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Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen

Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen

Titel: Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Jamade tat, als würde sie sich besorgt umblicken. Dieses Bauernmädchen hatte gute Sinne, wenn sie den Verfolger bemerkte. Es war Iwar, ihr alter Lehrmeister, das nahm Jamade jedenfalls an, denn der war schon den ganzen Tag in ihrer Nähe gewesen.
    » Ich sehe nichts«, sagte Sahif, und auch Jamade behauptete, nichts zu bemerken, und da die Köhlertochter sich nicht mehr sicher war, zogen sie weiter.
    » Diese Stille macht mich noch verrückt«, murmelte Ela Grams irgendwann.
    Es war wirklich nichts zu hören außer ihren vorsichtigen Schritten. Jamade erinnerte sich gut daran, dass sie genau das früher an diesem Ort so geschätzt hatte. In der Festung der Bruderschaft war immer eine gespannte Unruhe, und nie durften die Schüler sicher sein, wenigstens für eine Stunde ohne Aufgabe oder Herausforderung zu bleiben. Manchmal kamen die Meister in der Nacht, scheuchten ihre Schüler von ihrem Lager und unterzogen sie einer gefährlichen oder schmerzhaften Prüfung, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, dass sie vielleicht noch im Halbschlaf waren. Jamade erinnerte sich daran, wie sie einmal bei Nacht mit einem Sack über dem Kopf von einer Klippe geworfen worden war und fast ertrunken wäre.
    » Es geht darum, dass du auch in ausweglos scheinender Lage die Nerven behältst«, hatte Meister Iwar erklärt, als sie halb tot und Wasser kotzend vor ihm am Strand gekniet hatte. » Und es geht darum, dass du immer wachsam bist – selbst wenn du schläfst.«
    Da war es eine Befreiung gewesen, nach Du’umu zu kommen, denn hier durften die jungen Schatten nicht geprüft werden. Es war Teil einer Abmachung, die die Bruderschaft mit dem letzten Nekromanten der Stadt getroffen hatte. Natürlich hatten die Meister das niemandem erzählt, aber sie hatte es von ihm selbst erfahren, von dem, den sie Marghul Udaru, den Finsteren Geist nannten. Der Marghul hatte sie nicht getötet, als sie ihm eines Tages unvorsichtigerweise über den Weg gelaufen war. Und auch da hatte sie wieder mehr Glück als andere gehabt. Aus irgendeinem Grund schien er sie zu mögen. Sie ging davon aus, dass er sich deswegen auch an sie erinnerte – aber im Hinterkopf fragte sie sich jetzt, ob sie da nicht zu viel erwartete. Sie war vier Jahre nicht bei ihm gewesen.
    Sie gingen weiter, und allmählich wurden die Gebäude größer, prachtvoller und dadurch noch unwirklicher. Jamade erinnerte sich daran, dass sie sich damals auch gewundert hatte: Wäre nicht zu erwarten gewesen, dass sich Pflanzen in den Ruinen einnisteten oder Fledermäuse? Aber das war nicht geschehen. Die Straßen waren sauber, denn hier gab es auch keinen Wind, der Staub über die Stadt geweht hätte. Die beinahe unzerstörten Häuser wirkten, als seien ihre Bewohner gerade eben erst ausgezogen. Wer genauer hinsah, konnte dennoch die Spuren des Untergangs sehen: zerstörte Läden und Fenster hie und da, zerbrochene Gegenstände, die auf der Straße lagen, auch einmal ein Schwert oder eine Lanze, die so aussahen, als seien sie gerade erst dort hingelegt worden.
    » Man könnte meinen, hier habe jemand sehr gründlich aufgeräumt und dann noch die Straßen gefegt«, meinte Ela Grams.
    Jamade lächelte innerlich. So war es tatsächlich. Der Marghul liebte die Ordnung, und er hatte Sklaven, die in der Stadt für Ordnung sorgten. Das war auch der Grund, warum hier nirgendwo Leichen herumlagen. Jamade hoffte, dass sie diesen Sklaven nicht über den Weg laufen würden, nicht, bevor sie den Marghul vorgewarnt hatte. Und das musste sie bald tun.
    » Wir sollten in eines der Häuser und da aufs Dach gehen«, schlug sie vor. » Vielleicht sehen wir irgendwo Rauch oder etwas Ähnliches.«
    » Ja, wo Rauch ist, muss ein Feuer sein«, stimmte Sahif zu. Sie hatten einen kleinen Platz erreicht und entschieden sich für das größte aller angrenzenden Gebäude. Sahif öffnete die unverschlossene Tür. Drinnen war es noch stickiger als draußen, und auch innerhalb des Hauses hatte jemand für Ordnung gesorgt. Trotzdem atmete es für Jamade Vergänglichkeit und Tod. Es gab eine Treppe, der sie nach oben folgten, und sie führte tatsächlich bis zum flachen Dach des Gebäudes.
    » Wir hätten vielleicht doch ein anderes nehmen sollen«, meinte Ela Grams. » Da drüben werden sie ja immer größer.«
    » Diese Kuppeln, das muss ein Himmelstempel oder ein anderes wichtiges Gebäude sein, aber ich sehe nichts, was nach einer Festung aussieht.«
    » Da drüben – könnte das Rauch sein?«, fragte Ela Grams

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