Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
finden und töten, Schatten.«
Sahif starrte ihn verwirrt an. Der Krieger lachte, dann verzerrte sich seine Miene, und er starb. Wieder wischte Sahif seine Klinge an der Kleidung des Feindes ab, bevor er sie wegsteckte. Dann schloss er seinen Mantel wieder und blickte auf. Er sah Ela, in ihrem Mantel, beinahe unsichtbar vor dem bewölkten Himmel. Sie hatte zugesehen. Er konnte ihr Gesicht erkennen, geisterhaft und blass unter der magischen Kapuze. Abscheu und Grauen lagen in ihrem Blick.
» Komm jetzt«, sagte er rau. » Wir müssen weiter.«
Faran Ured eilte hinab zum Hafen. Der kurze Herbsttag ging bereits seinem Ende entgegen, und ein ungutes Gefühl trieb ihn an. War es die Sorge um Frau und Kinder, oder war es etwas anderes? Er wusste es nicht, und das beunruhigte ihn. Einmal hatte er wieder das Gefühl, verfolgt zu werden, doch als er sich umwandte, sah er nur das Gewimmel der Hafenarbeiter und Seeleute, die in die Schänken am Hafen zogen. Als er den Hafen endlich erreichte, gingen schon die Laternenanzünder durch die Straßen und über die Kais, und auch auf den Schiffen flammten Lichter auf. Ured sah sich nach einem geeigneten Schiff um. Die großen Frachtschiffe schieden ebenso aus wie die Kriegsgaleeren, denn es durften nicht zu viele Männer an Bord sein. Dann entdeckte er einen kleinen, wendigen Segler, wie sie für Kundschafter- und Kurierdienste verwendet wurden. Er fuhr gerade in den Hafen ein, und da Ured im Laufe seines über dreihundertjährigen Lebens auf so manchem Schiff die Meere befahren und einiges über Seefahrt gelernt hatte, erkannte er sofort, dass er für seine Zwecke bestens geeignet war. Es hatte nicht nur zwei dreieckige Segel, sondern auf dem einzigen Deck auch Vorrichtungen für ein Dutzend Ruderer, was es unabhängiger vom Wind machte. Vielleicht wurde es für Kundschafter- oder Depeschendienste eingesetzt.
Er folgte dem Schiff zu seinem Ankerplatz, hielt sich aber im Hintergrund und nahm zunächst die Mannschaft in Augenschein, die bunt zusammengewürfelt war. Offenbar war das Schiff leer gefahren, und wie es aussah, hatte auch niemand die Absicht, es sofort zu beladen. Dann sah Ured den Kapitän, einen lauten Mann, der einen formlosen Strohhut auf dem kantigen Schädel trug. Auch der gefiel ihm auf Anhieb, denn er schien wenig Wert auf äußere Form zu legen, woraus Ured, vielleicht etwas kühn, schloss, dass er es vielleicht auch in anderen Dingen nicht so genau nahm. Dann sah er den Namen des Schiffes: Sperber. Er lächelte, denn das erinnerte ihn an den Schatten, der ihm in Atgath von der Köhlertochter als Anuq, der Schwarze Sperber, vorgestellt worden war. Für ein Schiff fand er den Namen weit passender als für einen Mann. Seine Wahl war getroffen. Dieses Schiff würde ihn zu jener grünen Insel im Osten tragen, und er würde nicht lange mit dem Kapitän um den Preis feilschen.
Doch gerade als er sich entschloss, den Kapitän anzusprechen, wurde er selbst angesprochen. » Meister Ured?«, fragte eine Stimme.
Er drehte sich langsam um.
Ein unscheinbarer Mann in einem langen grauen Mantel mit einem ebenso demütigen wie falschen Lächeln stand dort und deutete eine Verbeugung an.
» Ihr müsst mich verwechseln«, sagte Ured lahm.
» Ich glaube nicht, Meister. Ich bin Xenib Ashaf. Bitte, macht mir die Freude, mich auf unser Schiff zu begleiten. Ihr werdet bereits erwartet.«
Erst jetzt bemerkte Ured die drei Männer, die ein paar Schritte entfernt warteten und offenbar Ashaf begleiteten. Es waren drei Südländer in ebensolchen grauen Mänteln, kräftig und mit den langen Dolchen bewaffnet, wie er sie oft in Oramar gesehen hatte. Er war einem von ihnen auf seinem Weg zum Hafen begegnet. Also hatte man ihn doch verfolgt. Wie blind er gewesen war!
» Und wenn ich keine Lust hätte, Euch zu begleiten? Ich kenne Euch nicht, Xenib Ashaf.«
» Es bleibt Euch unbenommen, denn wir haben nicht die Absicht, Euch zu zwingen. Doch soll ich Euch Grüße ausrichten.«
» Grüße?«, fragte Ured matt.
» Von Eurer Frau. Sie vermisst Euch. Vielleicht sogar noch mehr als mein Herr, doch im Gegensatz zu Eurer geliebten Iseme ist mein Herr hier in Felisan, und er erwartet Euch.«
Faran Ured erbleichte. Er blickte noch einmal hinüber zu dem Schiff, das auf ihn zu warten schien. Dann nickte er düster und folgte dem Mann. Der führte ihn zu einem Segler oramarischer Bauart, der am Kai festgemacht hatte. Ured überquerte den Steg auf das Schiff mit gemischten Gefühlen. Man hatte
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