Schattenpakt - Roland, L: Schattenpakt - Viper Moon (01 The Novel of the Earth Witches)
nah, aber wenn wir sie hören konnten, konnten sie das auch … oder uns auf jeden Fall riechen.
Wegen der ganzen Holzkisten, die zwischen uns und dem Geräusch aufgetürmt waren, konnten wir nichts sehen. Hohe, verdreckte Fenster in der Nähe des Daches ließen schwaches Licht in den Raum fallen. Die Kisten waren beschriftet; manche mit arabischen Schriftzeichen, andere mit lateinischen Buchstaben und Zahlen, die jedoch nichts über den Inhalt aussagten.
Flynn nickte, und ich folgte ihm, als wir uns langsam dem Geräusch näherten. Michael kam leise hinter uns her. Es dauerte nicht lange, bis wir herausfanden, woher die Geräusche kamen.
Zwei Bastinados saßen auf Plastikstühlen in der Nähe der Haupttür des Gebäudes. Beide hatten Stöpsel in den Ohren, die über Drähte mit etwas verbunden waren, was in ihren Taschen steckte. Der eine saß regungslos da, doch der andere wippte in einem Rhythmus auf seinem Stuhl hin und her, den nur er hören konnte. Beide hatten die Augen geschlossen.
Ich sah Flynn an, um ihm zu sagen, dass ich mir den einen vornehmen würde und er den anderen haben könnte, doch Flynn sah mich gar nicht an. Seine gesamte Aufmerksamkeit war auf den Inhalt einer Kiste gerichtet, deren Deckel abgenommen worden war. Auf Schaumstoffblöcken lagen mehrere Automatikgewehre. Flynn nahm eines vorsichtig hoch. Er sah es sich an und ließ den Blick dann über die anderen Kisten gleiten.
Ich tat das Gleiche, aber mein Blick blieb an acht eingeschweißten Paletten hängen, die an der Wand abgestellt waren. Ich schlich mich hin und schlitzte die Folie der einen Palette etwa dreißig Zentimeter weit auf. Darin befanden sich ziegelsteingroße Quader, die wie einzeln verpackte Töpfertonblöcke aussahen.
Flynn holte zischend Luft. Michael sah das Ganze nur mit grimmiger Miene an.
Es musste sich um C4 handeln. Ich war zwar keine Sprengstoffexpertin, doch ich wusste, dass C4 relativ ungefährlich war, weil es nur mit Zünder oder Sprengkapsel zur Explosion gebracht werden konnte. Flynn hatte gesagt, dass die Bastinados aus der Exeter Street Plastiksprengstoff gehabt hätten. Die Idioten hatten wahrscheinlich versucht, ihn zu benutzen, oder welchen vorbereitet, der sprengbereit gewesen und losgegangen war.
Überrascht beobachtete ich, dass Flynn sich zu Michael umdrehte.
Michael hatte seinen Bronzestab zurückgelassen. Er stand ganz entspannt mit hängenden Armen da.
»Gehört das Ihnen?« Flynn sprach ganz leise und bewegte fast lautlos die Lippen.
Michael schüttelte den Kopf. Ich glaubte ihm.
Flynn rückte ganz nah an mich heran und flüsterte mir ins Ohr. »Du nimmst den Rechten. Ich übernehme den Linken. Wahrscheinlich sollten wir hier drinnen lieber nicht schießen.«
Mein Herz machte einen kleinen Satz. Du nimmst den Rechten. Er erkannte meine Fähigkeiten als Kämpferin an. Bedeutete das etwa, dass er nicht allzu verärgert darüber war, dass ich ihn förmlich in die Hölle der Abwasserkanäle gestoßen hatte? Oder lag es daran, dass er hier wieder auf vertrautem Boden war und mit einer Situation konfrontiert wurde, die er einigermaßen einschätzen konnte?
Mit seiner Vorgabe, nicht zu schießen, stimmte ich überein. Wir hatten keine Ahnung, ob sich draußen noch mehr Männer befanden. Natürlich ging alles schief in dem Moment, als wir uns in Bewegung setzten. Mein Bastinado schaute auf, kurz bevor wir angreifen wollten. Als ich bei ihm ankam, war er bereits aufgesprungen. Ich hatte meine Hand schon zur Faust geballt, um ihm einen Kinnhaken zu verpassen, als ich in Gefahr geriet, gepfählt zu werden. Ein dreißig Zentimeter langes Messer war plötzlich in seiner Hand aufgetaucht.
Ich wich zurück, doch meine Füße erhielten die Nachricht nicht rechtzeitig. Ich landete auf dem Hintern und trat ihm die Beine weg, wodurch er auf mich stürzte. In dem folgenden Gewirr aus Armen und Beinen konzentrierte ich mich auf das Wesentliche. Wo zum Teufel war das Messer?
Ich sah es aus dem Augenwinkel, als es in einem Bogen auf mich zukam. Ich bekam das Handgelenk zu fassen, mit dem der Bastinado das Messer hielt. Ein überraschter Ausdruck huschte über sein Gesicht, als er merkte, wie stark ich war. Ich konnte sein Handgelenk festhalten, aber er hatte ja noch die zweite, freie Hand. Diese legte er mir um den Hals und bohrte seine Finger so kräftig in mein Fleisch, dass die Gefahr bestand, meine Luftröhre könnte dem Druck nicht standhalten. Jeder einzelne Finger presste sich in meinen Hals, und
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