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Schattenseelen Roman

Schattenseelen Roman

Titel: Schattenseelen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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einem beschädigten Reifen. Seine Glieder erschlafften, während das Mädchen immer mehr Kraft erlangte.
    Die Welt verdunkelte sich vor seinen Augen. Die Bilder, die ihm die Lüge von Frieden und Glück brachten, umhüllten seine Sinne. Er sah Sebastian, der sich lachend in einen Heuhaufen warf und an einem Halm zwirbelte. »Ach Kil, das Leben ist kein Ponyhof.« »Aber ein Saustall, Basti«, lautete wie stets Kilians Antwort darauf. Die Sonnenstrahlen ließen Lichtflecke auf dem Boden tanzen, Staubpartikel wirbelten in der Luft und kitzelten seine Nase.
    Kilian wusste, es würden die letzten Bilder sein, die er vor seinem Tod zu sehen bekam, wenn er die Gegenwehr aufgab. So schmerzlich es sich auch anfühlte, vertrieb er die Vorstellungen von glücklichen Tagen aus seinem Kopf.
    Er musste sich zusammenreißen, er musste kämpfen! Die telepathischen Kräfte der Totenküsser waren ihre Stärke, aber auch ihre Schwäche. Sie waren anfällig für Hypnose. Besonders jetzt, wenn sie sich beim Nähren öffneten, um die Energie in sich fließen zu lassen. Er konnte die Bestien zwingen, alles Mögliche zu sehen und schließlich einzuschlafen.
    Kilian bündelte seine Gedanken, konzentrierte sich auf das Mädchen. Er musste die Kreatur mit ihren eigenen Waffen schlagen. Wenn nicht, hatte er verloren.
Ihm wurde schwindelig, aber dennoch ließ er sich nicht ablenken.
    Es klappte! Ein leicht abwesender Ausdruck hüllte das Gesicht der Angreiferin ein. Die Augen wurden trüb, der Griff lockerte sich. Für die Kreatur hörte Kilian auf zu existieren; in den Bildern, die er ihr sandte, war er nicht da. Der Drang aufzuspringen und fortzulaufen überfiel ihn. Er bezwang den ersten Impuls und blieb liegen, ohne den Blickkontakt zu lösen.
    Mit einem leisen Stöhnen sackte sie zusammen. Kilian erhob sich. Seine Beine schlotterten und drohten jeden Moment einzuknicken. Er schnappte den Kragen des Mädchens und zerrte es tiefer in die Büsche, wo keiner es vom Weg aus entdecken konnte. Danach kehrte er zu der Schwangeren zurück. Schwer hob und senkte sich ihre Brust, die Lider hielt sie geschlossen. Aber sie lebte. Bald wird sie aufwachen und denken, sie wäre ohnmächtig geworden. An den Überfall wird sie keine Erinnerungen behalten.
    Früher hatte Kilian eine unbändige Freude erfüllt, wenn er jemanden retten konnte. Schließlich geschah das nicht allzu oft. Inzwischen waren seine Gefühle abgestumpft. Bloß eine weitere Aufgabe, die er erfüllt hatte. Es gab zu viele Kreaturen, zu viele Opfer. Wenn er eines rettete, dachte er unfreiwillig an Dutzend andere, die weniger Glück hatten. Jetzt galt es, den Transporter zu holen und die Beute seiner Königin zu bringen.

    Es dauerte eine halbe Stunde, bis er an dem Wagen angekommen war und die Rückverwandlung vollzogen hatte. Eine Weile brauchte er, um seinen menschlichen Körper in den Griff zu bekommen. Nach weiteren fünfzehn Minuten erreichte er die Stelle, an der er die Bestie versteckt hatte. Die Schwangere war bereits fort. Er verstaute das Mädchen im Auto, wo Akash sich von der Verschmelzung erholte. Das Kätzchen fauchte beim Anblick der Kreatur und verdrückte sich in eine Ecke - Tiere spürten den Tod und mieden ihn.
    Kilian fühlte sich zerschlagen. Halbblind steuerte er den Transporter durch das Netz der Straßen. Es kostete ihn Mühe, keine Schlangenlinien zu fahren.
    Der Weg kam ihm elend lange vor. Nicht weit von der Ecke entfernt, an der die Annen- und die Clemens-Schultz-Straße mündeten, parkte er das Auto. Einen Moment saß er reglos an seinem Platz, zu erschöpft, um sich zu bewegen. Am liebsten hätte er sich gar nicht von der Stelle gerührt. Doch zum Ausruhen blieb ihm keine Zeit. Wenn die Kreatur aufwachte und zu Kräften kam, würde sie sich ihm nicht kampflos ergeben. Und eine neue Auseinandersetzung glaubte Kilian nicht überstehen zu können.
    Als er die Seitentür des Transporters aufschob, fiel Licht auf das Mädchen. Ihre Lider flackerten, aber bei Sinnen war sie noch nicht.
    Akash richtete sich taumelnd auf, einem Zusammenbruch nahe. Kilian kraulte seinen Kopf. »Bleib hier, Kleiner. Du hast schon genug geleistet.«

    Der Hund legte sich wieder hin.
    Kilian hob die Bestie auf, schloss den Wagen ab und ging zu einem vierstöckigen Altbau. Das Mädchen hatte den Lockenkopf an seine Brust gebettet und sah aus, als schlafe es. Ein Ziegelstein hielt die Tür offen, und Kilian schritt zu einer Wohnung im Erdgeschoss. Er hatte nicht mal geklingelt, als auf der

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