Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse
den Ring zwischen den Träumern gefunden … besser gesagt, er hat sich von mir finden lassen. Du weißt selbst, dass Werke aus Bernstein über eine eigene Seele verfügen.«
»Dieser Ring steckte an Milas Finger.«
Asamis Züge verdunkelten sich. »Als ich den Ring fand, nahm ich es als Zeichen dafür, dass ihre Gefühle sich verändert haben. Ich hatte nicht vor, ihn zu tragen, das musst du mir glauben. Doch als ich ihn in meiner Hand wog, fühlte er sich mit einem Mal geschmeidig und lebendig an. Als wollte er zu mir. Ich war mindestens so schockiert darüber, wie du es jetzt bist, als er plötzlich an meinem Finger steckte.« Asami machte eine Pause. »Es gibt mehrere Arten von Liebe, musst du wissen.«
»So muss es wohl sein, denn der Ring an deiner Hand vermittelt mir nicht einmal einen Bruchteil dessen, was er mir bei Mila offenbart hat. Von einer wahren Verbindung zwischen uns kann also kaum die Rede sein.«
Asami schwieg, obwohl sein Kehlkopf auf und ab hüpfte, als hielte er nur mit Not eine Entgegnung zurück.
»Gut, wo waren wir stehen geblieben? Bei der zerstörten Aschepforte.« Ich offenbarte ihm die vergangenen Ereignisse, seit Nikolai bei den Wellenbrechern zum ersten Mal sein wahres Gesicht gezeigt hatte, bis hin zu Milas gewaltsamer Verschleppung. Dabei gab ich mir nicht die geringste Mühe, sie ihm Schritt für Schritt mitzuteilen, sondern schleuderte sie ungefiltert über unseren mentalen Pfad, bis Asami wankte und sich an die Schläfen griff. Voll Genugtuung wartete ich ab, bis er sich wieder gefangen hatte.
»Jetzt weißt du, warum Kastor es getan hat: Es geschah wirklich aus Liebe. Aus Liebe zu dem wahren Nikolai und aus Hass auf den verlogenen Dieb, der sich hinter seinem Gesicht versteckt.«
»Und nun willst du losziehen und dich diesem Dieb stellen, obwohl es nicht einmal einem erfahrenen Krieger wie Kastor gelungen ist, ihn zu besiegen? Ein solches Risiko wegen eines Mädchens, das die Bindung zu dir radikal gekappt hat?«
Mir blieben nur zwei Möglichkeiten: Asami vor Wut ins Gesicht zu schlagen oder mich abzuwenden. Obwohl ich bereits meine Hände zu Fäusten ballte, drehte ich mich um und stieg über die gut zwanzig Zentimeter breiten Risse hinweg ins Zentrum der Verwüstung, was dank der Kraft, die Asami auf mich übertragen hatte, erstaunlich rasch vonstattenging. Vermutlich hätte ich sie nicht einmal gebraucht, denn ich war ungeheuer aufgebracht, und allein das schenkte mir jede Menge Energie. Die brauchte ich auch, denn nun erklang der Ruf des Schwertes aus der Tiefe eines gewaltigen Spalts, der mit Schutt gefüllt war. Geradezu dankbar für diese Aufgabe, begann ich, Geröll beiseitezuräumen, wobei ich auf die Scherben aufpassen musste, die überall hervorstachen.
Soll ich dir helfen? , fragte Asami auf mentalem Weg, obwohl er nur einige Schritte hinter mir stehen musste, so deutlich, wie ich seine Aura spürte.
Ich muss ihn loswerden, sagte ich mir, während ich umso verbissener arbeitete.
Samuel, ich habe dich beleidigt und es tut mir unendlich leid, aber ich kann es nicht rückgängig machen. Der Ring steckt fest. Es sei denn …
Als ich herumfuhr, hielt Asami sein Wakizashi bereits in der Hand. Die Spitze des Kurzschwerts mochte abgebrochen sein, aber scharf war es nichtsdestotrotz. Mit einem Satz stand ich vor ihm und riss es an mich.
»Was soll der Unsinn? Ich werde ganz bestimmt nicht zulassen, dass sich erneut jemand auf diese verfluchte Weise von dem Ring trennt. Dieser kleine Verräter lässt sich von dir tragen, weiß der Teufel warum. Aber so ist es eben, und nur weil mir das nicht schmeckt, wirst du dich nicht selbst verstümmeln. Hast du das verstanden? Ob du das verstanden hast, frage ich!«
Ja, Herr .
Die Tür des Wohnwagens wurde mit einem solchen Knall aufgeschlagen, dass es unmöglich zu überhören war. Mit meinem Gebrüll hatte ich zweifelsohne den kaffeetrinkenden Wachmann auf den Plan gerufen. Während ich noch fluchte, deutete Asami auf den Spalt.
Darf ich dir jetzt helfen, Herr?
»Nur zu«, knurrte ich, dann begannen wir beide zu graben, als hinge unser Leben davon ab. Kaum bekam ich mein Katana zu fassen, waren sogar die Scherben vergessen, an denen ich mich ob der Eile geschnitten hatte. In einem weiten Bogen zog ich das Schwert heraus und beobachtete, wie die ersten Sonnenstrahlen seine Klinge in Brand setzten. Ein Phönix, der Asche entstiegen.
»He, stopp, halt! Was machen Sie da? Sie dürfen hier gar nicht sein.« Der Wachmann
Weitere Kostenlose Bücher