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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Material, aus dem er diesen Käfig geschaffen hatte.
    Unsichtbar … Ich hatte ihn gefragt, ob dieser weitläufige Raum, der sich mit jeder Stunde mehr auszudehnen schien, deshalb aus Glas bestand, damit er jeden und alles in seinem Umkreis sofort bemerkte.
    Daraufhin hatte Nikolai mich eine Weile starr angeschaut und schließlich mit gepresster Stimme gesagt: »Damit hat das nichts zu tun. Ich ertrage die Enge nicht mehr, seitdem wir der Pforte entkommen sind. Du etwa?«
    Ich hatte mich ohne eine Antwort abgewandt. Solange ich vor ihm stand, konnte ich mir unmöglich eingestehen, dass ich genau wie er empfand. Ich ertrug eine solche Gemeinsamkeit kaum, nur brachte es wenig, zu leugnen, dass mir seit unserem albtraumhaften Wechsel in die Sphäre alles Einengende ein Graus war und sich in meinem Kopf in eine Todesfalle verwandelte. Sogar bei Lenas Umarmungen tauchte diese Angst auf und schnürte mir die Luft ab. Dass die Zerstörung der Pforte auch bei Nikolai Spuren hinterlassen hatte, verblüffte mich. Seine unumstößliche Selbstsicherheit, die mich auf dem Eiland dazu veranlasst hatte, klein beizugeben und ihm den fliegenden Pfeil auf seine Haut zu zeichnen, der nichts als sein Ziel kennt, war ins Schwanken geraten.
    So beharrlich, wie Nikolai Lena ignorierte, sosehr zog ich seine Aufmerksamkeit an. Was uns beiden sichtlich zusetzte. Nikolai brauchte mich, mehr als je zuvor. Einerseits war es von Vorteil, dass er mich nicht mehr bloß als Mittel zum Zweck betrachtete. Andererseits verstörte mich die Art, mit der er mir nun begegnete. Dadurch war er viel unberechenbarer als zuvor.
    Mühsam unterdrückte ich das Verlangen, vor ihm davonzulaufen. Das hatten wir ohnehin schon hinter uns. Für Nikolai war es so ärgerlich gewesen, mich in diesem weitläufigen Glasgebilde einzufangen, wie es für mich demütigend gewesen war. Ich konnte ihm nicht entkommen, genauso wenig, wie ich mich seiner erwehren konnte – auch das hatten wir bereits ausprobiert, obwohl ich es eigentlich besser hätte wissen sollen. Er hatte mich problemlos niedergerungen und mir eine schallende Ohrfeige versetzt, als wäre ich nichts als ein freches Blag. Dabei legte er es keineswegs darauf an, mich zu verletzen, nein, mein körperliches Wohlbefinden war ihm heilig. Das war an der Sorgsamkeit, mit der er meine Wunde an der Hand behandelt hatte, zu erkennen gewesen. Auf meinen eigenständigen Willen hingegen legte er deutlich weniger Wert.
    Ich wischte sämtliche Regungen von meinem Gesicht, als ich Nikolai entgegentrat, obwohl mein Herz lautstark zu schlagen begann.
    »Warum bist du so früh zurückgekehrt? Du kannst unmöglich schon wieder von mir nehmen.«
    »Deshalb bin ich nicht hier. Ich habe euch etwas zu essen mitgebracht und neue Kleidung. Deine Freundin schmeißt ihre alten Sachen am besten gleich über die Brüstung ins Meer. Der Geruch ist nicht zu ertragen.«
    Lena schnaubte aufgebracht. »Sag bloß, du kannst den Geruch von Feuer und Rauch nicht ausstehen. Dabei rieche ich doch nach der Pforte, durch die du mich gezerrt hast. Ach, fast hätte ich es vergessen! Die gibt es ja gar nicht mehr, die hat Kastor dir ja unterm Arsch weggezogen. Jetzt weckt der Geruch von erloschenem Feuer wohl keine warmen Gefühle mehr, was?«
    Genüsslich bohrte sie in der Wunde, ohne zu bemerken, dass ich bei ihrer Bemerkung ebenfalls erblasste. Rauch, erkaltete Glut und Asche … unerträglich.
    Hastig beugte ich mich über den Beutel, den Nikolai neben sich abgelegt hatte, und holte neben Früchten und Nüssen – offenbar hielt er uns für zwei Vögelchen, denn er brachte nie etwas anderes zu essen mit – auch ein Kleidungsstück heraus. Eine knöchellange Tunika, schlicht und schön zugleich.
    »Hier ist nur ein Gewand.«
    »Vorläufig muss deine Freundin damit auskommen«, klärte Nikolai mich auf.
    Ich brachte es Lena, die die Nase rümpfte.
    »Kannste behalten. Der Fetzen ist nicht mein Stil, da stinke ich lieber.«
    »Anziehen«, befahl Nikolai, eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen er Lena direkt ansprach. Der Brandgeruch musste ihm wirklich zusetzen.
    »Zieh den Fummel doch selber an, wenn du den so super findest. Hätte ich nix dagegen, deine freie Oberkörpernummer kotzt mich nämlich voll an. Unser Schönling mit dem schwarzen Herzen.«
    Nikolai war derartig schnell über Lena, dass ich erst begriff, was sich abspielte, als er schon die Hälfte ihrer Kleider heruntergerissen hatte. Dann packte er die zeternde Lena und schleifte sie zu

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