Schattenreiter
geht es schon besser«, versicherte ich. Zumindest, was meinen Kreislauf anbetraf. Die anderen schienen nicht ganz so überzeugt wie ich.
»Ich kümmere mich um sie«, versicherte Pway, nahm mich zur Seite und lief mit mir ein Stück in den Wald. Die frische Luft kühlte mein erhitztes Gemüt ab. Meine Stirn, die eben noch geglüht hatte, wurde langsam wieder kalt. Das Fieber war weg.
Aber meine Beine waren noch schwach, so dass ich eine Pause einlegen musste. Vorsichtig setzte ich mich auf einen Baumstumpf. Allmählich ging es meinem Magen besser. Er rumorte zwar leise, aber das Gefühl, sich noch einmal übergeben zu müssen, war verschwunden.
Pway hockte sich vor mich. Behutsam legte er mir eine Hand aufs Knie. Dieses Mal wehrte ich ihn nicht ab. Im Gegenteil. Ich war dankbar, dass er bei mir war, sich um mich kümmerte. Auch wenn er mir nicht wirklich helfen konnte. Ich versuchte, mich zu beruhigen. So einen intensiven Traum hatte ich noch nie gehabt. Er war so greifbar gewesen.
»Wir machen uns große Sorgen, Jorani«, gestand er. »Wir denken alle drei, es wäre das Beste, wenn wir dich ins Krankenhaus bringen.«
»Was?«
»Sieh mal, die haben viele Möglichkeiten und …«
»Nein, ich … ich gehe nicht ins Krankenhaus. Mir geht’s schon viel besser.« Ich fasste meine Stirn an, die wieder kühl war. »Überzeug dich selbst«, sagte ich. Pway tat es und nickte. »Fühlt sich tatsächlich besser an. Trotzdem. Du wirkst nicht gerade so, als könntest du Bäume ausreißen.«
Er hatte ja recht. Und ich konnte seine und die Sorge der anderen sehr wohl verstehen. Trotzdem wollte ich unter keinen Umständen ins Krankenhaus. Ich ahnte, dass mich die Ärzte gleich dort behalten würden, und das wollte ich auf keinen Fall.
»Ich möchte einfach nur nach Calmwood«, sagte ich ruhig.
»Okay. Ich fahr dich zum Desert Spring.«
Ich war erleichtert, dass Pway so schnell aufgab. Wahrscheinlich war er selbst unsicher, was das Richtige war.
Wir gingen zurück zu den Zelten. Ich nahm meinen Rucksack und stieg in Pways Wagen. Jack und Ira schauten durch das offene Fenster zu mir herein.
»Du machst ja vielleicht Sachen. Gute Besserung, Süße«, wünschte mir Ira.
Dann startete Pway den Motor und fuhr los. Wir nahmen den breiten Waldweg, der für Fahrzeuge vorgesehen war. Der frische Wind, der zu uns hereinwehte, tat mir gut. Ich atmete tief durch, versuchte, mein Herz und meinen Kreislauf zu beruhigen. Aber den Traum konnte ich nicht vergessen. Er war so echt gewesen, dass ich selbst jetzt noch eine Gänsehaut bekam.
»Soll ich Musik anmachen?«
»Ja, bitte.«
Ich merkte, wie umsichtig er das Auto lenkte, damit mir nicht übel wurde. Er verzichtete auf abruptes Bremsen und fuhr in einer angenehmen Geschwindigkeit, die meinen Magen schonte.
Als wir das Ortsschild von Calmwood endlich passierten, atmete nicht nur ich, sondern auch Pway erleichtert auf.
»Vielen Dank, du hast was gut bei mir«, sagte ich, nachdem er den Wagen vor dem Café geparkt hatte.
»Nein, nicht dafür.«
Ich schnallte mich ab und stieg aus. Vorsichtig schlug ich die Wagentür zu und schaute durch das offene Fenster zu ihm hinein. »Und was machst du jetzt? Fährst du wieder zurück?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich denke schon.«
»Tut mir wirklich leid, dass ich euch den Spaß verdorben habe.«
»Hast du nicht. Außerdem kannst du doch nichts dafür. Leg dich am besten gleich hin. Und gute Besserung.«
»Danke. Mach ich.«
Tante Abigail erschrak, dass ich schon wieder zurückwar. Natürlich fiel ihr auf, wie blass ich war. Rasch machte sie mir einen Kamillentee und schickte mich sofort ins Bett. Ich war dankbar für ihre Fürsorge. Auch Pway hatte sich erstklassig verhalten. Ich bekam sogar ein schlechtes Gewissen, weil ich zuvor nicht unbedingt positiv von ihm gedacht hatte.
Jetzt, da ich wieder in meinem Bett lag, ging es mir schon viel besser.
»Was ist denn nur passiert?«, fragte Tante Abigail besorgt und stellte den Tee auf dem kleinen Tischchen neben dem Bett ab.
»Der Fisch war schuld«, vermutete ich, ohne einen echten Beweis dafür zu haben. Schließlich hatten die anderen ja auch Fisch gegessen.
»Mein armes Mäuschen. Kann ich irgendwas für dich tun?«
»Im Moment nicht. Danke.« Sie war so lieb zu mir.
»Wenn etwas ist, ruf mich sofort!«
»Natürlich.«
Sie verließ mein Zimmer, und ich schlief erstaunlich schnell ein. Mein Schlaf blieb unruhig. Immer wieder wachte ich auf, schreckte aus einem Traum,
Weitere Kostenlose Bücher