Bruder John ist doch kein egozentrischer Irrer, Sir!«
    »Ich habe nicht behauptet, er sei ein Irrer. Wahrscheinlich glaubt er sogar allen Ernstes, durch seine Arbeit würde er fromm und demütig versuchen, Gott zu finden.«
    Ohne jegliches Zischen glitt Für alle Ewigkeit beiseite, und wir traten in den runden Raum, in dessen Zentrum auf einem weinroten Perserteppich vier Ohrensessel standen, jeweils von einer Stehlampe begleitet. Momentan brannten drei dieser Lampen.
    Auf einem der drei beleuchteten Sessel erwartete uns Bruder John, gekleidet in seine Kutte. Die Kapuze hatte er sich vom Kopf geschoben.

50
    In dem gemütlichen, honigfarbenen Licht ließen Romanovich und ich uns auf den beiden Sesseln nieder, zu denen wir

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