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Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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gestochen scharfen Computerausdruck aus der Hand und warf einen kurzen Blick darauf, bevor er ihn weiter reichte.
    Verhoeven betrachtete das Gesicht, das der Zeichner nach Britta Karlstadts Angaben von Hand skizziert hatte. In der Tat eine außergewöhnliche Frau, dachte er, auch wenn er auf den ersten Blick kein äußerliches Merkmal erkennen konnte, das diesen Eindruck gerechtfertigt hatte. Im Gegenteil: Mund, Nase, Wangenpartie, Stirn – alles im Normbereich. Nicht hübsch, nicht hässlich. Und dennoch ... Da war etwas in ihren Augen. Etwas, das sie heraushob aus der Masse der so genannten normalen Menschen. Eine Art von Blick, die besonders war. Und er wunderte sich, dass es Britta Karlstadt ganz offenbar gelungen war, dem Zeichner zu vermitteln, was sie über den rein visuellen Eindruck hinaus wahrgenommen hatte. »Wie alt wird die Frau sein?«
    »Um die siebzig, würde ich sagen«, mutmaßte Hinnrichs, der über Verhoevens Schulter geschaut hatte.
    Sie hatte irgendwas Zeitloses , hörte Verhoeven Britta Karlstadt sagen. Vielleicht hatte sie Alzheimer ...
    »Ich will ein Team von Spezialisten an dieser Sache dran haben«, rief Goldstein, und Verhoeven ertappte sich dabei, wie er das Gesicht des Unterhändlers nach Spuren eines Rückfalls absuchte. Er ist seit Jahren bei den Anonymen Alkoholikern gewesen, aber leider geht er seit ein paar Monaten nicht mehr hin. »Sie sollen sich die Sparkassenkundinnen im passenden Alter vornehmen.« Er stutzte und sah Verhoeven an. »Sie haben doch gesagt, dass die Frau nach diesem Vorfall nie wieder in der Filiale gesehen wurde, oder?«
    »Nicht von unserer Zeugin.«
    »Aber die ist kurz danach in Mutterschaft gegangen, ja?«
    »Ihr Sohn wurde Anfang Dezember geboren«, stimmte Verhoeven ihm zu.
    »Dann ist sie entweder neu in diese Gegend gezogen«, schloss Goldstein, »oder ...«
    »Oder sie hat ihr Geld tatsächlich nur dieses eine Mal dort geholt«, beendete Hinnrichs den Satz für den Unterhändler.
    »Wenn sie in der Filiale tatsächlich jemanden gesehen hätte, der ihr aus irgendeinem Grund Angst macht ...« Verhoeven zögerte. »Dann ist es doch nur logisch, dass sie nicht wiederkommt, auch wenn sie vielleicht in der Gegend wohnt.«
    Es klang eher bestürzt, verstehen Sie? Als ob sie sich erschreckt hätte ...
    »Stimmt«, pflichtete Monika Zierau ihm bei. »Dann würde sie aller Voraussicht nach vermeiden, ihre Bankgeschäfte weiterhin in dieser Filiale abzuwickeln.«
    »Das wird trotzdem bodenlos«, murrte Goldstein. »Die Kollegen sollen in den Datenbanken der Sparkasse gezielt nach Frauen suchen, die zwischen fünfundsechzig und fünfundsiebzig Jahre alt sind, und das Ganze so sortieren, dass diejenigen Kundinnen zuoberst auf unsere Liste kommen, deren Wohnung in unmittelbarer Nähe der Filiale liegt. Entfernung aufsteigend. Und bevorzugen Sie Frauen, die erst irgendwann im vergangenen Jahr zugezogen sind.«
    Luttmann machte ein zweifelndes Gesicht, aber er griff zum Telefon.
    »Ich denke, wir sollten den Altersrahmen nach unten erweitern«, sagte Verhoeven.
    Goldstein hob den Blick. »Warum?«
    Verhoeven sah das Phantombild der Unbekannten an, das noch immer vor ihm auf dem Tisch lag. Direkt davor der Wecker, auf dem die Zeit, die ihnen bis zur nächsten, entscheidenden Kontaktaufnahme mit Teja noch blieb, gnadenlos rückwärts lief. »Ich weiß nicht«, gab er offen zu. »Es ist einfach so ein Gefühl.«
    Neben ihm zog Hinnrichs eine seiner schön geschwungenen Augenbrauen hoch.
    »Gefühl, hm?« Goldstein kratzte sich am Kinn. »Aber Ihnen ist schon klar, dass wir auch so schon mehr Treffer kriegen, als wir überblicken können.«
    Verhoeven straffte die Schultern. »Und wenn wir die Ergebnislisten filtern würden?«, schlug er vor. »Zugegeben, es ist ein Schuss ins Blaue, aber was, wenn wir gezielt nach einer Frau suchen würden, die ... sagen wir: in der ehemaligen DDR geboren wurde oder längere Zeit dort gelebt hat?«
    Goldstein antwortete nicht, sondern drehte sich zu Luttmann um, der noch immer am Telefon hing. »Was ist mit der Birthler-Behörde? Hast du da irgendwas herausgekriegt?«
    »Wir haben angefragt und die Sache so dringend wie nur irgend möglich gemacht«, antwortete der junge Kriminaltechniker, indem er das Handy ein Stück von sich weg hielt. »Aber da wir denen nicht den leisesten Hinweis geben können, wo und in welchem Zeitraum sie suchen sollen ...« Er ließ den Satz offen und sah Goldstein an.
    »Halt mich auf dem Laufenden«,

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