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Schattenreiter

Schattenreiter

Titel: Schattenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Nikolai
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warum du mich deiner Familie nicht vorstellen wolltest, stimmt’s? Sie würden mich hassen.«
    Rin kniete sich vor mich. »Nein, so ist es nicht. Sie sind gute Leute. Hevova mag dich. Und auch die anderen werden dir nichts tun«, versprach er. Zärtlich strich seine Hand über meine Wange. »Kronn hat ein kaltes Herz. Deswegen kann er nicht verstehen, was uns verbindet.«
    Obwohl wir der drohenden Gefahr gerade erst entkommen waren, sehnte ich mich beim Anblick seiner Lippen nach einem Kuss. Völlig gleich, wie unvernünftig das war. Ich hoffte, er würde seinen Mund leidenschaftlich auf meinen pressen, aber das tat er nicht. Sein Gesicht blieb ernst, und das machte mir Sorgen.
    »Ich werde niemals zulassen, dass dir etwas geschieht, Jorani. Doch in den nächsten Tagen kann ich nicht bei dir sein. Deswegen musst du besonders vorsichtig sein. Versprich mir, dass du auf dich aufpasst.«
    Ich war unfähig, etwas zu sagen. Die Tatsache, dasseinige Ti’tibrin die Menschen so sehr hassten, dass sie sogar Jagd auf sie machten, erschütterte mich noch immer.
    »Hast du verstanden, Jorani?«
    »Ja«, hauchte ich.
    »Gut«, sagte er und legte schützend die Arme um mich. Sein Kopf schmiegte sich an meinen. Ich merkte, dass seine Wange vor Aufregung glühte.
    Unwillkürlich fing ich an zu zittern.
    »Ganz ruhig«, flüsterte er mir ins Ohr. »Hier wird uns Kronn nicht finden. Er ist ein Narr, der noch vieles lernen muss.«

8. K APITEL
    I ch hatte eine sehr unruhige Nacht, mich plagten schlimme Alpträume, in denen Kentauren mit Pfeil und Bogen hinter mir herjagten und mich wie ein Tier erlegten. Sie fesselten mich an einen Marterpfahl und tanzten zum Rhythmus der Trommeln um mich herum. Schweißgebadet wachte ich auf und hatte Angst, wieder einzuschlafen.
    Schon um halb sechs ging ich in die Küche hinunter, um die Sandwiches, Bagel und Salate für den Verkauf vorzubereiten.
    Gegen sieben kam meine Tante herunter. »Du bist ja schon wach?«, fragte sie erstaunt. Ich zuckte nur mit den Schultern und bestrich eine Bagelhälfte mit Butter. »Ja, ich konnte einfach nicht mehr einschlafen.«
    »Das hat sicher mit diesem Jungen zu tun, für den du dich so interessierst.«
    »Kann schon sein.«
    Plötzlich knarrte die Treppe über uns und kündigte einen unverhofften Gast an, der augenscheinlich die Nacht hier verbracht hatte. Roger.
    »Guten Morgen, die Damen«, sagte er und küsste meine Tante auf den Mund.
    »Morgen, Darling.«
    Du meine Güte. Der alte Schwerenöter hatte nicht übertrieben. Er musste zu seiner Rock’n’Roll-Zeit tatsächlich ein Mädchenschwarm gewesen sein. Anders war es kaum möglich, meine Tante in dieser Rekordzeit zu erobern.
    Roger nahm sie zärtlich in den Arm, blickte über ihre Schulter und zwinkerte mir verschwörerisch zu.
    »Roger und ich sind uns gestern Abend ein bisschen nähergekommen«, erklärte meine Tante und kicherte wie ein junges Mädchen, das frisch verliebt war.
    »Ein bisschen ist gut«, erwiderte ich. Immerhin hatte Roger hier geschlafen. Ich verkniff mir ein Schmunzeln. Die beiden waren wirklich süß. Sie passten perfekt zusammen.
    »Willst du dir nicht ein paar Sandwiches für unterwegs machen?«, fragte Abigail und spielte auf meinen Campingausflug an, der heute losgehen sollte. Es war eine willkommene Abwechslung. Hoffentlich würde mich das auf andere Gedanken bringen.
    »Gladice kommt übrigens heute ins Café, um mir zu helfen. Sie ist ein Dickschädel. Ich sagte zu ihr, sie solle sich noch schonen, aber sie ist fest überzeugt, dass sie unsere Gäste auch mit links bedienen kann. Du kannst also ruhigen Gewissens in die Berge ziehen. Wir kommen hier gut zurecht. Genieße deine Ferien, dafür sind sie schließlich da.« Abigail grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, sie wäre mich gern für einige Tage los, um mit Roger allein zu sein.
    »Na schön, dann mache ich mir ein paar Snacks und packe anschließend meine Sachen.«
    Nachdem ich eine Lunchbox mit belegten Brötchen und Gemüse gefüllt hatte, ging ich auf mein Zimmer und stopfte Kulturbeutel, Handtücher, Anziehsachen und frische Unterwäsche in meinen Rucksack. Hoffentlich hatte ich nichts vergessen. Pway würde mich heute Mittag abholen, um mit mir in die Black Hills zu fahren. Dort sollte es richtige Campingplätze für Touristen – und natürlich auch Einheimische – geben.
    Als ich mich geduscht und zurechtgemacht hatte, kam Tante Abigail unerwartet in mein Zimmer.

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