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Schattenseelen Roman

Schattenseelen Roman

Titel: Schattenseelen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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zwischen euch gerade vorgefallen ist: Er hat dich gerettet. Vergiss das bitte nicht.«
    Nein, keine Sorge, sie wurde häufig genug daran erinnert. Evelyn wartete, bis seine Schritte im Flur verklungen waren.
    »Wie verlasst ihr eure Gräber?«, fragte sie, um das Thema ›Adrián‹ zu umgehen.
    »Wir bringen unsere Familien um. Zumindest in den meisten Fällen.«
    »Was?« Evelyn sprang auf.
    »Ich weiß, wie sich das anhört. Es ist aber die Wahrheit,
ungeschminkt und hässlich. Wir sind zu schwach, um rauszukommen. Die einzige Möglichkeit, sich zu ernähren, ist, die Energie derjenigen aufzusaugen, die uns nahestanden. Die Verbindung zu ihnen bricht nach dem Tod nicht ab. Wir kämpfen dagegen an, aber der Hunger wird mächtiger.« Sie schwieg einen Augenblick. »Irgendwann sind wir dann stark genug, um zu Wiedergängern zu werden und unsere Gräber zu verlassen.«
    »Wiedergängern?«
    »Eine Art Geist. Wir kommen zurück auf die Erde.«
    Evelyn verdrehte die Augen. »Das ist absurd. Du denkst doch nicht, dass ich im Ernst glaube, ich wäre die Tochter irgendeiner Verfluchten und deshalb dazu verdammt, den Menschen die Lebensenergie auszusaugen?«
    »Du musst es.«
    »Und wer belegt euch mit diesem Fluch? Der Zauberer von Oz?«
    »Nicht ›euch‹, sondern ›uns‹. Du bist genauso wie wir, gewöhne dich an den Gedanken.«
    »Nein!« Sie ballte die Fäuste. »Das bin ich ganz sicher nicht!«
    Maria ignorierte ihren Ausbruch. »Hexen.« Ein Schatten legte sich auf ihr Gesicht. »Wir nennen sie ›Die Mächtigen‹. Und es ist das erste und das letzte Mal, dass du mich oder jemand anderen von ihnen reden hörst.«
    »Warum?«

    Die junge Frau antwortete nicht. Musste sie auch nicht, denn Evelyn hätte ihr sowieso nicht zugehört.
    »Nein, nein, und nochmal nein!« Sie schritt auf und ab. Ihre Füße hinterließen blutige Abdrücke auf den Fliesen - sie hatte sich die Sohle an einer der Scherben verletzt, ohne es zu merken.
    Maria erhob sich und hielt sie an den Schultern fest. »Beruhige dich.« Behutsam führte sie Evelyn zum Sofa. »Ich weiß, es ist zu viel für dich, aber mit der Zeit wirst du alles verstehen. Wichtig ist, dass wir zusammenhalten. Nur so können wir weiterexistieren.«
    Evelyn ließ sich auf die Couch fallen. Ihre Gedanken rasten. Sie wrang das Taschentuch in den Händen, als wäre es an allem schuld. Am liebsten hätte sie es zerrissen.
    Beruhigen, sie musste sich beruhigen, bevor sie gänzlich den Verstand verloren hatte. Die Initialen lenkten sie ab. Das ›M‹ bedeutete wohl ›Maria‹.
    »Wofür stehen ›N‹ und ›R‹?«, wollte sie wissen.
    »Vielleicht findest du es irgendwann heraus. Vielleicht sage ich es dir sogar.« Maria strich ihr über den Rücken. »Erst mal musst du dich ausruhen. Okay?« Sie nahm den Telefonhörer von der Basisstation und tippte eine Nummer ein. Eine Weile wartete sie, bis am anderen Ende abgenommen wurde. »Conrad? Wir haben einen Fall für ein Krisen-Kaffeekränzchen. Mhmh. Ja. Das erzähle ich dir, wenn du da bist.« Sie lauschte einen Moment. »Ja, genau. Bis dann.«

    »Wer ist Conrad?«, fragte Evelyn misstrauisch, als Maria aufgelegt hatte.
    »Er ist unser Anführer. Früher waren wir unorganisiert und auf uns allein gestellt. Das wurde uns zum Verhängnis. Gemeinsam können wir uns besser schützen. Conrad versucht, die Nachzehrer in einem Clan zu vereinen. Mit wechselndem Erfolg, denn es ist schwierig, die Einzelgänger zu überzeugen, sich uns anzuschließen.«
    »Vor wem müsst ihr euch schützen?«
    »Später. Damit sollten wir warten, bis Conrad da ist.«
    Evelyn schwirrte der Kopf. Weg. Sie musste weg von hier, sonst würde sie noch mit den beiden in einem Zimmer im Irrenhaus landen.
    »Ich würde mich gern duschen.« Sie bemühte sich, an das Plätschern des Wassers zu denken, wie der Schmutz von der Haut weggespült wurde. Bloß nicht das Vorhaben verraten, noch bevor es aufkeimen konnte.
    »Klar. Mach das.« Maria schöpfte keinen Verdacht, auch wenn Evelyn dem ersten Eindruck nicht traute. Diese Frau war wie ein Ozean - wer wusste schon, welche Ungeheuer auf dem Grund lauerten.
    Evelyn erhob sich und ging in den Korridor. Im Rücken spürte sie Marias Blick, der wie ein Tentakel nach ihr tastete. Evelyn zwang sich, an alles Mögliche zu denken, bloß nicht an die Flucht. Sie erinnerte sich, wie sie als Kind mit ihrer Mutter beim Laternenumzug
die Straße entlangspaziert war, dachte an die kalte Luft, die ihre Lunge füllte, an

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