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Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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kleine Ewigkeit, bis sie zurückkehrte, weshalb sie diese Termine in aller Regel auf einen der Nachmittage legte, an denen er dienstfrei hatte. »Angenommen, Winnie wäre gegen Viertel nach drei gegangen«, überlegte er laut.
    Hinnrichs nickte. »Laut Werneuchen kommt das ungefähr hin.«
    »Dann kann ihr Termin eigentlich frühestens um halb vier gewesen sein«, fuhr Verhoeven fort. »Und eine Stunde hat die Sache vermutlich mindestens gedauert.«
    »Bleiben rund fünfundzwanzig Minuten bis zu dem Augenblick, in dem sie unsere Filiale betreten hat«, ergänzte Hinnrichs, indem er seine Brille zurechtrückte. »Und das wiederum bedeutet, dass sie auf keinen Fall vorher zu Hause gewesen sein kann.«
    Verhoeven sah seinen Vorgesetzten an. »Also hat sie ihren Dienstausweis bei sich.«
    »Nicht unbedingt«, widersprach ihm Monika Zierau. »Sie könnte ihre Papiere theoretisch auch im Auto gelassen haben, als sie in die Sparkasse gegangen ist. Viele Leute nehmen nur das Nötigste mit, wenn sie wissen, dass sie in ein paar Minuten wieder zurück sind.«
    »Haben Sie eine Aufstellung der Fahrzeuge, die zum Zeitpunkt des Überfalls in der Nähe der Filiale geparkt waren?«, wandte sich Hinnrichs an Luttmann.
    Doch der Beamte, der auf den Anruf von Quentin Jahns Angestellter hingewiesen hatte, kam dem jungen Techniker zuvor: »Was die Hohenzollernstraße betrifft, ja«, sagte er. »Nach was für einem Wagen suchen Sie?«
    »Nach einem Polo«, antwortete Verhoeven für seinen Vorgesetzten, dessen Miene grimmige Ahnungslosigkeit spiegelte. »Schwarz mit dunkelgrauen Sitzen und einem Clownsfisch am Rückspiegel.« Er nannte auch das Kennzeichen, und der Beamte überflog seine Liste.
    »Nein«, entgegnete er mit einem bedauernden Kopfschütteln. »Kein Polo. Aber ich gebe den Kollegen vor Ort Bescheid, dass sie nach dem Fahrzeug suchen.«
    »Wahrscheinlich wissen diese Scheißkerle ohnehin längst, mit wem sie es zu tun haben«, knurrte Hinnrichs.
    »Oder es ist ihr gelungen, den Ausweis verschwinden zu lassen«, widersprach Verhoeven, indem er sich den Blumenkübel in Erinnerung rief, unter den seine Partnerin ihr Handy geschleudert hatte. Umsichtig genug war sie auf alle Fälle ...
    Sein Vorgesetzter sagte nichts, sondern tastete nur blind nach seinen Zigaretten. Als er sich dessen bewusst wurde, zog er eilig die Hand zurück.
    »Ach du Scheiße, was hat der denn hier verloren?«, entfuhr es Monika Zierau wenig damenhaft, als die Tür der Einsatzzentrale erneut geöffnet wurde und Jens Büttner hereinkam. Er hatte seine Fliegerjacke gegen ein dunkles Sakko getauscht und ließ die überraschten Blicke der Anwesenden an sich abprallen wie einen Schwarm lästiger Insekten.
    »Nach allem, was ich gehört habe, liegt die Gesamtleitung der Operation bei Werner Brennicke«, flüsterte Hinnrichs mit betont wertfreier Miene.
    Monika Zierau starrte ihn an. »Das ist doch wohl hoffentlich nicht Ihr Ernst, oder?«
    »Ich fürchte doch.«
    Die Kohleaugen der Psychologin wandten sich Luttmann zu. »Weiß Richard das schon?«
    »Nicht von mir«, entgegnete der junge Kriminaltechniker lapidar.
    »Na dann ...« Monika Zierau zog ihre sorgfältig in Form gezupften Augenbrauen hoch. »Auf gute Zusammenarbeit!«
     
     
     

13
     
    Inger Lieson drosselte das Tempo ihres Audi S 5 Coupés und blickte zum wiederholten Mal in den Rückspiegel, doch sie konnte nichts entdecken, was das Gefühl der Bedrohung gerechtfertigt hätte, das sie seit geraumer Zeit empfand. Der Wagen, der unmittelbar hinter ihr gewesen war, hatte sich eingeordnet, um an der nächsten Kreuzung nach links abzubiegen. Außerdem erkannte sie jetzt, da er näher herankam, dass eine Frau am Steuer des silbernen Opel Zafira saß. Eine blasse Blondine mit Schildpattbrille und schulterlangem Haar.
    Dem Opel folgte ein Motorrad. Dahinter erst einmal eine ganze Weile lang gar nichts und schließlich ein hellblauer Kleinwagen, der verdächtig nach Studentin oder Hausfrau aussah. Also beim besten Willen nichts, das Anlass zur Beunruhigung geboten hätte.
    Doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund fühlte Inger Lieson sich nicht beruhigt.
    Eher im Gegenteil.
    Sie gab wieder ein wenig mehr Gas, bis der Tacho exakt fünfzig Stundenkilometer anzeigte. Trotz der 354 PS, über die dieses Kraftpaket von einem Auto verfügte, hielt Inger sich immer und überall penibel an die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Sie beachtete 30er-Zonen und Spielstraßen und achtete darauf, dass die Räder ihres Wagens

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