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Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Titel: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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hatte und ihre Iris nicht veilchenblau, sondern vom gleichen Ton wie der Wüstensand gewesen war. Für ihre Familie war sie ein Kleinod gewesen, das zu hüten ihnen nur kurze Zeit vergönnt war, bevor sie in die Sphäre eintrat. Für Shirin war es jedoch kein echtes Leben gewesen, sie hatte sich fremd gefühlt im engen Kreis des Beduinenvolkes, und nur das Wissen, dass man sie holen würde, sobald sie bereit dafür
war, hatte sie nicht an der Einsamkeit zerbrechen lassen. Mit der heutigen Nacht würde endlich das echte Leben beginnen, sie würde frei sein, ein himmlisches Wesen, dazu geschaffen, ein höheres Werk zu erfüllen. Die strengen Regeln ihres Volkes hatte sie in der Menschenwelt zurückgelassen, die sie nicht so schnell wieder besuchen würde.
    Oder vielleicht doch?
    Tief in ihr hatte sich bereits nach ihrem ersten, verwirrend aufregenden Wechsel durch ihre Oase eine Sehnsucht in ihr aufgetan. Vor allem sehnte sie sich nach den Sandhügeln und der sengenden Hitze, aber auch nach der Stimme ihrer Mutter und dem strengen, aber liebenden Blick ihres Vaters. Vielleicht würde jetzt ja alles anders sein, wo sie endlich eine Schattenschwinge war? Warum sollte es ausgerechnet ihr nicht gelingen, in zwei Welten zu leben? Alle anderen meisterten diesen Spagat doch allem Anschein nach mit Leichtigkeit.
    Shirin wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Samir unvermittelt stehen blieb. »Übrigens, eine Sache noch vorab, weil sie dir seltsam erscheinen wird: Wir alle lieben es, kleine Insignien zu tragen, die auf unsere Pforte verweisen. « Mit unverhohlenem Stolz deutete Samir auf die ovale Brosche, die an seiner Brust steckte. Zuerst dachte man, es handele sich um einen Spiegel, doch er stand für eine Regenpfütze. Das war in vielen Ländern der Erde nichts Besonderes. In dem trockenen Land, in dem Samir geboren worden war, allerdings schon. Somit stand seine Pforte auch für ein Stück Hoffnung. »Ask hingegen verzichtet nicht nur auf ein solches Symbol, er macht sogar ein Geheimnis um seine Pforte. Frag mich bitte nicht, warum.« Dann deutete Samir auf den breiten Rücken eines Mannes, der umringt von einer Vielzahl anderer Gäste vor ihnen stand: »Bist du bereit?«

    Shirin glaubte, sich verhört zu haben. »Das ist Ask? Aber er ist doch nur ein Mensch …«
    Nicht die geringste Spur einer Aura umgab den Mann und darüber hinaus trug er ein Hemd, das seinen gesamten Rücken bedeckte, sodass seine Schwingen keine Möglichkeit hatten hervorzutreten – es sei denn, er wollte mit einem zerrissenen Hemd dastehen. Alle anderen Schattenschwingen trugen ihre Schwingen ganz selbstverständlich offen. Es nicht zu tun, kam Shirin befremdlich vor. Als würde er seine Natur verleugnen …
    Doch als Ask sich umdrehte, waren all diese Überlegungen mit einem Schlag vergessen. Sie sah nur seine dunkelgrauen Augen und begriff, dass Ask es nicht nötig hatte, die Attribute zu betonen, die ihn von den Menschen unterschieden. Er war mehr Schattenschwinge, als sie alle es waren. Ihr ungekrönter König, hatte Samir gesagt, und damit hatte er nicht übertrieben. Nur war es nicht das Ausmaß an Macht, das Shirin in den Bann zog. Es war der Mann vor ihr, der die Hand zum Gruß ausstreckte und behutsam ihre Stirn berührte.
    »Wie schön, dass du deinen Weg zu mir gefunden hast«, sagte Ask und Shirin stöhnte leicht auf, denn jedes einzelne seiner Worte grub sich in ihr ein.
    »Zu uns, meinst du wohl«, mischte Samir sich ein. »Es ist schön, das Shirin jetzt bei uns in der Sphäre ist.«
    Es war Samir anzumerken, dass das Asks Begrüßung nicht die war, die er erwartet hatte. Und allem Anschein nach auch niemand anders, denn um sie herum verstummten die Gespräche. Doch Shirin kümmerte sich nicht darum. Sie kümmerte sich auch nicht um den verletzten Ausdruck auf Samirs ansonsten stets gelöstem Gesicht, als Ask sie zur Tanzfläche führte und dort Stunde um Stunde in seinen Armen hielt. Die wenigen Tage in Freiheit, die sie in der Sphäre
genossen hatte, verloren an Bedeutung, genau wie ihre Pläne und Hoffnungen. Es gab nur noch diese schattengrauen Augen und das Verlangen, dass sie auf ihr ruhen mögen.

    Wann ist er gegangen?, fragte sich Shirin beim Erwachen mit einem Anflug von Panik.
    Eben noch war er ihr so nah gewesen, mit ihrem Körper verschmolzen, wenn auch nicht mit ihrem Herzen. Deshalb fiel es ihm auch nach Jahren des Zusammenlebens nicht schwer, sie einfach zu verlassen, unabhängig davon, was sie soeben noch

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