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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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ähnlich wie Nikolais Innerstes aus einem fliegenden Pfeil bestand, der unabänderlich auf sein Ziel zuhielt. Sam und Nikolai hatten im Kern ihres Wesens also einige Gemeinsamkeiten. Darüber verspürte ich eine solche Gewissheit, dass mir schwarz vor Augen wurde.
    »Mila?«, fragte Sam beunruhigt. »Wenn dir das alles zu viel ist, dann brechen wir sofort ab. Das Katana kann warten.«
    »Nun, deine Klinge sieht das anders. Sie will nicht warten. Und du … du willst es in Wahrheit auch nicht.« Bevor Sam protestieren konnte, umfasste ich seinen breiten Bernsteinring, beugte mich zu ihm hinab und wisperte: »Verändere dich.«
    Als er zusah, wie seinem Ring ein Dorn entwuchs, schnappte Sam verblüfft nach Luft. »Um Himmels willen …«
    »Es ist, wie du gesagt hast: Ich weiß, was zu tun ist, denn es ist meine Gabe. Vertrau mir.«
    Sam kniff die Augen so fest zusammen, dass es wehtun musste. »Nikolai hat dir das hier beigebracht, dieser verfluchte Mistkerl.«
    Allein bei der Erinnerung daran, wie Nikolai mich dazu gezwungen hatte, ihn zu zeichnen, begannen meine Hände zu zittern, während der Dorn sich zurückzubilden begann. »Nenn seinen Namen nicht und denk bitte auch nicht weiter über die Vergangenheit nach. Vertrauen ist das Einzige, was ich jetzt von dir brauche.«
    Mit einem Murren gab Sam nach und im nächsten Moment drang eine Welle des Wohlbehagens zu mir durch. Seine Augen waren zwar immer noch geschlossen, aber nun lagen die Lider leicht auf. Sam hatte seine Wut und Angst losgelassen, trotzdem zweifelte ich nicht daran, dass er imstande wäre, seine Gelassenheit innerhalb eines Augenblicks abzuwerfen. Es handelte sich um jene Art von Konzentration, bei der man vollkommen ruhig dasitzt, um in der nächsten Sekunde das Katana in einer perfekten Bahn zu führen, die jeden Gegner niederstreckt. Was überraschte es mich? Er ist ein Krieger, sein Innerstes ist wie ein Katana geformt, erkannte ich wider Willen. Diesen Zug an Sam hatte der Schatten höchstpersönlich freigelegt: Er hatte aus dem Jungen, den sein Vater beinahe getötet hatte, einen Krieger gemacht, der bereit war, seinen Weg bis ans Ende zu gehen. Doch während der eine erbarmungslos kämpfte, bis er sein Ziel erreicht hatte, ruhte Sams Schwert, solange es nicht herausgefordert wurde. Darin lag der Unterschied zwischen den beiden.
    Hätte ich nicht genau gespürt, dass Sam und sein Schwert zusammengehörten, hätte ich den Gesang der Klinge wohl zurückgewiesen. So aber ließ ich mich darauf ein, getragen von der inneren Ruhe, die Sam auf mich übertrug. Ich hörte auf sie und akzeptierte es, als sich ihr Gesang vor meinem inneren Auge in eine Form verwandelte. Jeder Irrtum war ausgeschlossen: Dieses Schwert und Sam gehörten zusammen. Ich musste lediglich den Dorn, den sein Ring bildete, über die Klinge führen, die mittlerweile leuchtete, als berge sie in ihrem Inneren ein Feuer.
    Wie in Trance prägte ich die Form in den Bernstein ein und sah zu, wie sie in seine Oberfläche einsank.
    Als das Glühen der Klinge nachließ, bildete sich auch der Dorn zurück.
    »Jetzt ist es deins«, sagte ich.
    Sam öffnete langsam die Augen, nahm das Schwert auf und zog die Klinge über seinen offenen Handteller. Mit Schrecken sah ich, wie sich eine weiße Linie abzeichnete, die sich rasch mit Blut füllte. Die zuvor stumpfe Klinge war nun messerscharf.
    »Ja, jetzt gehört es zu mir, aber auch ein wenig zu dir. Nimm es in deine Hände«, forderte Sam mich auf. »Du bist die Einzige, die es neben mir berühren darf. Diesem Katana wohnt jetzt eine Seele inne, es ist ein Wahres Schwert.«
    Ich wich zurück aus Furcht vor der scharfen Klinge, besann mich dann anders, streckte meine Hände aus und ließ sie mir von Sam darauf legen. Von dem Katana ging eine Wärme aus, als wäre es lebendig.
    »Hallo, du«, sagte ich und lauschte seiner Antwort.
    Sam lächelte mich an. »Genau, wie ich gesagt habe.«

14 Im Kreis der Liebsten
    Sam
    Ich registrierte die Schritte im Flur erst, als Reza bereits vor Milas Zimmer stand und nach einmal flüchtigem Anklopfen die Tür öffnete.
    Oh Mann, nicht schon wieder!
    In Windeseile verschaffte ich mir einen Überblick: Das gegen den Schreibtisch gelehnte Katana konnte Reza von der Tür aus nicht sehen, während ich ordentlich unter der Decke lag und Mila sogar ihr Nachthemd trug. Wieso eigentlich? Als ich es zuletzt sah, hing es über dem Schreibtischstuhl, wo ich es hingeworfen hatte …
    »Guten Morgen, Mäuschen«, flötete

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