Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
Vom Netzwerk:
Untersuchung routinemäßig ihre letzten Anrufe gecheckt. Und dabei haben sie herausgefunden, dass sie, kurz bevor du sie angerufen hast, mit Lübke telefoniert hat. Und zwar geschlagene siebeneinhalb Minuten lang!«
    »Siebeneinhalb Minuten klingt definitiv privat«, sagte Verhoeven und zog sein Handy heraus. »Dann wollen wir mal hoffen, dass Lübke inzwischen aufgetaucht ist. Aber so, wie diese Sache auf dem Kochbrunnenplatz in den Medien hochgespielt wird ...« Er ließ den Satz offen und tippte stattdessen die Kurzwahl 33, unter der er die Nummer des obersten Spurensicherers gespeichert hatte.
    Doch bevor er auf die Taste mit dem grünen Hörer drücken konnte, flog hinter ihnen die Tür der Einsatzzentrale auf und Hinnrichs stürzte heraus.
    »Verhoeven«, rief er, und sein normalerweise chronisch blasses Dressmengesicht war gerötet vor Aufregung. »Kommen Sie schnell! Wir haben einen Kontakt!«
     
     
     

8
     
    Sie aßen schweigend.
    Ungetoastetes Toastbrot. Dazu Salami. Jeder ein Stück, reihum abgebissen. Unhygienisch, zugegeben, aber unter den gegebenen Umständen nicht zu ändern. Lediglich Jussuf Mousa schüttelte ablehnend, fast angeekelt den Kopf, als die Reihe an ihn kam. Ob er aus religiösen Gründen verzichtete oder ganz einfach keinen Appetit hatte, wagte niemand zu fragen.
    Zum Abschluss der kargen Mahlzeit verteilte Jenna Cracker. Drei für jeden von ihnen, den Inhalt einer Schachtel. Die übrigen Päckchen hatte Evelyn entlang der hinteren Grubenwand aufgereiht. Quentin Jahn hatte jedem seiner Mitgefangenen eine Flasche Mineralwasser in die Hand gedrückt. Eins Komma fünf Liter pro Person, ein einigermaßen komfortabler Vorrat, wenn man ihn sich vernünftig einteilte. Das fand zumindest Winnie Heller, die ohnehin keine Vieltrinkerin war und Wasser grundsätzlich am liebsten zum Blumengießen verwendete.
    Die restlichen vier Flaschen, die den Aufprall auf dem Grubenboden unbeschadet überstanden hatten, standen unter der Eisentreppe. Quentin hatte das Plastik, in dem sie eingeschweißt waren, nicht vollständig entfernt, vielleicht, damit sich niemand unbemerkt bedienen konnte.
    Nach dem Essen übernahm es Winnie Heller, den Toiletteneimer in der entgegengesetzten Ecke der Grube zu postieren, dort, wo am wenigsten Licht hinfiel. Sie drückte den dunkelblauen Plastikboden tief in den lockeren Schutt und tat anschließend so, als ob sie den Eimer benutzen müsse, um endlich gefahrlos erledigen zu können, was ihr seit dem Beginn der Geiselnahme unter den Nägeln brannte: Halb abgewandt von den anderen zog sie ihr Portemonnaie aus der Hosentasche und nahm ihren Dienstausweis heraus. Seltsamerweise widerstrebte es ihr zutiefst, sich davon zu trennen, obwohl sie sich der Gefahr, die von dem Dokument ausging, sehr wohl bewusst war. Trotzdem kam es ihr vor, als ob sie mit dem Ausweis auch ein Stück ihrer Identität preisgäbe. Einen Teil von sich selbst, vielleicht den wichtigsten überhaupt.
    Sie atmete tief durch und vergewisserte sich mit einem raschen Seitenblick, dass ihre Mitgefangenen taktvoll zur Seite schauten. Dann schob sie den Ausweis in eine längliche Mauerritze, die gerade eben noch in Reichweite lag. Es war eine reichlich riskante Lösung, aber so, wie die Dinge nun einmal lagen, war es die einzige Möglichkeit.
    Als sie zurückging, hielt sie sich dicht an der Wand und versuchte, Schritte von annähernd gleicher Länge zu nehmen, um auf diese Weise die Maße der Grube besser abschätzen zu können. Sie fand es wichtig, so viele Informationen wie möglich zusammenzutragen, auch wenn sie keine Ahnung hatte, ob sie jemals etwas mit diesen Informationen würde anfangen können. Sie oder ihre Kollegen. Nichtsdestotrotz bemühte sie sich trotz des unebenen Bodens und der diffusen Lichtverhältnisse um halbwegs exakte Halbmeterschritte.
    Fünf, sechs, macht drei Meter. Und weiter: sieben, acht ...
    Winnie Heller ging gesenkten Blicks und zuckte erschrocken zurück, als ihr klar wurde, dass sie um ein Haar auf die Stelle getreten wäre, an der bis vor kurzem Iris Kuhns Leiche gelegen hatte. Unwillkürlich machte sie einen Schritt zur Seite, wobei ihr Fuß auf dem holprigen Untergrund wegrutschte und in eine Art Kuhle knickte, die ihr bei all dem Schutt und Unrat, der den Boden bedeckte, bislang nicht aufgefallen war. Sie ruderte mit den Armen, um nicht den Halt zu verlieren, und fühlte, wie unter ihrer Sohle etwas nachgab. Als ob sie auf eine Art Feder getreten sei.
    Überrascht ging

Weitere Kostenlose Bücher