Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
Vom Netzwerk:
die Identität der Geiseln darf nicht das Geringste bekannt werden.«
    »In diesem Fall könnte es aber eine ganze Weile dauern, bis wir klarsehen«, seufzte der untersetzte Background-Koordinator, der nicht überzeugt schien.
    »Ich glaube, es gibt noch eine andere Möglichkeit«, rief Luttmann, der eine Idee zu haben schien. Er tippte ein paar kurze Zeitangaben in die Tastatur seines Laptops, woraufhin eine der Bildfolgen aus den Überwachungskameras auf dem Monitor erschien. »Okay, also unser Unbekannter hat die Filiale dreieinhalb Minuten vor dem Überfall durch den Vordereingang betreten und ist von dort geradewegs auf diesen Münzzählautomaten zu«, kommentierte der junge Softwarespezialist, was er auf seinem Bildschirm sah. »Er knöpft sich die Jacke auf, kippt die Münzen aus seiner Plastiktüte in die dafür vorgesehene Auffangschale, stopft die leere Tüte in den Mülleimer neben dem Automaten und dann ...« Er stoppte die Aufzeichnung und beugte sich vor. »Ja genau, hier: Jetzt greift er in die Brusttasche seines Anoraks und zieht seine EC-Karte raus.«
    »Dann müssen wir also nur noch herausfinden, wem das Konto gehört, auf das der letzte Transfer dieses Münzdingens gegangen ist«, schloss Goldstein zufrieden. »Oder steckt die verdammte Karte etwa noch drin?«
    Der Gesichtsausdruck des jungen Technikers zeigte deutlich, dass er die Unterstellung eines so gravierenden Versäumnisses als persönliche Beleidigung empfand. »Natürlich nicht«, entgegnete er würdevoll.
    »Hatte ich auch keine Sekunde angenommen«, bekannte Goldstein mit einem versöhnlichen Augenzwinkern. Dann sah er wieder die Fotos der Geiseln an, die noch immer an der Magnettafel hingen. »Einer der verschleppten Bankangestellten ist zugleich auch der stellvertretende Filialleiter, nicht wahr?«
    »Horst Abresch«, bestätigte Monika Zierau. »Dreiundsechzig Jahre alt, unverheiratet und kinderlos. Gerüchte besagen, er sei homosexuell. Aber das sind natürlich noch gänzlich ungesicherte Informationen.« Sie strich sich eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn und wandte sich dann wieder ihren Faxen zu. Auf dem Tisch vor ihr lagen DIN-A4-Bögen mit den Fotos der Geiseln und ersten Angaben über deren Lebensumstände, Kopien von Personalausweisen und anderen offiziellen Dokumenten, und nahezu minütlich kamen neue Informationen hinzu.
    »Und wer hat das Sagen in dem Laden?«, fragte Goldstein, indem er seine Zigarette am Rand von Luttmanns Coladose ausdrückte. »Ich meine, wenn es einen stellvertretenden Filialleiter gibt, dann gibt es doch auch einen Filialleiter, oder nicht?«
    »Den gibt’s«, nickte der dunkelhaarige Beamte an der hinteren Wand. »Sein Name ist Walther Lieson. Er war zunächst eine Weile in leitender Position in der Hauptsparkasse tätig, bevor man ihm 2001 die Leitung der Filiale in der Hohenzollernstraße antrug.«
    »Und wo war er zum Zeitpunkt des Überfalls? Schon zu Hause?«
    »Nein, auf Dienstreise in Genf.«
    »Na, wenn das kein Dusel ist!«
    »Und denkbar knapp obendrein«, ergänzte Luttmann mit einem süffisanten Lächeln, das nicht so recht zu seinen jungenhaften Zügen passen wollte. »Lieson hat die Filiale erst wenige Stunden vor dem Überfall verlassen. Und zwar hat er ...« Seine Augen suchten kurz den Monitor seines Laptops. »Er hat den Linienflug um 13 Uhr 20 genommen. Die Maschine ist pünktlich um 14 Uhr 25 in Genf gelandet. Ach ja, und die Reise war nicht geplant, sondern hat sich erst um die Mittagszeit ergeben.«
    Goldstein schnalzte mit der Zunge. »Wo ist der Mann jetzt?«
    »Laut Auskunft des Hauptgeschäftsstellenleiters wurde er inzwischen über die Geiselnahme informiert und befindet sich bereits auf der Rückreise.«
    »Gut.« Goldstein nickte. »Ich möchte ihn so schnell wie möglich sprechen.«
    »Wozu denn?«, fragte Büttner, der in den letzten Minuten immer wieder entnervt auf die Uhr geblickt hatte. Vielleicht wartete er sehnsüchtig darauf, dass sein Boss zurückkehrte, um das Ruder an sich zu reißen. Oder aber er fürchtete, dass die gesamte mediale Aufmerksamkeit Werner Brennicke zuteil werden und er selbst – trotz seiner telegenen Top-Gun-Optik – leer ausgehen würde. »Wir haben doch gerade gehört, dass er gar nicht dort war.«
    Goldstein bedachte Brennickes Adlatus mit einem nachsichtigen Lächeln. »Wenn Sie erlauben, würde ich ihn trotzdem gern sprechen. Also seien Sie so gut und schaffen Sie mir den Mann hierher oder zumindest ans Telefon. Wie Sie das

Weitere Kostenlose Bücher