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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Verbindung zu dem Kristall herzustellen. Bevor ich meine Unfähigkeit eingestand, verdichtete sich Asamis Aura und tat, was ich eigentlich um jeden Preis hatte vermeiden wollen: Seine Schwärze verband sich mit meinem hellen Strahlenkranz, durchflocht ihn, als würden die einzelnen Strahlen plötzlich Schatten werfen. Ich nahm ein fernes Grummeln jener verschütteten Quelle in meinem Inneren wahr, aber viel mehr noch war da Asamis Aura, die nicht – wie vermutet – den natürlichen Gegensatz zu mir darstellte, sondern mich ergänzte.
    Für eine Sekunde bekam ich eine Ahnung davon, wer ich wäre, wenn ich an seiner Seite in der Sphäre blieb. Mit seiner Hilfe würde ich mich häuten, mich immer weiter an meinen Kern herantasten, meine Gaben erkennen und nutzen. Ich würde eine wahrhaftige Schattenschwinge werden, mit Asami als Gegenüber, denn auch er konnte in seiner Entwicklung nur vorankommen, wenn ich bei ihm war. Das Katana, die Aufdeckung der Quelle – all das war nur der Anfang, wenn ich mich für ihn entschied.
    Ich schluckte. Die Vision war überaus verführerisch, aber nicht verführerisch genug. Ich überließ sie dem Kristall, der sich in Bewegung setzte. Seine scharfen Kanten spiegelten das einfallende Licht der Aura und blendeten mich. Ich sah die Halle nur noch wie durch ein Prisma, einige Teile fielen zu Boden, andere veränderten sich, bis das gesamte Bild ein anderes war. Der Kristall zerschnitt den gegenwärtigen Moment so lange, bis die darunterliegende Vergangenheit sichtbar wurde. Das vermutete ich zumindest, denn ich konnte die Halle kaum noch ausmachen: Ihr Zentrum verwandelte sich in gleißendes Licht.
    Schützend legte ich eine Hand über meine Augen und ließ meine Gedanken ziehen.

12 Brückenschlag
    Als ich die Hand von den Augen nahm, war vom Kristall nichts als ein schwaches Abbild übrig geblieben – als habe sein Anblick sich lediglich auf meiner Netzhaut eingeprägt, während er sich in Wirklichkeit aufgelöst hatte.
    Benommen schaute ich mich um. Es brauchte einen Augenblick, bis ich begriff, dass ich mich weiterhin in der Halle befand, allerdings in einem durch schwere Tücher abgetrennten Teil. Die Kammer wirkte überraschend schlicht, als böte sie die Chance, durchzuatmen und bei sich zu sein. Als ich das Summen vieler Stimmen hinter dem Vorhang bemerkte, begriff ich, dass der Raum tatsächlich für den Rückzug, als Hort der Ruhe gedacht war.
    Den konnte der junge Mann, der mit stockgeradem Rücken auf einer Bank saß, offenbar gerade gut gebrauchen, denn das Zittern seiner Hände und die hektischen Flecken an seinem Hals waren nicht zu übersehen. Seine Kleidung ließ sich weder einer Zeit noch einem Land eindeutig zuordnen: Hosen und Tunika wirkten leicht orientalisch, aber weder seine hellbraunen Haare noch die grünen Augen passten in die dortige Gegend. Meine Versuche, seine Gedanken zu lesen, scheiterten. Offenbar stand mir diese Fähigkeit in der Vergangenheit nicht zur Verfügung. Versuchsweise bewegte ich meine Schwingen, die zu meiner Erleichterung jedoch einwandfrei funktionierten.
    Ich stand höchstens drei Schritte von dem jungen Mann entfernt, und obwohl ich mich mit meinem wild klopfenden Herzen ausgesprochen real fühlte, bemerkte er mich nicht. Erst als hinter mir Schritte erklangen, blickte er in meine Richtung … und sah geradewegs durch mich hindurch. Seine gesamte Aufmerksamkeit richtete sich auf die Person, die gerade eintrat. Sogar den Atem hielt er an.
    Neugierig drehte ich mich um, und genau in diesem Moment ging eine wunderschöne Schattenschwinge, die in eine Art Sari gekleidet war, hauchnah an mir vorbei. Während sie mich nicht wahrnahm, entging mir ihre beeindruckende Aura nicht, die weit mehr als ein Energiefeld war. Diese Schattenschwinge war sich ihrer selbst vollkommen bewusst, ihre innere Quelle lag so offen, als wäre sie nie verborgen gewesen. Ich ahnte, mit wem ich es zu tun hatte: Asami hatte von Sora gesprochen, der ersten Erbauerin einer festen Brücke zwischen den Welten.
    Sora setzte sich zu dem Jungen auf die Bank, sorgfältig darauf bedacht, ihn nicht zu berühren – wohl deshalb, weil Berührungen zwischen Mensch und Schattenschwinge in der Sphäre eine ganz eigene Magie entfalteten, die wir allein aus uns zu gebären nicht imstande waren. Darum fühlte sich jedes auch noch so flüchtige Streifen von Haut überwältigend für uns an. Mit einem Schaudern dachte ich daran, wie Mila mich zum ersten Mal berührt hatte, wie ihre

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