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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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daran bestand keinerlei Zweifel. Aber er wollte sie nicht um den Preis seiner Ehe. ‹Ich bin nichts als eine Affäre für ihn›, dachte sie bitter. Ira war die Frau, mit der er weiter zusammenleben wollte. Sein nächtlicher Anruf in Hamburg, ihr Gespräch über Konfuzius – das alles war nicht ihretwegen geschehen, sondern nur, weil sie vielleicht einen neuen Gedanken zu seinem aktuellen Fall hinzusteuern konnte.
    Heftig schlug sie mit der Faust auf den Tisch. Die Erschütterung ließ das Weinglas, das Steenhoff unberührt stehengelassen hatte, umkippen. Schnell breitete sich zwischen der Salatschüssel und dem Korb mit frischem Weißbrot eine große Lache aus.
    Mit versteinerter Miene sah Chris Lorenz zu, wie die ersten Tropfen auf den handgeknüpften Gabbeh-Teppich fielen.

[zur Inhaltsübersicht]
    38
    Steenhoff hatte sich selten so schlecht gefühlt. Viel zu schnell fuhr er durch die Innenstadt in Richtung Landesgrenze. Die Häuser am Straßenrand flogen an ihm vorbei.
    Er dachte an Chris Lorenz. Die Frau zog ihn stark an. Selbst in diesem Moment noch. Es tat ihm leid, dass er sie so hatte abweisen müssen. Eine Seite in ihm bedauerte heftig, dass er seiner Lust nicht nachgegeben hatte. Aber Chris Lorenz war niemand für eine Affäre. Sie wollte mehr als eine aufregende Nacht.
    ‹Vermutlich sind wir uns darin gar nicht so unähnlich›, schoss es ihm durch den Kopf.
    Zugleich war ihm die Frau ein Rätsel. Sie wusste, dass er alles in allem eine gute Beziehung mit Ira führte und sie eine gemeinsame Tochter hatten. Doch die beiden wichtigsten Frauen in seinem Leben spielten für Chris Lorenz offenbar keine Rolle.
    ‹Als wären Marie und Ira zufällige Statisten, die jederzeit ausgetauscht werden könnten›, dachte er. Der Gedanke machte ihn wütend und überdeckte den Drang, doch noch umzukehren.
    In dieser Nacht brauchte Steenhoff sehr lange, um einzuschlafen. In seinen Träumen tauchte Gesine von Germershausen auf, wie er mit ihr über den Hof des Präsidiums ging. Hinter dem Tor wartete Chris Lorenz auf ihn. Sie hatten sich heftig geküsst.
    Als er am nächsten Morgen zerschlagen aufwachte, erinnerte er sich vor allem an die erotische Spannung zwischen ihnen. Er überlegte, ob er noch eine Runde joggen sollte, bevor Marie zum Frühstück kam, entschied sich aber dagegen. Stattdessen duschte er lange. Aber er konnte Chris Lorenz nicht so einfach aus seinen Gedanken löschen.
     
    Pünktlich um halb zehn fuhr Marie mit ihrem Kleinwagen auf den Hof.
    Steenhoff sah seine Tochter mit einer Brötchentüte in der Hand aussteigen. Sie trug Jeans, dazu hohe, braune Lederstiefel und eine kurze, gefütterte Jacke, die auf Taille geschnitten war. Ihre halblangen, kastanienbraunen Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden. Er öffnete die Tür und schloss sie freudig in den Arm.
    «Tee ist schon fertig», sagte er und nahm ihr die Tüte ab. Prüfend sah er sie an. «Du bist schmal geworden. Bekommst du genug zu essen in Berlin?»
    «Oh weia, du bist schlimmer als Mama», antwortete Marie lachend. Dann fügte sie zu seiner Beruhigung hinzu: «Keine Angst, wir kochen abwechselnd. Und du weißt doch, wie gern ich futtere, obwohl ich gut etwas abnehmen könnte.» Sie griff sich an ihre Hüften und versuchte, eine nicht vorhandene Falte zwischen den Fingern zu fassen.
    «Du spinnst», sagte Steenhoff und strich ihr zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht. «Komm rein, ich habe uns den Ofen angemacht.»
    Während er Käse und Wurst auf den Tisch stellte und etwas Holz im Ofen nachlegte, erzählte Marie pausenlos. Ihr munterer Redefluss beruhigte ihn. Intuitiv spürte er, dass es seiner Tochter gutging.
    Nur, was wollte sie dann so dringend mit ihm besprechen? Hatte sie einen neuen Freund? Aber deswegen fuhr man doch heutzutage nicht mehr extra nach Hause. Oder wollte sie ihre Wohnung wechseln und aus der WG ausziehen?
    Der Gedanke behagte Steenhoff. Er mochte die Mitbewohner seiner Tochter nicht.
    Flüchtig streifte sein Blick ihren Bauch. Oder war Marie womöglich schwanger?
    Marie hatte den Blick bemerkt und blickte irritiert an sich herunter, um zu kontrollieren, ob sie nicht versehentlich Tee verschüttet hatte. Da verstand sie. Breit grinsend sah sie ihren Vater an. «Nein, Papa, ich bin nicht schwanger.»
    Steenhoff seufzte leise.
    «Du fragst dich bestimmt die ganze Zeit, warum ich mit dir reden wollte?»
    «Ach, ich freue mich einfach, dass du da bist», wiegelte Steenhoff ab.
    «Also», begann Marie und schien sich zu

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