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Schattenseelen Roman

Schattenseelen Roman

Titel: Schattenseelen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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zerrte wie ein Rudel streunender Hunde.
    »Du rufst gar nicht um Hilfe? Warum denn so still, mein Kleines?« Linneas Stimme hallte und schien noch mehr an Volumen und Großmut zu gewinnen. Eine wahre Königin vor ihrem niedergestreckten Feind. Sie saß auf einem altarartigen Podest mitten im Raum, streichelte die Schlange, die sich um ihren Hals gelegt hatte, und wartete auf etwas. Bloß worauf?
    »Du glaubst also, ich wäre eine Nachzehrerin?« Mehr Kraft als zu einem Murmeln besaß Evelyn nicht. Sie hatte sich wie ein Fötus zusammengekrümmt und
zitterte. Die feuchte Luft der Gruft drang ihr bis in die Knochen. Ihre Lider fühlten sich wie aus Blei an. Sie gab den Widerstand auf und schloss die Augen.
    Wer bin ich? Die Frage pulsierte in ihr mit jedem ihrer Herzschläge. Sie hatte Adrián und seine Gattung verstoßen, in der Überzeugung, etwas Besseres zu sein. Auf keinen Fall wollte sie ihm gleichen. Besaß sie noch das Recht darauf, sich eine Nachzehrerin zu nennen? Und die Metamorphe? Ja, sie wäre gerne eine von ihnen. In Kilians Gesellschaft hatte sie sich wohlgefühlt. Sie hatte ihm vertraut. Und nun kauerte sie in einer winzigen Zelle und bangte um das, was mit ihr geschehen sollte.
    »Ich weiß sogar, dass du eine bist«, antwortete Linnea so leise, dass Evelyn glaubte, es wäre das Zischeln ihrer Schlange, das sie gehört hatte. Das Reptil züngelte, und die Königin schmiegte sich mit der Wange an den schuppigen Rumpf ihres Lieblings. »Du dagegen scheinst dich noch nicht entschieden zu haben. Mal bist du das eine, mal das andere.«
    Evelyns Herz setzte einen Schlag lang aus. Also doch. Sie wurde hier eingesperrt, damit sie verhungerte, vielleicht würde sie sogar gefoltert werden. Wie hoch war ihre Schmerzgrenze, wie stark der Wille zu existieren? Wie lange würde sie das alles aushalten können?
    Sie dachte an Kilian, und ein Hoffnungsschimmer glomm in ihr auf. Er mochte sie … Würde er es zulassen, dass sie hier verrottete? Wusste er um die Pläne
seiner Königin? Andererseits erinnerte sie sich zu gut an seinen Hass, als er von den Totenküssern sprach. Nein, er würde ihr nicht helfen.
    Sie seufzte und starrte benommen auf die Gitterstäbe. Womöglich hatte er sie mit Absicht hierhergelockt. War seine Zuneigung am Ende doch nur eine Farce gewesen?
    Evelyn rollte sich auf den Rücken. Die Beine ganz auszustrecken gelang ihr nicht - auf der Hälfte des Weges stemmten sich ihre Füße gegen die Käfigseite. Diese Enge machte sie wahnsinnig, aber sie bezwang die Panik und blendete aus, in welch kläglichen Umständen sie sich befand.
    »Ich bin also eine Nachzehrerin?« Sie schaute Linnea an. »Interessant. Womit bist du denn einer Hexe so auf die Füße getreten, dass sie dir diesen Fluch verpasst hat?«
    Linnea schnaubte. »Ich verbiete dir, so über die Mächtigen zu reden!«
    »Sonst - was? Kommt eine böse Hexe und holt mich? Nun ja, womöglich bist du gar nicht meine Mutter und hast mir die Story bloß erzählt, weil es dir einfach so passte.« Ihre Bitterkeit vermochte sie nicht zu verbergen. Was soll’s, dachte sie. Inzwischen hatte sie sich schon daran gewöhnt, angelogen werden.
    »Das passte mir tatsächlich, aber es ist die Wahrheit. Das meiste davon zumindest.«
    »Dann erzähl mir von der Hexe, die dir den Fluch auferlegt hat. Hast du sie gesehen?« Während Evelyn
noch redete, beschlich sie ein Verdacht. War womöglich Linnea der Metamorph, von dem Kilian berichtet hatte? Sie hatte schon immer etwas Dämonisches in der Frau gespürt. Endlich könnte sie mehr über die Mächtigen erfahren. Vielleicht würde es ihr gelingen, eine Lösung für ihren Zustand zu finden. In diesem Augenblick vergaß sie sogar, dass ganz andere Probleme vordringlich waren.
    »Schweig!« Linnea sprang von ihrem Podest und stürmte auf sie zu. »Ich verbiete es, über die Mächtigen zu reden. Das betrifft auch dich! Wer sich nicht daran hält, wird es bitterlich bereuen, glaube mir.«
    In ihrer Rage näherte sie sich den Gitterstäben. Evelyn müsste nur den Arm ausstrecken, um die Frau zu packen. Diese Chance wollte sie nicht verstreichen lassen. Noch stand die Königin da, mit glühenden Wangen und bebend, da hechtete Evelyn nach vorne. Ihre Finger ergriffen den Saum der weiten Hose. Fast hätte sie es geschafft, daran zu zerren und Linnea zum Sturz zu bringen, als die Schlange ihr entgegenschoss. Wäre sie nicht zurückgewichen, hätten sich die Giftzähne in ihren Arm gebohrt.
    Linnea eilte mehrere

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