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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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unter Drogen gehalten. Special K.«
    »Woher weißt du, was für eine Droge es war?«
    Sie schaute verlegen weg. »Ich hab’s schon vorher genommen. Auf einer Party.«
    »Was ist letzte Nacht passiert? Wie konntest du entkommen?«
    »Einer von ihnen – der andere – zerrte mich aus dem Wohnwagen und in den Kleinbus. Ich dachte, er würde mich umbringen und meine Leiche irgendwo abladen, und niemand würde mich je finden!«
    Sie hielt inne, holte zitternd Luft, rang um Fassung. Landry wartete.
    »Er ist nur rumgefahren. Ich weiß nicht, wie lange. Er hatte mir wieder K gespritzt. Ich war nicht ganz richtig da. Ich wartete nur darauf, dass der Wagen anhielt und wusste, dass der Typ mich dann töten würde.«
    »Du konntest nicht aus dem Fenster schauen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich lag auf dem Boden. Und dann hielten wir an, und ich hatte solche Angst! Er öffnete die Tür und zerrte mich raus. Mir war schwindelig. Ich konnte nicht stehen. Ich fiel auf den Boden, auf eine – eine – unbefestigte Straße. Und er ist einfach wieder eingestiegen und weggefahren.«
    An den Straßenrand geworfen wie ein Müllsack. Etwas, das sie benutzt hatten und nicht mehr brauchten. Trotzdem hat sie verdammtes Glück gehabt, dachte Landry.
    »Ich weiß nicht, wie lange ich da gelegen habe«, fuhr Erin fort. »Dann hab ich mich schließlich aufgerappelt und bin losgegangen. Ich konnte Lichter sehen. Eine Stadt. Ich bin einfach losgegangen.«
    Landry schwieg einen Moment und ließ Erins Geschichte auf sich einwirken. Er wälzte sie ein paar Mal im Kopf herum und kam auf weitere Fragen.
    Jade und Partner hatten sich also gesagt, dass sie kein Lösegeld bekommen würden. Sie hatten das Mädchen freigelassen, statt sich einen Mord an den Hals zu hängen. Nur, so wie Landry das sah, war Van Zandt Jades Komplize und stand bereits wegen eines Mordes im Scheinwerferlicht. Warum das Risiko eingehen, dass Erin Seabright sie identifizierte? Weil sie wussten, dass sie das nicht eindeutig konnte? Weil sie darauf geachtet hatten, keine greifbaren Beweise zurückzulassen, die sie mit Erin in Verbindung bringen konnten?
    Das blieb natürlich abzuwarten. Die Kleidung, die Erin getragen hatte, war im Labor, wurde unter Mikroskopen und Leuchtstofflampen genau untersucht, es wurden Abstriche genommen, Flecken analysiert und Fasern entfernt.
    Vielleicht gehörte es einfach zu ihrem Spiel, Erin gehen zu lassen. Lass das Opfer am Leben, mit dem Wissen, dass es seine Peiniger nicht verraten kann. Lass das Opfer leben, lass die Polizei mit ihren Schuldgefühlen leben, ohne die Möglichkeit, etwas zu beweisen. Machtspielchen.
    Das Problem an dieser Theorie war jedoch, dass Landry nicht daran dachte, irgendjemand mit irgendwas davonkommen zu lassen.
    »Haben sie je darüber gesprochen, warum sie dich ausgewählt haben, Erin?«
    Sie schüttelte den Kopf, den Blick auf Landrys Diktiergerät gerichtet, das mit laufender Kassette auf dem Nachttisch stand. »Ich war die meiste Zeit unter Drogen. Ich wusste, dass sie Geld wollten. Sie wussten, dass Bruce Geld hat.«
    »Haben sie ihn Bruce genannt?«
    Erin nickte, verstand aber offenbar die Bedeutung ihrer Bestätigung nicht.
    »Hast du ihnen seinen Namen genannt?«
    »Nein. Sie wussten ihn einfach.«
    Es kam Landry seltsam vor, dass die Täter Seabright beim Vornamen nannten. Vertraut. Wie einen Freund.
    »Wegen ihm hätte ich sterben können«, sagte Erin bitter. »Wie kann meine Mutter nur bei ihm bleiben? Sie ist so schwach.«
    »Die Menschen sind kompliziert«, meinte Landry, wusste nicht so recht, was er sonst sagen sollte.
    Erin schaute nur in ihren Schoß und schüttelte den Kopf.
    »Erin, wie viele Videoaufnahmen haben sie von dir gemacht, während du in dem Wohnwagen warst?«
    »Keine Ahnung. Drei oder vier. Es war so demütigend. Sie verlangten, dass ich bettelte. Sie haben mir Sachen angetan. Sie haben mich geschlagen.« Wieder begann sie zu weinen. »Es war entsetzlich.«
    Der Dreckskerl, dachte Landry. Drei oder vier Bänder. Seabright hatte ihnen nur eins gegeben, außer dem, das bei der Geldübergabe gefunden wurde.
    »Erin, haben die Männer dich zum Sex gezwungen?«
    Die Tränen liefen stärker. »Sie ha-haben mich unter Drogen gesetzt. Ich konnte nichts dagegen tun. Ich k-konnte sie nicht aufhalten. Ich k-konnte gar nichts tun.«
    »Wir werden uns sehr bemühen, jetzt etwas dagegen zu tun, Erin. Wir arbeiten zusammen – du und ich – und werden sie gemeinsam überführen.

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