Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
dass es schwierig war, dort hinaufzukommen, ja, es war vor allem unmöglich, unbemerkt den Hang zu überqueren. Und vielleicht warteten auch dort oben noch Krieger auf sie.
» Sie erwarten einen Schatten«, sagte Sahif, » und sie wissen, dass auch ein Schatten nicht fliegen kann.«
» Aber wir sind unsichtbar, wir können die Straße nehmen.«
Sahif schüttelte den Kopf. » Sie werden damit rechnen. Vielleicht haben sie dort Fallen aufgestellt. Aber da, einen halben Steinwurf oberhalb ihres Lagers, da kommen wir vielleicht vorbei, wenn wir vorsichtig sind. Wir sollten nur warten, bis der Mond sich hinter den Wolken verbirgt, die so schnell über diesen kalten Himmel ziehen, denn sonst können sie vielleicht sehen, wie wir uns durch diese Büsche dort bewegen.«
Also stiegen sie den Berg hinunter und umgingen das Geröllfeld, was sie bis hinab auf die Straße zwang. Dort warteten sie, bis eine Wolke Schatten auf das schmale Tal legte. Dann, kurz vor der Anhöhe, auf der ihre Feinde lauerten, schlugen sie sich wieder nach rechts in das Buschwerk. Ela achtete verzweifelt darauf, keinen Lärm zu machen, und auch Sahif setzte jeden Schritt bedächtig und bog die Zweige der Büsche äußerst behutsam zurück, und trotzdem fiel bei jeder Berührung Herbstlaub raschelnd zu Boden, so wie es auch unter ihren Füßen bei jedem Schritt leise raschelte. Ela bekam ein Gefühl der Beklemmung – das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Es roch nach schwarzem Pech in diesem Gebüsch, und so sollte es hier draußen nicht riechen. Zwanzig oder dreißig Schritte mussten sie durch das Buschwerk, danach würde es einfacher werden. Ela hoffte darauf, dass die Dunkelheit ihnen helfen würde, und blieb so dicht wie möglich hinter Sahif. Dann hörten sie plötzlich leise Rufe, und Fackelschein erschien über der Kuppe.
» Wieso tun sie das? Ich dachte, die wollen sich verstecken«, fragte Ela flüsternd, obwohl sie wusste, dass niemand außer Sahif sie hören konnte.
Sahif antwortete nicht. Einer der Bergkrieger tauchte mit einer Fackel in der Hand auf der kleinen Anhöhe auf und stieß einen Vogelruf aus. Irgendwo vom Berg wurde ihm geantwortet, erst einmal, dann zweimal und schließlich ein drittes Mal. Da waren also noch mehr Krieger am Hang über ihnen! Sahif war wie erstarrt. Ein zweiter Mann war neben dem Fackelträger aufgetaucht. Sein Gesicht war unter einer Kapuze verborgen, und er hielt einen gefiederten Stab in der Hand. Der Mann konnte sie unmöglich sehen, und dennoch hatte Ela das Gefühl, dass er sie direkt anstarrte.
Sie konnte den Blick nicht abwenden, sie fühlte sich wie gebannt und spürte, dass dieser Mann über große Macht verfügte. Der Damater stieß einen Befehl aus, und plötzlich flogen Fackeln vom Hang ins Buschwerk. Ela folgte den Fackeln mit den Augen. Eine schlug dicht vor ihnen auf, zwei andere flogen weit über ihre Köpfe hinweg. Das Laub war feucht, es würde nicht sehr gut brennen. Aber dann loderten Stichflammen auf, erst vor, dann hinter ihnen. Das Pech! Ihre Feinde hatten Erdpech unter den Büschen ausgegossen! Sie mussten zurück! Ela wollte zurück zur Straße rennen, obwohl sie jetzt sah, dass in dem schmalen Durchstich der Straße zwei Krieger auf sie warten würden, aber dann fühlte sie sich am Kragen gepackt.
» Nicht da lang!«, zischte Sahif und zog sie durch das Buschwerk den Hang hinauf. Vor ihnen brannte es, und Ela fragte sich, ob die Zaubermäntel Feuer vertragen würden.
» Lauf!«, herrschte Sahif sie an und rannte ihr mit langen Sprüngen durch den dichten Qualm und die Flammen voraus. Sie stolperte hinterher. Es donnerte, und Ela fühlte, wie der Boden unter ihren Füßen erzitterte. » Nach links, schnell doch«, rief Sahif. Sie konnte kaum noch etwas sehen, weil ihr der Qualm fürchterlich in den Augen brannte, aber sie folgte ihm, denn sie ahnte, was das Donnern und das Erzittern des Bodens zu bedeuten hatte. Diese Krieger waren auf dieselbe Idee verfallen wie Sahif einige Stunden zuvor: Sie wollten den Schatten unter einer Lawine begraben.
Ela sprang über einen lodernden Pechgraben und hielt erschrocken inne, weil dicht vor ihr ein Krieger aufgetaucht war. Sein Gesicht war mit einem Tuch verhüllt, wohl, um ihn vor dem Rauch zu schützen. Er bemerkte ihre Bewegung im Buschwerk und hieb mit einem langen Schwert nach ihr. Ela schrie auf und fuhr zurück, doch der brennende Pechgraben versperrte ihr den Fluchtweg. Brüllend überzog der Krieger das Buschwerk mit blinden
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