Schattenseelen Roman
Gemeinschaft fliehen. Kilian sollte mir beibringen, wie ich mich der Königin widersetze oder mit meinem Metamorph-Erbe klarkomme. Ich kann nämlich die Verschmelzungen mit meinem Seelentier nicht steuern, und ganz auf mich allein gestellt, ist es ein direkter Weg in den Wahnsinn.« Er verstummte und zupfte sich ein paar Strähnen über das linke Ohr. Auch Adrián fragte nicht weiter, die Probleme dieses Kerls interessierten ihn nicht wirklich.
Nach einer gefühlten Stunde blieben sie vor einem Gitter stehen, das die Öffnung eines riesigen Abflussrohrs verschloss. Der Typ rüttelte mit allen Kräften daran, doch die Schrauben hielten es fest. Adrián legte Evelyn vorsichtig auf den Boden. »Soll ich helfen?«
»Ich schaff das schon«, prustete der Kerl vor Anstrengung.
Ein paar Minuten lang beobachtete Adrián die fruchtlosen Bemühungen. Dann packte er das Gitter, bündelte seine Energie und schickte einen - vermutlich den letzten - Kraftstoß, zu dem er noch fähig war, in seine Hand. Mit einem Ruck riss er das Teil von der Wand ab und ging fast selbst zu Boden, als die Schwäche in seine Beine fuhr.
»Ich weiß, du hattest es schon gelockert«, sagte er, ohne sich ein Grinsen verkneifen zu können.
Der Metamorph war wirklich nur ein Grünschnabel, der kaum Erfahrungen mit den Nachzehrern gemacht hatte. Fassungslos starrte er vor sich hin und fand nur langsam die Sprache wieder. »Ja. Okay. Etwa zehn Meter weiter ist die Kanalisation. Geh nach rechts, Richtung Stadtzentrum, dann kannst du durch einen Gullideckel an die Oberfläche gelangen. Hier, nimm die Taschenlampe mit.«
Adrián inspizierte die Öffnung. »Wie soll ich Evelyn durch dieses Rohr bringen?«
»Dass sie bewusstlos ist, gehörte nicht zum Plan. Leider kann ich dir wirklich nicht mehr weiterhelfen. Ich muss zurück, bevor die anderen meine Abwesenheit bemerken. Und die verfluchte Gürtelschnalle finden, sonst bin ich erledigt.«
»Warte.« Adrián richtete das Licht auf ihn und prägte sich seine Gesichtszüge ein. »Wie heißt du?«
»Finn. Warum?«
»Damit du, solltest du jemandem aus meinem Clan begegnen, nicht gleich zu Futter wirst. Für die Einzelgänger kann ich allerdings nicht bürgen. Also hüte dich vor ihnen. Und … danke für die Hilfe.«
»Ich kann nicht behaupten, dass ich es gern getan habe«, sagte er und ging ohne Gruß fort. Nach wenigen Schritten verschluckte die Finsternis seine schmale Gestalt.
Es kostete Adrián erhebliche Mühe, Evelyn durch das Rohr zu ziehen. Doch er schaffte es und gelangte in einen Tunnel. In der Mitte floss ein träger Strom dahin, der mit seinen Ausdünstungen die Luft vergiftete. Schon der erste Atemzug drohte Adrián die Schleimhäute zu verätzen. Der Lichtstrahl der Taschenlampe streifte die grünliche Oberfläche, auf der Dreck vorüberzog. Ein schmaler Stieg führte an dem Fluss entlang.
»Geh nach rechts«, ahmte er den jungen Metamorph nach und verdrehte die Augen.
Um Evelyn zu tragen, musste er die Taschenlampe zwischen die Zähne klemmen. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war und wie weit er es geschafft hatte. Alle Gänge ähnelten einander, und sein Kopf weigerte sich, überhaupt noch irgendwelche Informationen zu verarbeiten. Jeder Schritt fiel ihm schwer, als wate er durch einen knietiefen Sumpf. Er stapfte trotzdem weiter. Ging so lange, bis er nicht mehr konnte, bis seine Beine einknickten und er zusammen mit Evelyn zu Boden stürzte.
Mit der letzten Anstrengung öffnete er das Âjnâ. Auch wenn er wenig Hoffnung hatte, gehört zu werden.
Maria?
Die Gran Princesa war diejenige mit den sensibelsten Telepathie-Fähigkeiten. Wenn irgendwer ihn empfangen konnte, dann sie. Zugegeben, mit viel Glück. Mit sehr viel Glück.
Maria … ich brauche Hilfe …
Seine Sinne schwanden. Es kostete ihn Mühe, sich zu konzentrieren. Wenn er jetzt bewusstlos würde, so bedeutete es das Aus für ihn und Evelyn. Niemand würde sie beide hier finden.
Maria …
Sie hörte ihn nicht.
Dann empfing er etwas. Sehr schwach, er konnte die Worte kaum auseinanderhalten.
R…vas? Blimey, … sind es wirkl…!
Conrad? Anscheinend suchte das Oberhaupt nach ihm, bemühte sich, den Kontakt zu ihm herzustellen. Das bedeutete in der Tat sehr viel Glück.
Okay, Rivas. Blei… dran. Ich muss Sie orten.
Adrián kniff die Lider zusammen und schickte die Gedanken zu seinem Anführer. In der Kanalisation. Irgendwo in St. Pauli.
Verst…en. Streng … nicht an, aber …
Ja, er durfte seine
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