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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Empfindung meine Reaktion, als wäre auch mein Ich von einer Silberschicht umgeben, an der alles abglitt. Eigentlich hätte ich das Verlangen verspüren sollen, diese abzukratzen, aber es stellte sich nicht ein. Ich war zur Zuschauerin in meinem inneren Haus geworden und vermochte mich noch nicht einmal darüber aufzuregen.
    »Siehst du, du leugnest es noch nicht einmal, dass du nur noch ein blasses Abbild deiner selbst bist«, setzte Lena nach.
    »Unsinn. Ich schwinde nicht, sondern ich wandle mich. Das muss doch nicht zwangsläufig verkehrt sein.«
    Die Worte waren heraus, bevor ich auch nur eine Sekunde über sie nachgedacht hatte. Das änderte jedoch nichts daran, dass sie der Wahrheit entsprachen, denn trotz meiner Verwirrung fühlte ich mich erstaunlich gut. Meine Zerrissenheit schwand, und ich mochte mich zunehmend weniger mit meinen konfusen Erinnerungsbrocken auseinandersetzen. Stattdessen wollte ich mich frei und unbelastet fühlen, offen für den neuen Weg, der sich am Horizont abzeichnete. Meine Vergangenheit erschien mir zu fern, um mich an ihr festzuhalten. Hatte Nikolais Berührung also auch ihr Gutes, indem sie mir einiges von den Dingen ersparte, die mir ansonsten unablässig durch den Kopf gingen? Immer stärker wünschte ich mir, so weit und offen zu sein wie der Himmel.
    Zuerst sah es so aus, als wollte Lena weiterdiskutieren, dann besann sie sich anders. »Hast du gewusst, dass die Berührung der Schattenschwingen in der Sphäre eine solche Wirkung auf Menschen hat?«
    »Nun, dass es eine Wechselwirkung gibt, davon hatte Sam mir erzählt. Und ich habe eine Ahnung davon bekommen, als Ranuken und Shirin mich angefasst haben – wobei sie natürlich niemals von mir genommen haben. Samuels Berührung …« Ich unterbrach mich. Nicht bloß, weil ich eigentlich nie »Samuel« sagte, sondern auch, weil ich keine Ahnung hatte, wie ich seine Berührung in der Sphäre beschreiben sollte. Ich umkreiste die Erinnerung, doch sie entglitt mit immerzu, bis ich das Interesse an ihr verlor. »Allerdings glaube ich, dass das, was sich zwischen Nikolai und mir abspielt, weit über das hinausgeht, was früher durch die Verbindung zwischen Mensch und Schattenschwinge passiert ist. Sie waren miteinander verbunden und haben einander gestärkt, aber der eine ist niemals im anderen aufgegangen, es waren immer zwei Teile, die ein Ganzes ergeben. Nikolai hingegen sucht nicht nach seiner anderen Hälfte, vielleicht, weil er selbst bereits zweigeteilt ist: Seele, Körper und Aura sind bei ihm nicht eins. Das schwächt ihn und macht ihn zugleich stärker, denn darauf, von anderen zu nehmen, beruhte ja seine frühere Macht als Schatten. Damals hat er sich allerdings nie wirklich auf eine Person eingelassen und genau so sollte es ja auch dieses Mal sein. Sein ursprünglicher Plan bestand darin, die starke Verbindung zwischen Sam und mir zu seinem Vorteil zu nutzen. Jetzt hat er nur mich … und ich nur ihn.«
    »Quark, du brauchst Nikolai ungefähr so nötig wie ein drittes Auge. Was bringt dich bloß dazu, solche Dinge zu behaupten? Dieses Schwein hat nichts anderes als Verachtung verdient, aber du sprichst seinen Namen aus, als wäre er etwas Besonderes. Ich verstehe ja, dass er stärker ist als du, aber du könntest dich trotzdem dagegen wehren, verflucht!«
    Es gelang mir nicht, das Beben ihrer Nasenflügel richtig zu deuten: Bebten sie aus Wut oder weil sie kurz vorm Weinen stand? Ich begriff sie nicht. »Das sagst du nur, weil du nicht die geringste Ahnung hast, was in mir vor sich geht, wie es sich anfühlt, Nikolai in sich zu haben.«
    »Wenn man sich euch beide so anschaut, dann hast du ihn bald wirklich in dir. Und damit meine ich nicht nur seinen aufdringlichen Geist.«
    »Das ist absolut lächerlich. Warum provozierst du mich?«
    »Damit du endlich aufwachst! Ich halte das einfach nicht aus, wie rasch er dich umkrempelt und wie du auch noch gute Miene zu seinem Drecksspiel machst. Schimpf doch mal ordentlich auf ihn, sag, dass er eine fiese, schleimige Ratte ist, die nichts anderes verdient, als von Sam ans andere Ende der Galaxis geballert zu werden. Los, Mila, sag es!«
    Lena schüttelte die Fäuste, und ich wäre kaum überrascht gewesen, wenn sie mir aus lauter Frust einen Schlag ins Gesicht versetzt hätte.
    Doch so weit kam es nicht, denn wir wurden beide abgelenkt.
    In die Wolkendecke, die an diesem Nachmittag nicht mehr als ein leicht gewobener Nebelvorhang war, kam mit einem Mal Bewegung. Allerdings nur an

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