Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz

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sie nicht zeigten, war von großer Bedeutung, das spürte ich. Leider wusste ich nicht den Grund dafür.
    Als Reaktion auf das Winken des Kuttenträgers wich ich zurück, worauf er sich mit plötzlicher Wildheit auf mich stürzte.
    Bevor ich den Arm heben konnte, um ihn abzuwehren, hatte er mich schon mit der rechten Hand an der Kehle gepackt und hob mich mit übermenschlicher Kraft in die Höhe.
    Der Arm von Gevatter Tod war so unnatürlich lang, dass ich weder nach ihm schlagen noch meine Finger in die vollkommene
Schwärze krallen konnte, die sich unter der Kapuze ausbreitete. Ich konnte mich nur an die Hand klammern, die mich packte, und versuchen, deren Finger aufzubiegen.
    Obwohl diese Hand nach Fleisch aussah und sich auch so anfühlte, konnte ich ihr kein Blut entlocken. Als meine Fingernägel über die bleiche Haut kratzten, hörte sich das an wie über eine Schiefertafel schabende Kreide.
    Gevatter Tod rammte mich an eine Säule. Mein Hinterkopf schlug auf den Stein auf, und einen Moment lang kam es mir vor, als hätte der Blizzard einen Weg in meinen Schädel gefunden. Fast hätte der weiße Wirbel hinter meinen Augen mich in einen ewigen Winter gerissen.
    Als ich wieder zu mir kam und wild um mich trat, landeten meine Füße völlig wirkungslos in den weichen Falten des schwarzen Gewandes. Falls überhaupt ein Körper darunter existierte, so hatte dieser offenbar nicht mehr Festigkeit als Treibsand.
    Ich rang nach Luft und spürte welche in die Lunge strömen. Das hieß, dass der Kuttenträger mich am Hals hielt, ohne mich zu würgen. Vielleicht wollte er dafür sorgen, dass an meiner Leiche später nur die tödlichen Spuren des Stricks sichtbar waren.
    Während er mich von der Säule wegzog, hob sich seine linke Hand und warf die Schlinge, die wie ein dunkler Rauchring auf mich zuschwebte. Ich drehte den Kopf weg. Der Strick traf mich im Gesicht und glitt in die Hand von Gevatter Tod zurück.
    Sobald es ihm gelungen war, mir die Schlinge um den Hals zu legen und festzuzurren, würde er mich aus dem Turm werfen. Dann konnte ich selbst die Glocken läuten, um meinen Tod zu verkünden.
    Ich hörte auf, an der Hand zu reißen, die mich fest gepackt hielt, und griff stattdessen nach der Schlinge, die er mir erneut umlegen wollte.
    Verzweifelt an dem Strick zerrend, starrte ich in die Leere
der Kapuze hinab. »Ich kenne dich, richtig?«, hörte ich mich krächzen.
    Diese Frage, die mir intuitiv entfahren war, wirkte wie ein Zauberspruch. In der Leere, wo ein Gesicht hätte sein sollen, begann sich etwas zu bilden.
    Gevatter Tod verlor den Kampf um die Schlinge.
    Ermutigt wiederholte ich mit größerer Bestimmtheit: »Ich kenne dich.«
    In der Kapuze nahmen die Umrisse eines Gesichts Gestalt an wie geschmolzener Kunststoff, der in eine Gussform lief.
    Noch mangelte es diesem Gesicht an Einzelheiten, um es wirklich erkennen zu können. Es schimmerte dunkel wie ein schwaches, bebendes Spiegelbild in einem nächtlichen Teich, dessen schwarzes Wasser in Mondlicht getaucht war.
    »Ja, ganz gewiss, ich kenne dich«, sagte ich, obwohl mir noch immer kein Name in den Sinn gekommen war.
    Mein erneutes Beharren beschwor deutlichere Züge in dem glänzenden schwärzlichen Gesicht vor mir herauf. Es war fast so, als hätten meine Worte ein Schuldgefühl hervorgerufen, das die Gestalt zwang, ihre Identität preiszugeben.
    Gevatter Tod wandte den Kopf ab. Er ließ mich fallen und warf dann auch das Henkerseil weg, das auf mich herabfiel, während ich auf dem Boden zusammenbrach.
    Mit einer geschmeidigen Bewegung sprang er zwischen zwei Säulen auf die Brüstung, hielt dort einen Moment inne und stürzte sich dann in den Schneesturm.
    Noch während er sprang, stemmte ich mich vom Boden hoch und beugte mich über die Brüstung.
    Sein Gewand breitete sich wie Flügel aus, während er vom Turm segelte und mit tänzerischer Anmut auf dem Kirchendach landete. Sogleich sprang er weiter auf das niedrigere Dach des Wohngebäudes zu.

    Obwohl er mir nicht wie ein Geist vorgekommen war, also nicht wie eine übernatürliche, sondern wie eine un natürliche Erscheinung, entmaterialisierte er sich durchaus wie ein Geist, wenn auch auf eine Art und Weise, wie ich es noch nie gesehen hatte.
    Mitten im Flug schien er zu zerspringen wie eine von der Schrotladung eines Sportschützen getroffene Tonscheibe. Unzählige Schneeflocken verknüpften sich mit unzähligen Fragmenten der Gestalt zu einem symmetrischen schwarz-weißen Muster. In der