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Schattenseelen Roman

Schattenseelen Roman

Titel: Schattenseelen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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kam an einer Reihe von Metalltüren vorbei, die sie für ihr Vorhaben hatte anfertigen lassen. Kilian verfluchte sein gutes Gehör, das ihm erlaubte, dahinter das Stöhnen, Schmatzen und Gurgeln der Leidenden wahrzunehmen.
    Sie sperrte eine der Türen auf. In der Zelle stand ein metallisches Bettgestell mit einer Matratze, aus der die Sprungfedern durch die unzähligen Risse hervorlugten. Darauf lag eine Leiche angeschnallt. Die verfaulte Haut überzog den Schädel und den Körper, hing in Fetzen herab. Kilian sah jeden Knochen, jede Vertiefung und Wölbung am Skelett: die leeren Augenhöhlen, den zu einem Schrei geöffneten Mund.
    Linnea machte die Gurte und Metallfesseln auf und zog die Leiche auf den Boden. Die Gebeine schlugen am Stein auf, der Schädel riss von der Wirbelsäule ab und kugelte zu Kilians Füßen. Die Finger wischte sie sich an der Hose ab.
    »Bringen wir es hinter uns«, sagte Linnea mit ihrer
hohen, emotionslosen Stimme, die alle Regungen von sich wies. Ihre blinden Augen schienen ihn für seine Zimperlichkeit zu verhöhnen, als spüre sie nur zu genau, was in ihm vor sich ging. Kilian wünschte, einen ähnlichen Schild zu besitzen, den keine Zweifel durchdringen konnten.
    Er legte das Mädchen auf das Bett. Die Kleine kam langsam zu Sinnen, merkte, was mit ihr geschah.
    »Nein, bitte …«, flüsterte sie.
    Kilian wandte den Blick von ihr ab. Warum musste sie wie ein Kind aussehen? Ihn so schuldlos anschauen? Schnall die Kreatur an , befahl er sich. Sie ist kein Kind, sie ist es ganz und gar nicht . Dieses Mädchen ist eine mordende Bestie, weiter nichts.
    Mit den Metallfesseln fixierte er die Füße der Kleinen. Bevor er auch ihre Hände befestigen konnte, griff sie nach seinem Arm. »Nein! Tu’s nicht!«
    Er befreite seinen Ärmel, schnallte die Handschellen um ihre Gelenke und zurrte die Riemen über ihrer Brust und den Beinen fest. Seine Finger zitterten, und er hasste sich für diesen Ausdruck der Schwäche.
    Als er die Zelle verließ, hörte er das Mädchen schluchzen: »Warum tut ihr das? Ich brauchte doch etwas zu essen!«
    Er musste die Zähne zusammenbeißen, um sich nicht umzudrehen, und rätselte, ob Linnea sein Hadern mitbekommen hatte.
    »Ich habe Angst im Dunkeln! Lass mich nicht hier! Bitte! Lass mich frei!«

    Das Krachen der Metalltür schnitt die Schreie ab. Linnea sperrte sorgfältig ab, rüttelte an der Klinke und drehte sich zu ihm um. Ihr Duft benebelte seine Sinne, als sie die Arme um ihn schlang. »Diese Kreaturen sind schon tot. Mit dem, was wir tun, retten wir Leben.«
    Er verharrte in ihrer Umarmung, als müsse er Kraft sammeln, um ein zustimmendes Nicken zustande zu bringen.
    Sie schob ihn von sich. »Du hast wieder allein gejagt. Warum hast du keinen zu Hilfe gerufen?«
    »Ich habe keine Hilfe gebraucht«, erwiderte er knapp.
    »Mir gefällt deine Einstellung nicht. Ich habe dir genug Zeit gegeben, über deine Verluste hinwegzukommen. Was mit Johannes passiert ist, tut mir leid. Und Sebastian …« Linnea verzog das Gesicht, als ihr der Name herausrutschte. »Der Abtrünnige hat es nicht anders verdient. Du solltest dir ein neues Team suchen. Oder ich werde mich darum kümmern.«
    »Ich komme auch allein gut zurecht.«
    Ihre Augen sprühten Zornesfunken. »Wir dulden keine Einzelgänger. Alle für das Wohl der Gemeinschaft und gemeinsam gegen das Böse. Hast du das etwa vergessen?«
    Er senkte den Kopf. Auf einmal hatte er nicht genug Kraft, ihrem Blick standzuhalten.
    »Was ist mit dir los?«, fragte sie nun etwas sanfter. »Du verheimlichst mir etwas, das spüre ich.«

    Er hörte ihr kaum zu. Das Flehen des Mädchens klang in seinen Ohren nach. Lass mich frei! - Die Worte klangen in seinen Ohren nach, wurden zu seinem eigenen Flehen.
    »Du bist der Beste, Kilian, und ich schätze deine Fähigkeiten sehr. Such dir ein neues Team. Noch heute.« Linnea tätschelte seine Wange. Sie lehnte sich an die Tür und fuhr sich durch das Haar. Die Geste entblößte die Narben an ihrer linken Seite, doch gleich verdeckten die Strähnen das Grauen wieder. »Hast du sie gefunden?«
    »Wen?«
    »Die Frau aus dem Krankenhaus, die der Totenküsser sich geschnappt hat.«
    »Evelyn?«
    »Du kennst den Namen dieser Kreatur?«
    Kreatur? Er spürte, wie seine Nackenhaare sich aufstellten, und bemühte sich, seine innere Unruhe nicht preiszugeben, die Antwort kraftvoll klingen zu lassen. »Evelyn ist keine Totenküsserin.«
    »Was denkst du, hinter wem ich im Krankenhaus her

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