Schattenreiter
und legte sich schwer atmend neben mich. Seine Hand tastete nach meiner, und als er sie fand, griff er nach ihr und hielt sie fest.
Wir waren viel zu erledigt, um etwas zu sagen, und dennoch wusste ich, er fühlte, was ich fühlte. Eine ganze Weile lagen wir reglos und schweigend da.
»Ich habe dich gehört«, durchbrach ich schließlich die angenehme Stille.
»Ich weiß. Ich habe dich auch gehört.«
Er legte die Hand auf meine Brust, wie er es schon einmal getan hatte. Ich verstand, was er mir sagen wollte. Esgab diese Verbindung. Ich hatte sie mir nicht eingebildet. Das machte mich ungemein glücklich, doch ich war auch sehr ermattet. Der Sex mit ihm war aufregend, aber ebenso anstrengend. Ich würde unsere gemeinsamen Nächte und seine Leidenschaft sehr vermissen. Aber nach allem, was Roy mir anvertraut hatte, war es für uns beide vielleicht das Beste, wenn wir uns nicht mehr sahen und ich in Berlin blieb.
Rin drehte plötzlich mein Gesicht in seine Richtung und schüttelte den Kopf. Ich war nicht sicher, ob er meine Gedanken erraten hatte, aber sein Blick verriet, was er dachte: dass er nicht mehr ohne mich sein wollte. Ich lächelte ihn glücklich an und strich ihm die dunklen Haare aus der Stirn.
Die Müdigkeit kehrte zurück. Und das in solchem Ausmaß, dass mir die Augen in immer kürzeren Abständen zufielen. Ich blickte in sein schönes Gesicht und prägte mir jede Einzelheit ein. Seine fantastischen schwarzen Augen, die hohen Wangenknochen, die seidige Haut und das wunderschöne Lächeln. Das war das Letzte, was ich sah, bevor ich einschlief. Zwar hatte ich trotz allem keine besonders ruhige Nacht, aber als ich am nächsten Morgen die Augen wieder aufschlug, fühlte ich mich ausgeruht und voller Tatendrang. Ich musste zum Desert Spring zurück. Abigail machte sich bestimmt große Sorgen. Ich wollte sie nicht länger im Unklaren lassen.
Rin war neben mir eingeschlafen und hielt mich in seinen Armen. Ich hörte sein leises Atmen, das gleichmäßig und doch so kraftvoll klang. Ich genoss es, ihm zu lauschen, und verharrte für eine Weile, ehe ich mich vorsichtig aus seiner Umarmung löste. Leise schlich ich mich in die Küche, um Wasser aufzusetzen. Mit zwei dampfenden Teetassen kehrte ich zu Rin zurück. Er hatte inzwischen seine Position gewechselt und lag quer über dem Bett. Die Decke hing halb auf dem Boden, und der winzige Rest, der ihn noch bedeckte, drohte gerade runterzurutschen. Ich hatte freien Blick auf seinen makellosen Körper. Er war hinreißend schön, und ich verspürte den Drang, ihn zu berühren.
Vorsichtig stellte ich die Tassen auf dem Tisch ab und streichelte zärtlich Rins kräftigen Rücken. Ein leises Brummen drang aus seiner Kehle. Es klang animalisch.
»Rin?«, flüsterte ich. Er brummte noch einmal. »Rin, wach auf.«
Er rollte sich auf die andere Seite und verbarg sein Gesicht in seinen Armen.
»Du bist ein Morgenmuffel«, stellte ich überrascht fest und musste lachen. Dann griff ich nach seiner Teetasse und hielt sie ihm unter die Nase. Der Duft von frischem Ingwertee erfüllte den Raum.
»Mmmh.« Schlaftrunken hob er den Kopf.
»Der ist für dich.« Ich reichte ihm die Tasse.
Rin setzte sich mühselig auf und fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, mit der anderen nahm er die Tasse und trank einen Schluck.
»Vorsicht, der ist noch heiß.«
»Ich weiß. Wie spät ist es?«
»Später, als du glaubst. Schon elf.«
Er hielt in seiner Bewegung inne. »Ich muss ja wie ein Toter geschlafen haben.«
Ich lehnte mich an ihn. »Das kann ich nicht bestätigen.«
»Nicht?«
Ich schüttelte lachend den Kopf. »Du hast nämlich geschnarcht. Und soweit ich weiß, schnarchen Tote nicht.«
»Was? Das … kann gar nicht sein.«
»Oh doch. Ich bin einige Male wach geworden und habe es ganz deutlich gehört.«
Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, bemerkte ich eine leichte Rötung seiner Wangen. Es stand ihm, ließ es doch sein gleichmäßig gebräuntes Gesicht noch mehr strahlen, als es das ohnehin schon tat.
»Ich muss zu meiner Tante und außerdem meine Sachen packen.«
Schwermut befiel mich. Die Vorstellung, bereits am nächsten Tag um diese Zeit im Flugzeug nach Berlin zu sitzen, setzte mir sehr zu. Die meiste Zeit gelang es mir recht gut, diese Tatsache zu verdrängen. Doch nun wurde es mir immer bewusster.
Rin stellte seine Tasse ab und umarmte mich. Es schien, als wollte er mich festhalten, mich nie mehr hergeben. Aber das war unmöglich. »Wieso verrinnt
Weitere Kostenlose Bücher