Schattenseelen Roman
und um Hilfe angefleht, ihn zum Werkzeug seines Racheplans gemacht. Unter anderen Umständen hätte Adrián niemals eingewilligt - er tötete nicht aus purer Lust. Nur um zu überleben. Aber die Informationen, mit denen Sebastian angekommen war, waren zu wichtig gewesen - und jetzt könnte sein Wissen Evelyns Leben retten. Die Brutalität der Tat milderte das keineswegs.
Sebastian knirschte mit den Zähnen. »Mag sein. Aber wer wird dir, einem Totenküsser, schon glauben?«
»Wie gut, dass ich einen sehr realistischen und nicht jugendfreien Film dazu habe«, bluffte Adrián. Natürlich hatte er keinen - das Ganze zu filmen wäre ihm
niemals in den Sinn gekommen. Zu grausam waren die Bilder: das dunkle Lagerhaus, der Schweiß-, Blutund Uringeruch, der gefesselte Mann, der bis zuletzt gekämpft hatte, und die Schreie, die noch immer in Adriáns Ohren hallten, wenn er daran dachte.
»Du krankes Schwein! Das glaube ich dir nicht!«
»Wollen wir wetten? Ich bin sicher, deine Metamorph-Freunde werden viele Inspirationen dafür finden, was sie mit dir für den Tod ihres geschätzten Mitglieds anstellen könnten.«
Mehrere Atemzüge lang starrte Sebastian ihn an, dann knickte er ein und vergrub die Hände in seinen Haaren. »Okay«, flüsterte er. »Was willst du von mir wissen?«
Adrián tätschelte ihm die Schulter. »Na geht doch.«
Drei Tage. Dann würde er Evelyn befreien können.
23. Kapitel
E velyn rätselte, ob sie im Bungalow ein Gast oder eine Gefangene war. Als sie vorsichtig anmerkte, sie würde gern nach Hause gehen, entgegnete Kilian, nur eine umfassende Ausbildung verspräche bei der Suche nach dem Seelentier eine Aussicht auf Erfolg. Dabei ließ sein Gesichtsausdruck keinen Zweifel zu - er würde sie nicht freilassen. Auch Akash behielt sie im Auge und machte eine Flucht unmöglich. Wenigstens versuchte er nicht mehr, sie in Stücke zu reißen. So beugte sich Evelyn ihrem Schicksal und harrte der Dinge, die da kommen mochten.
In den nächsten Tagen, die sie im Bungalow verbrachte, wurde sie von Kilian umsorgt. Evelyn fand es rührend, aber mehr Gefühl als zu einem Welpen aus dem Tierheim wollte in ihr nicht aufkommen. Nach dem Vorfall im Wald wusste sie, dass sie diesen Mann niemals lieben könnte, egal wie anziehend sein Duft war.
Finn wohnte weiterhin im Schuppen und wurde zu einem unsichtbaren Begleiter. Sein Geschick, allen aus dem Weg zu gehen und nicht aufzufallen, beeindruckte Evelyn. Sie beschloss, ihn besser kennenzulernen.
Ganz altruistisch war ihre Entscheidung jedoch nicht: Vielleicht würde es ihr gelingen, ihr Königin-Erbe auszunutzen. Vorausgesetzt, das, was Linnea erzählt hatte, stimmte. Wenn sie Finn dazu bringen würde, ihr ebenso zu verfallen wie Kilian, könnte sie die beiden Männer aufeinanderhetzen und in dem Aufruhr der Gemüter einfach verschwinden. Nicht die feine englische Art, aber was für Möglichkeiten hatte sie noch?
Im Bungalow fand sie ein Spielkarten-Set und lud den jungen Mann zu einem Canasta-Abend ein. Kilian quittierte es mit einem Murren und verbrachte eine halbe Stunde beleidigt in einer Ecke, setzte sich dann aber dazu. Schon bald hatte Finns Geselligkeit die kleine Runde mit Frohsinn angesteckt, und sie lachten und blödelten herum bis spät in die Nacht. Doch egal wie sehr Evelyn ihren weiblichen Charme ausspielte, Finn erwies sich als harte Nuss. Eines war sicher: Eher würde Brad Pitt ihr zu Füßen liegen als er. Es wollte bei ihm einfach nicht funktionieren. Irgendetwas an ihm war … anders.
Als Evelyn sich bettfertig machte, klopfte es an der Schlafzimmertür, und Kilian trat herein. »Magst du ihn?«
Zunächst begriff sie nicht, was er meinte. »Wen?«
»Finn.«
Sie hätte fast losgelacht, riss sich aber zusammen und neckte: »Er ist nett. Ja, ich glaube, ich mag ihn.«
Noch bevor sie etwas hinzufügen konnte, fuhr Kilian auf dem Absatz herum und stürmte aus dem
Zimmer. Die Eingangstür knallte zu und Evelyn nutzte die Chance zu einem Fluchtversuch.
Sie zog sich hastig wieder an, doch als sie das Haus verlassen wollte, glänzten ihr von der Schwelle Akashs goldene Augen entgegen. Sein Fell am Nacken stellte sich auf, der Köper spannte sich an. Dieser verfluchte Köter! Evelyn blieb nichts anders übrig, als bloß das Geschehen auf dem Hof zu verfolgen. Kilian brüllte, dazwischen versuchte Finn etwas zu erwidern, als er jäh verstummte. Es klang so, als hätte Kilian ihn geschlagen. Für einige Sekunden herrschte Stille.
»Du bist
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