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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Nikolai.
    »Wie schön, dass du die Wurzeln deiner Hülle nicht vergisst«, stichelte ich, während ich meine tränenden Augen rieb.
    »Es ist zum Schreien. Ich kann meine Aura immer noch nicht wieder richtig kontrollieren und diese verdammte Hülle will sich nicht von ihrer Vergangenheit trennen. Sie glaubt ungebrochen, diesem Schwächling zu gehören, der sich aus dem Staub gemacht hat. Es war keine gute Idee, sie anzunehmen. Ich werde mit ihr einfach nicht fertig.«
    Verwundert blickte ich Nikolai durch den Tränenschleier an. Hatte er eben tatsächlich eine Schwäche eingestanden? Sein Kiefer mahlte und die Unzufriedenheit war ihm vom Gesicht abzulesen, während seine Aura nun in erträglichem Maße leuchtete. Es war der mir bereits vertraute Eiszapfenkranz, der einst jener Schattenschwinge gehört hatte, die in der Sphäre unter dem Namen »der Schatten« bekannt gewesen war. Drei Dinge hatte dieser einstige Kriegsherr in die Gegenwart gerettet: einen Teil seiner Aura, seine Pforte und seine Persönlichkeit. Letztere hatte ich auf dem verlassenen Eiland bestens kennengelernt und sie sogar in ein Symbol gegossen. Seitdem hatte sich allerdings einiges verändert, und damit war nicht nur die Tatsache gemeint, dass in der Tiefe des Eiszapfenkranzes jetzt nicht länger Aschepartikel schwammen, als wäre das Wasser verunreinigt worden. Denn mit der Aschepforte war auch die Aura desjenigen, der früher in diesem Körper gelebt hatte, ausgelöscht worden. Von dem echten Nikolai waren lediglich sein Äußeres, seine fast weißen Schwingen und sein Name übrig geblieben … aber das reichte offensichtlich aus, um Einfluss auf den Schatten zu nehmen.
    »Muss ziemlich ungewohnt sein, dass nicht alles nach deinem Willen läuft. Aber es wäre ja noch schöner, wenn du einfach damit durchkämst, dir ohne Rücksicht auf Verluste zu nehmen, was du willst«, hielt ich Nikolai vor. »Im Übrigen war es ohnehin keine gute Idee, sich des Körpers eines anderen zu bemächtigen. Und eine noch viel schlechtere, seine Identität und sogar seinen Namen an sich zu reißen. Jetzt sucht er dich heim, und du kannst ihm nicht entkommen, es sei denn, du streifst diesen Körper wieder ab. Wäre nur gerecht.«
    Nikolai schob stur das Kinn vor. »Ich habe mir all das genommen, weil ich es konnte. Es war mein Neuanfang.«
    »Aber seinen Namen anzunehmen … wenigstens darauf hättest du verzichten können.«
    »Unmöglich. Der Name steht für eine neue Ära. Meine Ära. Endlich.«
    Obwohl es mir zuwider war, sah ich ihn mir genauer an, versuchte das zu erkennen, was sich hinter der Fassade verbarg. »Irgendwie ist es so, als gehörtest du jetzt dem Namen, nicht umgekehrt. Gib zu, du veränderst dich …«
    Wenn ich mit einer zornigen Reaktion rechnete, so wurde ich enttäuscht. Vorsichtig betastete Nikolai den Pfeil unter seinem Herzen, der noch genau so aussah wie damals, als ich ihn hineingeschnitten hatte. Immer noch frisch, als wäre es ihm unmöglich zu verheilen.
    »Dein Gewand«, erinnerte Nikolai mich. »Du solltest es anziehen. Es sei denn, du findest Gefallen an deinem jetzigen Auftritt.«
    Entrüstet schüttelte ich den Kopf. »Ganz bestimmt nicht!«
    »Dann kleide dich an.«
    Gern. Nur gab es nirgendwo etwas, in das ich mich kleiden konnte. Frustriert ballte ich die Hände zu Fäusten. Es war also doch ein Spiel.
    Nikolai seufzte. »Da gebe ich dir die Möglichkeit, mit meiner Aura etwas zu erschaffen – und was machst du? Mit glühendem Blick Löcher in die Luft brennen und die Fäuste schütteln. Vielleicht solltest du lieber mal nach dem greifen, was ich dir anbiete?«
    Ich verstand kein Wort. Dann griff ich in der sicheren Überzeugung, mich an seinen Zacken zu schneiden, nach dem Strahlenkranz. Statt mich zu verletzen, umspielte sein Licht meine Finger und verdichtete sich, als wäre es feinste Seide. Ich hob meinen Arm in die Höhe und erkannte voller Verwunderung, dass ich ein blassgraues Seidentuch in der Hand hielt, das immer länger wurde. Während ich es fasziniert betrachtete, begann Nikolai um mich herumzugehen, wobei das Tuch mit jedem seiner Schritte länger wurde und mich schon bald umschmiegte.
    »Wie fühlt es sich an?«
    »Wie eine zweite Haut. Ganz leicht und wunderbar.«
    »Es ist ein Geschenk, ein Ausgleich dafür, dass ich mehr nehme, als du zu geben hast. Von Stunde zu Stunde wirst du mehr zu einem Geschöpf der Sphäre und entsprechend solltest du auch aussehen. Ein Menschenkind, das an eine Schattenschwinge

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