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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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einem der Wasserläufe, in dem er sie untertauchte. Die Bernsteinkette spannte und die Fessel schnitt ihr ins Gelenk. Ich sprang hinterher, riss an seinen Armen, schlug auf seinen Rücken ein, doch ich richtete so viel aus wie eine Fliege gegen einen Elefanten.
    Während Nikolai Lenas Kopf unter Wasser drückte, schnauzte er mich an: »Geh und schmeiß ihre stinkende Kleidung über die Brüstung. Sonst bleibt sie unter Wasser. Es reicht, wenn ich mir ihren Unsinn anhören muss, da muss sie nicht auch noch unentwegt meinen Geruchssinn belästigen.«
    Ein Blick auf die Blasen, die aus Lenas Lunge zur Wasseroberfläche aufstiegen, gab den entscheidenden Ausschlag, und ich lief los. Wie von Sinnen raffte ich die zerrissene Kleidung hoch und entsorgte sie.
    Im Wind flatternd, segelten die Stücke davon.
    Als ich mich wieder umdrehte, hatte Nikolai bereits von Lena abgelassen, und sie plumpste hustend und nach Luft ringend auf den Boden. Obwohl ich mir wie eine Verräterin vorkam, hielt ich ihr die Tunika hin, die sie mit verkniffener Miene überstreifte. Nikolais unvermittelt ausgebrochene Rage hatte mir jedoch gezeigt, dass er Lena keineswegs übersah. Er verschonte sie, weil ich sie brauchte. Trotzdem gab es eine Grenze und die durfte nicht überschritten werden. Ich würde achtgeben müssen, damit Nikolai meine Freundin nicht Respekt lehrte, denn das würde sie wahrscheinlich nicht überleben.
    »Arschloch«, fauchte Lena ihn an, als habe er sie soeben nicht fast ersäuft, sondern bloß geärgert. Typisch Lena: Sie würde lieber tot umfallen, als klein beizugeben. »In dem Lappen sehe ich aus, als wäre ich eine Nonne im Kloster.«
    »Du kannst froh sein, dass ich dir nicht den Kopf schere. Diese Farben in deinem Haar sind die reinste Folter fürs Auge.«
    Lena begnügte sich mit einem Schniefen. Entweder war sie zu mitgenommen, um weiter gegen Nikolai zu kämpfen, oder sie hatte endlich begriffen, dass Nikolai nicht davor zurückschrecken würde, seine Drohungen in die Tat umzusetzen. Mit dieser Vermutung hätte sie definitiv richtig gelegen: Nikolai sah aus, als brauchte es nicht mehr als ein Wimpernzucken von ihr, und er würde explodieren.
    Ich überwand meinen Widerwillen und trat zwischen die beiden, obwohl ich Nikolai dabei so nah kam, dass ich die Wärme spürte, die sein vom Flug erhitzter Körper ausstrahlte. Genau so war es stets auch bei Sam gewesen … aber der Gedanke tat zu weh, um ihm nachzuhängen.
    Augenblicklich gehörte Nikolais Aufmerksamkeit ganz mir, denn auch an ihm ging die Nähe meiner Haut nicht spurlos vorbei.
    Es brauchte zwei Anläufe, bis ich einen Satz über meine Lippen brachte, aber ich musste die Situation entschärfen. »Soll ich das Tuch tragen, in das du die Sachen gewickelt hattest? Ansonsten war ja nichts dabei.«
    Obwohl ich ihm unverwandt in die Augen blickte, wusste ich, dass seine Finger vor- und zurücktanzten, getrieben von dem Verlangen, mich zu fassen und zu berauben. Doch ich wich nicht zurück, sondern hielt stand. Es war Nikolai, der schließlich einige Schritte zurücksetzte, als könnte er der Versuchung ansonsten keinen Augenblick länger widerstehen.
    »Das Tuch ist einfach nur ein Tuch«, erklärte er. »Für dich habe ich etwas Besonderes vorgesehen. Lass uns ein Stück höher steigen.«
    Zuerst dachte ich, er wollte mich auf einen Flug mitnehmen, und verkrampfte zwangsläufig am ganzen Leib. Dann erst erkannte ich die Treppe, auf die er zeigte. War die zuvor etwa auch schon da gewesen? Ich tauschte noch einen raschen Blick mit Lena aus, die den Kopf schüttelte, obwohl uns beiden klar war, dass ich keine Wahl hatte. Wenn ich die Stufen nicht freiwillig erklomm, würde Nikolai mich hinaufstoßen – und darauf konnte ich wirklich verzichten.
    Die Treppe entpuppte sich als großzügig angelegte Wendeltreppe, die direkt in die Wolken führte. Wie weißer Atem glitten sie an den durchsichtigen Wänden vorbei. Der Raum, in den Nikolai mich führte, hatte eine angenehme Größe, nicht zu klein und nicht zu weitläufig.
    Doch das Zimmer kümmerte mich in diesem Augenblick wenig.
    Ich starrte auf die Einrichtung: ein Bett. Ein einziges breites Bett, das direkt aus dem Boden zu wachsen schien und in dem sich Wasserdunst verfangen hatten. Duftendes Heu lag in seiner Mitte, über das Nikolai das Tuch ausbreitete.
    Das Herz schlug mir bis zum Hals. Ich drehte mich gerade nach der Treppe um, in der festen Absicht, mich hinabzustürzen, als er zu lachen begann.
    »Keine

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